Netphen. Das pralle Sommerleben im Freibad und im N-Flow: Ziemlich angesagt ist zum Beispiel „Jump & Splash“ – erst springen, dann baden. Die neuen Ideen.

Die Schokoladenseiten hat Michael Niederkorn schnell entdeckt. Oben, im Physio Aktiv, beim Cycling den Panoramablick ins Hallenbad. Und draußen, von der Dachterrasse, das pralle Sommerleben im Freibad. „Netphen muss stolz sein, so eine Anlage zu betreiben“, sagt Niederkorn. Muss. Nicht: Kann. Seit März leitet er die städtische Freizeitpark Obernautal GmbH (FON), seit ein paar Tagen ist der gebürtige Mainzer auch Netphener Bürger mit neuer Wohnung in Unglinghausen.

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N-flow Netphen muss noch zusammenwachsen

Michael Niederkorn kennt große Freizeitbäder: Beim Calypso in Saarbrücken hat er 2022 angefangen, Borkum und Thüringen waren weitere Stationen. In Netphen trifft er auf seine bestimmt weitläufigste Anlage: Sie beginnt beim neuen Bewegungspark, der noch im Juli offiziell eröffnet werden soll, geht weiter mit dem ehemaligen Eisstadion, das bald abgerissen werden soll. Dahinter steht die im November 2018 neu eröffnete Trampolinarena mit Fitnessstudio, Squash- und Soccerfeldern. Über den zentralen Parkplatz geht es weiter zu Hallen- und Freibad, Sauna und Physio Aktiv im Obergeschoss. Vor dem Haus eine neue Grünanlage mit Zugangsweg. Und, ganz neu, einem kleinen Biergarten.

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„Schade, dass die Bauteile so weit auseinanderliegen“, sagt Michael Niederkorn. Sie müssen zusammenwachsen, in jeder Hinsicht: das immer schon städtische Bad. Und der Bereich ums ehemalige, 2017 stillgelegte Eisstadion, der 2018 nach der Insolvenz der privaten Betreiber an die Stadt zurückgefallen ist. Große Pläne für die Zukunft gibt es, angefangen vom Camping über eine neue Indoor-Freizeithalle bis zur großflächigen Systemgastronomie zwischen Trampolinhalle und Bad auf dem jetzigen Parkplatz. Michael Niederkorn hat schon mal angefangen, mit „Jump & Splash“. Für elf Euro können Gäste sich in diesem Sommer dienstags bis donnerstags zuerst anderthalb Stunden in der Trampolinarena mit Ninja Parcours, Dodge Ball, B-Bounce & Co vergnügen und dann unbegrenzt im Freibad erfrischen und entspannen.

Eintrittspreise im Netphener Freizeitpark N-Flow werden wohl teurer

Die einen sagen immer noch Freizeitpark, die anderen verwenden die Namens-Neuschöpfung N-Flow – wohl auch eine Altersfrage. Der große Vorteil der Anlage ist, dass sie für alle etwas bietet. Trampoline für die Jungen, Schwimmen und Sauna für die Älteren, die klassische Mucki-Bude für die Fitten und das schonendere Physio Aktiv für die Älteren, verbunden mit Reha-Angeboten durch Physiotherapeuten. Das Spektrum ist in jeder Hinsicht riesig: von der Verweilatmosphäre im Physio, wo Obst gereicht wird und Zeitungen ausliegen, bis zur Freibadwiese, auf der es lebhafter zugehen kann. Nein, betont Michael Niederkorn, nicht die spektakulären Rauferein wie im Großstadtmilieu. „Ich bin froh, dass wir noch nicht die Polizei holen mussten.“ Aber über einen Sicherheitsdienst, zumindest für die besucherstärksten Zeiten, denkt er schon nach. Und über flächendeckendes WLAN, sozusagen das Pendant zum gedruckten Medium oben in der Lounge.

