Siegen-Wittgenstein. Kontrolleur für Straßen NRW in Siegen-Wittgenstein würde nicht nur „marktübliches“ Gehalt beziehen: Je mehr er sieht, desto mehr Handlungsbedarf.
Landrat Andreas Müller bleibt kühl: Die 19,5 zusätzlichen Stellen, die die Verwaltung in den Dezember-Sitzungen der Kreisgremien mit dem Stellenplan einbringen wird, seien keine Wünsche, sondern „zwingend notwendig zur Erledigung der uns übertragenen Aufgaben“. Fein säuberlich davon getrennt erscheinen in den Vorlagen zwei weitere, zusätzliche Stellen, die aus dem politischen Raum gewünscht werden. Mit denen, so betont der Landrat, übernehme der Kreis dann allerdings freiwillig neue Aufgaben. Im Finanzausschuss addiert Ullrich Georgi (Linke): Die 21,5 Stellen für die Kreisverwaltung seien „ein ziemlicher Hammer, das wird erheblichen Diskussionsbedarf geben“.
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Das 19,5-Stellen-Paket des Landrats sieht vor allem Verstärkungen für Jugend- und Gesundheitsamt sowie – wegen der Vielzahl der zu erwartenden Genehmigungsverfahren für Windräder – in Umweltamt, Amt für Natur und Landschaft und Amt für Immissionsschutz und Kreislaufwirtschaft vor. Regine Stephan (AfD) fragt, welche Personaleinsparungen erzielt würden, wenn die Digitalisierung mit zusätzlichem Personalaufwand vorangetrieben werde. „Die ergeben sich nicht“, erwidert der Landrat, „die Arbeit bleibt ja die gleiche.“ Zumindest, so lange Menschen auf Mails antworten und Online-Formulare bearbeiten, wie sie früher Briefe auf Papier beantwortet haben – bis ein Teil ihrer Tätigkeit irgendwann einmal von künstlicher Intelligenz übernommen wird.
19,5 neue Stellen in der Siegener Kreisverwaltung
Thomas Helmkampf (CDU) zeigte Verständnis für den geäußerten Stellenbedarf: „Das sind Dinge, die uns vorgegeben werden.“ Dennoch sei der Umfang von 21,5 Stellen nicht akzeptabel. „Das muss der Kreis intern irgendwie anders bewerkstelligen“ – möglicherweise „das Drumherum erst mal weglassen“. Zudem sei es fraglich, ob sich für diese Vielzahl von Stellen überhaupt geeignete Bewerber fänden. Die beiden im Vorjahr beschlossenen Stellen für Radwegeplaner seien jedenfalls nicht besetzt. Mit Berufsanfängern, die schnell überfordert seien, sei dem Kreis nicht geholfen. „Wir brauchen vernünftiges Fachpersonal.“
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„Es wäre mir nicht bekannt, dass wir nicht qualifiziertes Personal eingestellt hätten“, erwidert Landrat Andreas Müller spitz. Daniel Stettner (SPD) hält die Forderung von Thomas Helmkampf (CDU), „höchstens sechs bis acht Stellen“ neu einzurichten, für „unseriös“: „Sagen Sie, wo Sie kürzen wollen. Sie sorgen nur dafür, dass die Stimmung vergiftet wird.“ Karl-Ludwig Völkel (SPD) wendet sich gegen die Ablehnung von Berufseinsteigern. „Dann hätte keiner von uns jemals eine Chance gehabt.“
Noch eine mehr; Straßen NRW kontrollieren
Nicht nur die Genehmigungsverfahren für Windräder erfordern zusätzliches Personal. Auch das Ersatzgeld, das von den Betreibern für die Eingriffe in die Landschaft bezahlt werden muss, will ausgegeben werden – innerhalb von vier Jahren, danach hält die Bezirksregierung die Hand auf. Eine neue Kraft zur „Sicherstellung der zweckentsprechenden und gezielten Verwendung von Ersatzgeldern“ würde das abwenden. Mit drei Gegenstimmen von SWM, AfD und WB spricht sich der Finanzausschuss für die neue Stelle – das wäre dann Nummer 20,5 – aus; am Vortag hatte der Umweltausschuss einstimmig bei vielen Stimmenthaltungen ebenso votiert.
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Auch Stelle 21,5 würde der Kreis ohne gesetzliche Verpflichtung einrichten: für einen Straßenbauingenieur, der sich um die Kreisstraßen kümmert – letztendlich als Ansprechpartner und Kontrolleur für den Landesbetrieb Straßen NRW, dem der Kreis gegen Bezahlung die Planung, den Bau und die Unterhaltung der Kreisstraßen einschließlich Winterdienst übertragen hat. „Die erbrachten Leistungen sollte der Kreis prüfen“, hatte die Gemeindeprüfungsanstalt empfohlen. Das aber geht nur mit eigenem technischen Personal. Die Rechnung, die an den Landesbetrieb zu zahlen ist, wird deshalb nicht kleiner.
Noch eine mehr; Straßen NRW kontrollieren
Vielleicht werde der Kreis aber gelegentlich doch Geld sparen, erinnert Ausschussvorsitzender Bernd Ferger (CDU) an das Desaster beim Ausbau der K 8 zwischen Birlenbach und Trupbach vor nunmehr sechs Jahren. Die Kosten beim Ausbau, so die Vermutung des Kreises damals, seien deshalb explodiert, weil der Landesbetrieb den Untergrund nicht ausreichend untersucht habe. Den Nachweis musste der Kreis, mangels technischem Personal, schuldig bleiben.
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Ferger räumt aber auch ein, dass die gewünschte Kraft für die angebotene Entgeltgruppe wohl nicht zu gewinnen wäre: „Den Gefallen würde ich Ihnen nicht tun.“ Landrat Andreas Müller bestätigt das: Der Chef der Regionalniederlassung von Straßen NRW habe über die Konditionen des Kreises „gelacht“. Andreas Müller gibt am Ende noch zu bedenken, dass der gewünschte Fachmann sehr teuer werden könnte: Je mehr er sieht und je mehr Informationen er heranschafft, desto öfter wird der Kreis handeln müssen. Und das kostet fast immer. Empfohlen wird die neue Stelle bei zwei Gegenstimmen von SWM und Linken und Stimmenthaltung der AfD.