Siegen. Die frühere Realschule am Häusling wird Grundschule: Ohne fossile Energie, nach neuesten Lern-Konzepten, Unisex-Toiletten. Das hat seinen Preis

Die Stadt braucht dringend mehr Platz für ihre Schulen. Nicht nur weil die Schülerprognosen für Siegen steigen, sondern weil ab dem Schuljahr 2029/30 alle Grundschulkinder einen rechtlichen Anspruch auf eine ganztägige Betreuung haben. Um diesen gestiegenen Bedarf zu decken, wird die leerstehende ehemalige Realschule am Häusling, einst Standort der Wiesenbauschule, zur Grundschule umgebaut – nach neuesten pädagogischen und energetisch-nachhaltigen Standards, ohne fossile Energien. Das ist alles andere als billig.

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Das Vorhaben hat wie so viele größere Bauprojekte in Siegen eine gewisse Vorgeschichte was Zeit- und Kostenrahmen angeht. Im Jahr 2017 kam erstmals die Idee auf, die absehbar zu kleine Spandauer (und auch die Diesterwegschule auf dem Rosterberg, die nun am Standort ordentlich erweitert wird), in die ehemalige Realschule überzusiedeln. Ende 2018 wurden dann beschlossen, dass die Spandauer Schule tatsächlich 2021 in die frühere Realschule umzieht und das Gebäude für rund eine Million Euro hergerichtet wird. Aus heutiger Sicht lächerlich niedrig: Schon im Sommer 2020 explodierten Kosten und Zeitrahmen, „nicht vor 2023“ könne der Umzug erfolgen – und sollte das Sechsfache kosten, nämlich 6 Millionen Euro. Was seinerzeit als „nicht tragbar“ bezeichnet wurde: Heute können Politik und Verwaltung von so einer Summe nur träumen.

Kostenexplosion aufs Sechsfache reicht nicht – Siegen muss nochmal verdoppeln

Das Doppelte wird gezahlt werden müssen, damit aus der ehemaligen Realschule eine dreizügige Ganztagsgrundschule werden kann: 12,1 Millionen Euro, kalkuliert inklusive 20 Prozent Baupreissteigerung. Fertigstellung auch nicht zum Schuljahr 2023/24, sondern zwei Jahre später. Nach politischem Gezerre, neu planen und kalkulieren gab es nämlich auch hier die inzwischen geradezu schon üblichen Verzögerungen, weil sich keine Auftragnehmer fanden und Vergaben neu ausgeschrieben werden mussten. Das dauert traditionell überaus lange – nun liegen die Pläne aber vor.

Fünf Gebäudeteile gehören zur ehemaligen Realschule am Häusling – zur Grundschule umgebaut werden die Trakte A, B und C.
Fünf Gebäudeteile gehören zur ehemaligen Realschule am Häusling – zur Grundschule umgebaut werden die Trakte A, B und C. © Stadt Siegen

Und die sehen eben vor, dass das Gebäude-Konglomerat aus verschiedenen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zu einem Grundschul-Campus ertüchtigt werden, der den neuesten Anforderungen entspricht. Die fünf Trakte des Ensembles wurden in den 1910er-, 50er- und 70er Jahren errichtet. Sie sollen optimal ausgenutzt, verdichtet, erweitert, aufgestockt und verbunden werden, dass nur drei dieser Gebäude für die Grundschule genutzt werden müssen. Zwei „Pavillons“ auf dem Gelände mit insgesamt etwa 1200 Quadratmetern Bruttogeschossfläche stehen für andere Zwecke zur Verfügung – der Fritz-Busch-Musikschule unter anderem, die derzeit einen Teil der Räume nutzt.

Denkmalgeschützter Altbau der früheren Realschule am Häusling eine Herausforderung

Vor allem der Altbau (Gebäude) A ist eine Herausforderung, weil er unter Denkmalschutz steht. Das Dachgeschoss, wo eine Schülerbibliothek einziehen soll, ist zum Beispiel nicht barrierefrei und wird es auch nicht werden, sagt Eva Schmiedel im Bauausschuss. „Inklusion kostet“, so die Architektin der Stadt Siegen, auch mit Blick auf die Brücken zwischen den Gebäuden, die wie eine Spirale über den Grundschulcampus gelegt wird, um alle Geschosse in allen Gebäuden barrierefrei erreichbar zu machen. Aber auch Fenstertausch, Schadstoffsanierung und Leitungserneuerung sind nicht zu unterschätzende Kostenpunkte. So habe es viele zerstörte Leitungen im Bestand gegeben, berichtet Sebastian Abel vom Ingenieurbüro Dr. Henne.

Das Gebäude an der Hans-Kruse-Straße in Siegen ist der Spandauer Schule zu klein geworden.
Das Gebäude an der Hans-Kruse-Straße in Siegen ist der Spandauer Schule zu klein geworden. © Hendrik Schulz

Die Verwaltung zieht in den Altbau A ein, Gebäude B beherbergt Klassenräume und bekommt einen Mensa-Neubau aus Holz, der bei Bedarf aufgestockt werden kann. In Trakt C, das ebenfalls aufgestockt wird, zieht der Ganztag ein. Gebaut werde nach pädagogischen Raumkonzepten, erklärt Architektin Schmiedel, dafür sei die Substanz gut: Für Lernflure etwa, geöffneten Klassen, für Lernen und Lehren „jenseits von Frontalunterricht“. Die WC-Anlagen werden saniert und teils neu gebaut und geschlechtsneutral als Gemeinschaftstoiletten konzipiert, da gebe es gute Erfahrungen aus aktuellen Beispielen, heißt es von der Verwaltung.

„Einer der teuersten Schulumzüge in der Geschichte Siegens“

Die Gebäudetechnik wird auf den neuesten Stand gebracht, informiert Sebastian Abel: Holzpellet-Heizung und Luft-Wärme Pumpe bringen Temperatur in die Bauten und können sich bei Ausfall ein Stück weit gegenseitig kompensieren. Alle Heizkörper werden ausgetauscht, die Gebäude gedämmt, eine tageslichtabhängige Lichtsteuerung installiert, „das spart eine Menge Energie und CO2 in so einem großen Gebäude“, erklärt Abel. Aufs Dach von Gebäude C kommt eine Photovoltaik-Anlage, andere Dachflächen werden begrünt. „Das ist einer der teuersten Schulumzüge in der Geschichte Siegens“, sagt Ansgar Cziba (Grüne). Dann müsse er auch wenigstens nachhaltig sein.

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Wenn im Juni der Bauantrag gestellt wird, könnten der Auftrag 2024 vergeben werden und die Arbeiten im folgenden Sommer starten. Bei laut Eva Schmiedel „18 Monaten Minimum“ wären die Gebäude bis 2026 fertig.