Im Verwaltungsbereich der FON – noch so eine Abkürzung, die aber nun wirklich niemand verwendet – wird gerade umgebaut. Eigentlich, sagt Michael Niederkorn, müsste aber das ganze Bad eine Baustelle sein. Es geht vor allem um technische Anlagen, „Dinge, die der Gast nicht sieht“, Ein Gutachten nennt Investitionsbedarf in Millionenhöhe. „In der Gesellschafterversammlung wird jetzt besprochen, wie man das finanzieren und umsetzen will.“ Denn Geld ist knapp: Der Betrag von einst 750.000 Euro im Jahr, mit dem die Stadt bei der Bezuschussung des Bades auskommen wollte, „ist nicht mehr zu halten.“ Und die Trampolinhalle wird auch nicht zu der erhofften Einnahmequelle, die Gewinn für die anderen Betriebsteile abwirft. 70.000 Besucher kamen 2019, im bisher einzigen von Corona ungestörten Betriebsjahr – das ist immerhin die Hälfte der Freizeitbad-Besucher. Ab wann sich die Trampoline rechnen? „Wenn an 365 Tagen jeweils 365 Leute kommen.“ Macht 133.325. Im Moment kostet der Regeleintritt ins Bad 5,30 Euro. „Die gestiegenen Kosten müsste man über eine Preiserhöhung weitergeben“, sagt Michael Niederkorn, „da wir man nicht drumrumkommen.“

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Ausbildungsplätze sind im N-Flow in Netphen noch zu haben

Erst Corona, dann die Energiekosten, jetzt das Personal: „Das ist das größte Problem“, sagt Michael Niederkorn. Ohne Fachkräfte kein Betrieb. Und Fachkräfte sind nicht nur im Bäderwesen knapp – auch Physiotherapeuten werden in Netphen benötigt, die Massagen auf Krankenschein verabreichen sollen, am besten so gut, dass aus den Patienten Kunden werden. Über eine Personalberatung hat Michael Niederkorn jetzt Verstärkung aus Tunesien gewinnen können. „Diesen Zeitaufwand gab es früher nicht.“ Eine dauerhafte Lösung werde erst Nachwuchs aus den eigenen Reihen liefern. „Ausbildung ist hier lange sträflich vernachlässigt worden.“ Zum 1. August wird eine Nachwuchskraft die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe beginnen, eine weitere Stelle ist noch zu haben. Erstmals wird der Betrieb auch Sport- und Fitnesskaufleute ausbilden: eine Kraft fängt zum 1. August an, auch hier ist noch eine Stelle frei. Die Jobs in der FON, die derzeit 65 festangestellte Mitarbeitende hat und bis zu 85 Aushilfen beschäftigt, seien attraktiv: „Wir können Leute langfristig an uns binden.“

Es sind die kleinen Schritte, die den N-Flow in Fluss bringen sollen: Die Öffnungszeiten wurden wieder auf täglich bis 22 Uhr erweitert, das Angebot an Schwimmkursen vergrößert – schließlich sind das die Schwimmbadgäste von morgen. „Die Rutsche ist nach wie vor ein Argument, zu uns zu kommen“, hat Michael Niederkorn gelernt. Im Sommer ins Freibad, im Winter ins Hallenbad, mit elektronischer Zeitmessung die ideale Plattform für Challenges aller Art. Event- und Marketingmanagerin Kimberley Hoffmann soll die Online-Kanäle bespielen und Attraktionen wie zum Beispiel Pool-Partys organisieren. „Da war das Bad zuletzt pickepackevoll.“

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Baumhaus oder Zeltplatz: Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten in Netphen

„Ziel muss es sein, die Leute länger in der Anlage zu halten“, sagt Michael Niederkorn. „Da erwarten wir uns viel von dem Bewegungspark.“ Und später dann auch von Übernachtungskapazitäten, ob im Wohnmobil, im Baumhaus, in Holzhütten oder auf einem Zeltplatz, „einfach und naturnah“, aber doch schon mit Wasser, Strom und WLAN. „Wir haben viele Anfragen von Schulen.“ Denn da, wo Menschen sich die Zeit auch jenseits von Schwimmbecken vertreiben können, lohnt sich auch Gastronomie. Platz für all das ist in den Plänen. die längst im Rathaus kursieren. An Ideen mangelt es nicht: Von der Dachterrasse deutet Michael Niederkorn auf den Radweg hinter dem Obernaubach, der Talsperre und Netphen und in der Fortsetzung Siegen verbindet. „Eine der meistgenutzte Routen.“ Da wäre das Freizeitbad ideal für eine Station des E-Bike-Verleihers Velocity. Der Kontakt wird aufgenommen, alles im Flow.

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