Netphen. Für einen neuen Eklat zwischen Bürgermeister und vier Ratsfraktionen in Netphen sorgt die Neuorganisation der Stadtverwaltung.

Das Verhältnis zwischen vier der fünf Ratsfraktionen und Bürgermeister Paul Wagener ist wieder auf einem Tiefpunkt. CDU, SPD, Grüne und FDP werfen der vom Bürgermeister geführten Verwaltung vor, „dass Recht und Gesetz (...) nur noch einseitig ausgelegt oder gebeugt werden“. Das „Vertrauen in die demokratischen Prozesse innerhalb der Verwaltung“ sei „untergraben“, das „Prinzip der Transparenz und Gleichbehandlung bei der Besetzung öffentlicher Ämter“ werde missachtet.

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Der Bürgermeister widerspricht der öffentlichen Erklärung der vier Fraktionen und informiert seinerseits die Kommunalaufsicht beim Kreis Siegen-Wittgenstein über die gegen ihn gerichteten Vorwürfe: „Es ist ein unglaublicher Vorgang, dass sich die Politik mit internen Personalangelegenheiten an die Presse wendet. (...) Mit Ihrer Pressemitteilung schaden Sie Netphen und begeben sich juristisch auf äußerst dünnes Eis.“

Der Anlass: Neuordnung in der Verwaltung

Irgendwann – der Zeitpunkt ist für diese Zeitung nicht herauszufinden – haben Bürgermeister und Beigeordneter, Baudezernent Andreas Fresen, die Neuordnung ihrer Dezernate verabredet; die Gelegenheit dazu bot das Ausscheiden von Kämmerer Hans-Georg Rosemann im September. Die Veränderungen im Baudezernat verliefen geräuschlos; im Kern wurden Stadtplanung und Bauordnung zusammengelegt und das technische Gebäudemanagement in einem neu benannten Fachbereich Hochbau gestärkt. Bürgermeister Paul Wagener dagegen traf mit seinen Vorstellungen auf Widerspruch bei der Personalvertretung. Ein neuer Fachbereich „Schulen, Familie und Freizeit“ wurde gebildet, nach dem Wechsel von Ordnungs-Fachbereichsleiter Michael Schneider zum Fachbereich Finanzen waren somit zwei Fachbereichsleitungen und zwei Stellvertretungen neu zu besetzen.

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Der Personalrat widersprach, am 13. Juli wurde beantragt, die Einigungsstelle anzurufen – ein mit gleich vielen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern besetztes Schlichtungsgremium, das von einem unparteiischen Vorsitzenden geleitet wird: Der Netpher Rat hat diese Funktion dem Siegener Rechtsanwalt Dr. Gustav Adolf Petri übertragen. Die Einigungsstelle tagte am 24. August, Vertreter des Personalrates nahmen nicht teil. Die Einigungsstelle bestätigte die Entscheidungen des Bürgermeisters. In der Ratssitzung am 7. September gab Paul Wagener die Neuorganisation bekannt.

Die Eskalation: Personalrat legt nieder, Ratsfraktionen reagieren

Die Mitglieder des Personalrats legten geschlossen ihre Ämter nieder. Daraufhin gingen CDU, SPD, Grüne und FDP mit ihrer Erklärung an die Öffentlichkeit. Darin wird kritisiert, dass die vier Leitungsstellen ohne Ausschreibung besetzt worden seien. In einer Anfrage will die CDU-Fraktion zudem wissen, warum der Rat nicht beteiligt wurde, der „zwingend“ hätte eingebunden werden müssen. „Eine zukunftsgerichtete Organisations- und Personalentwicklung ist eine Führungsaufgabe, die aber bedingungslos die Akzeptanz aller Mitarbeiter*innen erfahren muss. Ansonsten sehen wir die Gefahr weiterer Abwanderungen von guten und qualifizierten Fachkräften, die nicht sogleich zu ersetzen sind“, heißt es weiter in der Erklärung der vier Fraktionen, „die Transparenz und Rechtmäßigkeit in der Verwaltung muss wieder in den Vordergrund gestellt werden.“

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Bürgermeister wehrt sich: Durch den Dreck ziehen

Bürgermeister Paul Wagener verweist in der Antwort auf die CDU-Anfrage darauf, dass die Organisation der Verwaltung in seiner Hoheit liege. Bei den stellvertretenden Fachbereichsleitungen sehe die Hauptsatzung der Stadt keine Mitwirkung des Rates vor. Bei den Fachbereichsleitungen sei ein Einvernehmen mit dem Rat einzuholen – weshalb die Bediensteten (Anna-Lena Schmeck für den Fachbereich Schulen. Manuel Wüst für dem Fachbereich Ordnung) nur kommissarisch eingesetzt worden seien. Eine „Kronprinzenregelung“, wonach der bisherige Stellvertreter in die Leitungsfunktion aufrückt (was in Netphen nicht der Fall war und den Widerspruch der Personalvertretung auslöste), gebe es nicht. Der neue Fachbereich sei auf Bitten der beiden anderen Fachbereichsleiter gebildet worden und „auch aus gründen der Personalfürsorge dringend erforderlich“.

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Dass die ehemaligen Personalräte sich nicht äußerten, sei auf deren Pflicht zur Verschwiegenheit und nicht auf einen „Maulkorb“ zurückzuführen, antwortet der Bürgermeister den vier Fraktionen. „Sie erschüttern das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die tägliche Arbeit der Verwaltung, indem Sie sie öffentlich durch den Dreck ziehen. (...) Durch Ihr Verhalten schrecken Sie potenzielle zukünftige Bewerber ab… Wundern Sie sich nicht, wenn weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre berufliche Zukunft anderswo suchen und finden?“

„Auf einem guten Weg“, so Paul Wagener schließlich, sei die Vorbereitung einer Neuwahl des Personalrats. Die CDU-Fraktion beantragt, die Vorgänge in der nächsten Ratssitzung zu behandeln. Die findet am 6. Dezember statt, dem Nikolaustag.

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