Hilchenbach. Die Florenburgschule ist in Not. Weil sie keinen Platz hat, muss sie womöglich 2024 Kinder abweisen. Das ist nicht das einzige Problem.

Die Florenburgschule kann sich nicht darauf verlassen, wenigstens zum nächsten Schuljahr in den neu errichteten Modulbau einziehen zu können. „Das ist Sache des Kreises“, antwortete Stadtrat Christoph Ermert im Bauausschuss auf eine Frage von Renate Becker (UWG). „Wir sind nicht Herr des Verfahrens“, sagte Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis, der offenkundig um Deeskalation bemüht ist. Er werde bei der Kreisverwaltung nachfragen, „ob man das nicht möglicherweise priorisieren kann“. Im übrigen sei er dankbar, dass der Kreis einen Weg aufgezeigt habe, zumindest die zwei Klassenräume im Erdgeschoss vorrangig nutzbar zu machen.

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Im Oktober sollte die Schule eigentlich in den zweigeschossigen Modulbau einziehen. Vorher allerdings hatte die Kreisverwaltung die Baustelle stillgelegt. Sie verlangt für die im Ausland hergestellten Bauteile das Prüfzeugnis der Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig (MFPA), dass – so die Kreisverwaltung – „die Bauteile ausreichend feuerhemmend sind und die vorgeschriebene Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen“. Mit dem gewünschten Gutachten sei „frühestens im Verlauf des Jahres 2024“ zu rechnen. Das von der Deumoba vorgelegte Brandschutzgutachten reichte der Bauaufsicht nicht aus; die Stadt Hilchenbach hat die Firma aus Ense als Generalunternehmer eingesetzt.

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Zwei neue Baugenehmigungen erforderlich

Diesen Ausweg hatte die Kreisverwaltung vorgeschlagen: Deumoba stellt einen neuen Bauantrag mit Brandschutzkonzeot nur für das Erdgeschoss – der, so Stadtrat Ermert, werde Ende dieser Woche eingereicht. Das Obergeschoss soll weitergebaut werden dürfen, sobald das geforderte Prüfzeugnis vorliegt. Vorher muss ein neuer Bauantrag für das gesamte Gebäude gestellt werden. Wann dann wenigstens die Erdgeschoss-Klassen genutzt werden können, fragte Renate Becker (UWG) nach. Stadtrat Ermert: „Das wird noch einige Wochen dauern.“

Derweil wird die Raumsituation an der Grundschule immer prekärer. Eigentlich sollten zum Schuljahresbeginn drei 1. Klassen in den Modulbau einziehen, der vierte Raum war für den offenen Ganztag gedacht. Nun werden zwei 1. Klassen in dem auf den unteren Schulhof umgesetzten Container unterrichtet, der nie für Klassenräume vorgesehen war. Im Hauptgebäude muss die Schule auf Nebenräume verzichten. Hinzu kommt, dass ein Klassenraum und ein Nebenraum wegen Pilzbefalls gesperrt sind. Die Ursache des Wasserschadens wird an der Heizung gesucht, wurde aber noch nicht gefunden. Die betroffene Klasse ist zunächst auf die Aula ausgewichen, inzwischen hat sie ein Ausweichquartier in der benachbarten Realschule gefunden, die den Westflügel des ehemaligen Jung-Stilling-Gymnasiums nicht nutzt. Renate Becker (UWG) schwant Übles: Die Schule könnte aus Platznot ihre Aufnahmekapazität beschränken müssen. „Es gibt sogar Gerüchte, dass Hilchenbacher Kinder nach Müsen geschickt werden sollen.“

Hol- und Bringzone
Hol- und Bringzone © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Ausstieg am Marktplatz oder im Gerberpark

Das Modulbau-Desaster stellt das andere große Schulberg-Thema in den Hintergrund: die Hol- und Bringzone, die auf dem Gelände des alten Friedhofs als Fahrspur mit Haltestreifen zwischen Jung-Stilling-Allee und Eberhard-Jung-Weg angelegt werden könnte. Sabine Schmidt, Mobilitätsmanagerin beim Kreis Siegen-Wittgenstein, ermunterte die Hilchenbacher: Durch Elterntaxis zugeparkte Einfahrten und blockierte Busdurchfahrten seien an der Tagesordnung. „Zum Teil regeln Schulleitungen den Verkehr. Uns erreichen viele Hilferufe von Schulen aus dem Kreis.“ Busfahrer, die nicht stecken bleiben wollen, fahren die Schulen gar nicht erst an, „und die Eltern fahren rein.“

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Die Hilchenbacher Kommunalpolitik ist mittlerweile allerdings durchweg der Auffassung, dass eine Hol- und Bringzone Eltern nicht davon abhalten wird, ihre Kinder bis zum Schuleingang zu fahren. „Dazu müssen wir erst die Infrastruktur schaffen“, sagte Martin Born (fraktionslos), „Eltern haben Sorgen, dass auf dem Schulweg was passiert.“ Frank Luschei (Grüne) mochte sich nicht auf den Bürgersteig aufgemalte Fußstapfen, Schülerlotsen und spaßig benannte Schulweg-Gemeinschaften („Laufbus“) verlassen. „Die Appelle helfen nichts.“ Mobilitätsmanagerin Sabine Schmidt bestätigte Sorgen, dass die bisher nur wenigen Hol- und Bringzonen allzuschnell blockiert sind: „Die Plätze werden tatsächlich zum langfristigen Warten genutzt.“ Martin Born: „So groß können wir die gar nicht bauen. Da stehen mittags bis zu 70 Autos.“ Martin Born regte an, die Eltern auf den Marktplatz oder einen anderen Sammelplatz zu verweisen. Die Kinder könnten dort aussteigen „und die paar Meter laufen.“ Der Gerberpark-Parkplatz wäre zum Beispiel geeignet für eine „Park-and-Go“-Zone, schlug Bürgermeister Kyrillos Kaioglidis vor.

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Jung-Stilling-Allee dicht machen

Stefan Jaeger (UWG) verwies auf das Beispiel der Gemeinde Olfen im Münsterland, die die Zufahrt zur Schule mit einer Schranke abriegelt. Auch für die Jung-Stilling-Allee sehe er „keine andere Chance“. Tomas Irle (CDU) forderte, „erst den Verkehr vom Berg wegzubekommen“ und dann die Hol- und Bringzone anzulegen, „Sonst wird der Effekt verpuffen.“ Die Jung-Stilling-Allee als „Anlieger-frei“-Straße auszuweisen, nutze gar nichts, sagte Fachdienstleiter Jörg-Heiner Stein. „Auch die Menschen, die zur Schule fahren, sind Anlieger.“ Der Bürgermeister bekam schließlich den Auftrag zu einer „verkehrsrechtlichen Prüfung“, ob und wie die Jung-Stilling-Allee für Elterntaxis dicht gemacht werden kann.

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