Siegen-Wittgenstein. Die Steuerparadiese liegen jenseits der Landesgrenze. In Siegen-Wittgenstein gibt es nur wenige Städte, die sich niedrige Steuern leisten können.

Nordrhein-Westfalen ist teuer: 96,5 Prozent der 396 Städte und Gemeinden nehmen mehr als 400 Prozent Gewerbesteuer – in ganz Deutschland aber nur 17,9 Prozent. Im Club sind auch alle Siegen-Wittgensteiner Kommunen.

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Niedrigste Gewerbesteuer in Kreuztal

Drei von acht Städten und Gemeinden im Kreisgebiet haben 2023 noch einmal an der Gewerbesteuerschraube gedreht. Wilnsdorf ist jetzt mit 500 Prozent für Unternehmen der teuerste Standort im Kreisgebiet. Erndtebrück hat von 475 auf 495 Prozent erhöht und ist nun Zweiter, und am unteren Ende hat die siebtplatzierte Gemeinde Neunkirchen von 435 auf 440 Prozent aufgesattelt. In der umgekehrten Rangfolge ist Kreuztal auf Rang 11 mit 420 Prozent am günstigsten für Unternehmen, gefolgt von Burbach (430), Freudenberg, Hilchenbach und Neunkirchen (alle 440), Netphen (475), Bad Berleburg, Bad Laasphe, Siegen und Erndtebrück (alle 495).

Gewerbesteuern kaum kalkulierbar

Gewerbesteuern sind für die Kommunen nicht kalkulierbar. Unternehmen bestimmten selbst ihre Vorauszahlung: Sie reduzieren, wenn sie einen schlechten Ertrag erwarten, aber sie müssen – oft erst viel später – nachzahlen, wenn die Bilanz doch besser als erwartet ausgefallen ist. In der Corona-Krise konnten die Kommunen die Verluste manchmal sogar mehr als gut ausgleichen: Das Land sprang mit Ersatzzahlungen ein, verbliebene Defizite wurden „isoliert“ und machen sich erst nach 2026 in den Haushalten bemerkbar. Die Konsequenz: Die gut betuchten Kommunen halten sich bei der Gewerbesteuer zurück, um ihre großen Steuerzahler nicht zu verprellen, und für die anderen ist mit dieser Steuer meist eh nicht viel zu gewinnen, zumal sie einen beträchtlichen Teil – zuletzt 35 Prozent – als „Gewerbesteuerumlage“ an Bund und Land zurückgeben müssen.

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Jenseits der Landesgrenze wird es billiger

Im Wettbewerb untereinander können die Städte und Gemeinden in Siegen-Wittgenstein mit der Gewerbesteuer nicht viel bewirken – die kleinen „Steuerparadiese“ liegen jenseits der Landesgrenze und sind dann, wie Haiger-Kalteiche, besonders gefährlich, wenn der niedrige Hebesatz mit einem attraktiven Angebot an Gewerbeflächen verbunden ist. Auf der Kalteiche (Hebesatz: 355 Prozent) finden sich dann auch Firmen wie Siemag Tecberg (früher Netphen) und Vetter (früher Siegen). Auch die anderen hessischen Nachbargemeinden lassen sich nicht lumpen: Biedenkopf (neben Bad Laasphe) nimmt 357 Prozent, Diezhölztal (neben Netphen) 365 Prozent. Herdorf-Daaden und Kirchen, die beiden Nachbarn auf rheinland-pfälzischer Seite, haben Gewerbesteuer-Hebesätze von 380 Prozent. Dass das so ist, wird in Nordrhein-Westfalen gern mit der Landespolitik erklärt: NRW gibt den Kommunen weniger von seinen Steuereinnahmen ab, als das andere Bundesländer tun.

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Grundsteuer ist für Städte eine sichere Bank

Die interessantere und verlässlichere Einnahmequelle für die Kommunen ist die Grundsteuer B, die für bebaute Grundstücke erhoben wird – diese Einnahme darf eine Stadt für sich behalten, und die ist auch nicht konjunkturabhängig. An der Grundsteuerschraube wird daher gedreht, wenn ein Defizit im Haushalt unbedingt ausgeglichen werden muss: Dieses Geld kommt bestimmt. So katapultierte Wilnsdorf sich mit 695 Prozent Grundsteuer B nach einer Erhöhung um 120 Prozentpunkte an die Spitze im Kreisgebiet. Bad Laasphe, Freudenberg und Neunkirchen folgen mit 650 Prozent, Hilchenbach mit 640, Siegen mit 585 Prozent.

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Niedrigste Grundsteuer in Burbach

Die finanzstärkeren Kommunen können sich die niedrigsten Hebesätze leisten: Kreuztal 540, Erndtebrück mit 520, Bad Berleburg 495 und Burbach 443 Prozent. Außer Wilnsdorf haben Erndtebrück, Kreuztal und Neunkirchen in diesem Jahr die Hebesätze angehoben. Auch bei der Grundsteuer liegen die Steuerparadiese jenseits der Landesgrenze: Haiger, Diezhölztal und Biedenkopf kommen mit 365 Prozent aus, Kirchen und Herdorf-Daaden mit 465 Prozent.

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