Hilchenbach. Bei der Digitalisierung der Verwaltung setzt die Stadt Hilchenbach auch auf künstliche Intelligenz. Im Alltag hilft das noch nicht weiter.

Oliver Schneider erzählt, wie er einmal die Sperrmüllabfuhr online bestellen wollte. „Alte Kamellen“ seit 2011 habe ihm die städtische Homepage aufgelistet, „grauenvoll“, klagt der CDU-Stadtverordnete im Infrastrukturausschuss und sieht die auf 10 Minuten und zwei Sekunden gewachsene durchschnittliche Aufenthaltsdauer von Besuchern der Seite denn auch in anderem Licht: „Die ist deshalb so hoch, weil man nichts findet.“

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Stadt-Homepage ist ein Sanierungsfall

Dabei habe die Stadt digital sogar einiges zu bieten: zum Beispiel den individualisierten Müllabfuhrkalender aufs Handy, der auf Wunsch am Vortag daran erinnert, die Tonne rauszustellen. Ausschussvorsitzender Michael Stötzel (SPD) vermag die Kritik nicht nachzuvollziehen: „Ich habe das in 30 Sekunden hingekriegt.“ Über den Menüpunkt „Stadtentwicklung/Wirtschaft“. Die Antwort auf Oliver Schneiders Nachfrage, wer denn so nach einer Sperrmüllabfuhr-Funktion suche, muss er allerdings schuldig bleiben.

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Referatsleiter Hans-Jürgen Klein gibt zu, dass der sieben Jahre alte Online-Auftritt der Stadt erneuerungsbedürftig ist. „Wir würden gern umsatteln“, sagt Sachbearbeiterin Annette Branß, „das ist nicht mehr modern, was wir haben.“ Besonders augenfällig wird der Unterschied werden, wenn in den nächsten Tagen tourismus-hilchenbach.de mit einem selbstständigen Auftritt ins Netz geht, und wenn Gebrüder-Busch-Kreis und Feuerwehr folgen. Die Renovierung des Gesamtauftritts, sagt Hans-Jürgen Klein, ist aber eine Personal- und Geldfrage. „Wir würden gern, man müsste uns nur lassen.“

Anlass für die Debatte war die jährliche Präsentation der Statistiken: 319.917 Besucher sind 2022 auf die Homepage hilchenbach.de gekommen, gut ein Viertel mehr als im Vorjahr. Die meisten besuchen die Seiten mit den aktuellen Nachrichten, gefolgt von „Bürgerservice-Rathaus-Politik“, Bauen und Wohnen und „Menschen“, worunter die Seiten unter anderem des Kinder-Jugend- und Familienbüros, der Senioren-Service-Stelle, des Ehrenamtsservice und der Flüchtlingshilfe zusammengefasst sind. Allein das Ratsinformationssystem wurde über 300.000 Mal aufgerufen, mehr als 5600 Mal ließen sich Nutzer vom „Readspeaker“ Inhalte vorlesen. Auf Facebook hat die Stadt 2496, auf Instagram 1427 Follower.

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Selbstbedienung im Bürgerbüro

„Weiterhin Schneckentempo“ sieht Hans-Jürgen Klein bei der Digitalisierung der Verwaltung – was nicht am Rathaus selbst liegt. „Es gibt jeden Tag Software- und Hardware-Probleme“, berichtet der Leiter des Bürgermeister-Referats. Hinzu kommt der erzwungene Bruch, der den digitalen Vorgang am Ende doch wieder an den Drucker bringt: „Wir brauchen in vielen Bereichen noch persönliche Unterschriften.“ Nicht zu erwähnen vergisst Klein, dass Nachbargemeinden für die Digitalisierung ganze oder zumindest halbe Personalstellen vorhalten. In Hilchenbach müsse diese Aufgabe „nebenbei“ bewältigt werden.

Digitalisiert wurde das Rechnungswesen, im Aufbau ist ein Dokumentenmanagementsystem. „Wir sind auf dem Weg zum papierlosen Büro“, berichtet Alexandra Lang als zuständige Sachbearbeiterin. Das Rathaus wolle – so das selbst formulierte Leitbild – „moderne und serviceorientierte Stadtverwaltung“ sein. Dazu gehören werden eine mit künstlicher Intelligenz gesteuerte Videokonferenzanlage, ein digitaler Wegweiser durchs Rathaus und Infomonitore im Foyer, die Rathausbesucher auf der Suche nach Informationen selbst bedienen können. Mit einem Self-Service-Terminal soll das Bürgerbüro ausgestattet werden. Dort können Personalausweise und Pässe beantragt, Passbilder und Fingerabdrücke hinterlegt werden.

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Dass das „auf Dauer arbeitsplatzvernichtend“ sei, wendet Peter Kraus (UWG) ein. Referatsleiter Hans-Jürgen Klein sieht das nicht so: „Wir nehmen ein wenig Druck von den Mitarbeitern.“ Bei der Stadt Bad Berleburg sei bereits ein Roboter im Einsatz. „Junge Menschen sind darüber durchaus froh und bereit, Dinge selbst zu erledigen.“

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