Siegerland. Die Energiepreise zwingen Einzelhändler in Siegen und Umgebung zu Sparmaßnahmen. Einige kürzen die Öffnungszeiten, um Drastischeres zu vermeiden.
Die Pandemie hat den lokalen Einzelhandel in den vergangenen Jahren schwer gebeutelt und die Probleme reißen nicht ab. Seit dem Ukraine-Krieg machen die gestiegenen Energiekosten den Inhaberinnen und Inhabern zusätzlich zu schaffen. Einige Einzelhändlerinnen und Einzelhändler in der Region haben nun ihre Öffnungszeiten reduziert, um Energiekosten einzusparen.
Einzelhandel Hilchenbach: Bücher buy Eva will mit Ruhetag Energiekosten sparen
Nach dem Weihnachtsgeschäft bleibt die Buchhandlung „Bücher buy Eva“ in Hilchenbach seit Januar montags geschlossen. Dank des Ruhetags lasse sich an einem Tag Energie einsparen, an dem sowieso weniger Kundschaft den Laden besuche. „Januar und Februar sind generell eher ruhigere Monate“, weiß Inhaberin Eva-Maria Graß aus den Vorjahren. Der Montag habe sich als Ruhetag angeboten, da die Buchhandlung samstags bereits am Mittag schließt: „Für diese zweieinhalb Tage lohnt es sich dann auch wirklich, die Heizung ein wenig runterzudrehen“, erzählt Eva-Maria Graß. Außerdem sei die Ersparnis bei einem ganzen Tag höher: „Mir nützt es nichts, morgens eine Stunde später zu öffnen oder abends früher zu schließen – da spare ich nichts bei“, sagt die Inhaberin.
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„Wir erleben auch, dass sich das Geschäft durch den Ruhetag sehr gut auf die anderen Tage verteilt.“ Dadurch käme es zu weniger Leerlauf und die Mitarbeitenden seien gut beschäftigt. Die Kunden nehmen die veränderten Öffnungszeiten sehr gut an. „Die Besucher zeigen großes Verständnis für die Entscheidung und unsere aktuelle Lage.“ Für die Buchhandlung in Hilchenbach ist es nicht einfach, dem aktuellen Kostendruck standzuhalten. Beim Verkauf von Büchern gibt es eine Preisbindung, an die sich die Händlerinnen und Händler halten müssen. Eva-Maria Graß merkt zwar, dass auch Bücher langsam teurer werden, dennoch: „Ich habe aktuell keinen Spielraum bei den Preisen und kann nicht einfach mehr Geld für die Bücher nehmen, weil meine Ausgaben für Energie höher sind.“
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Die Energiekosten belasten die Eigentümerin sehr, daher schaue sie momentan ganz genau, wo sie noch sparen kann. „Die einzige Alternative zu dem Ruhetag wäre die Entlassung von zwei Mitarbeiterinnen gewesen“, berichtet Eva-Maria Graß. Denn effizient Energie einzusparen, sei in einer Buchhaltung schwierig. „Das Licht und die Computer müssen an sein. Auch die Räume müssen weiter geheizt werden. Der Laden darf nicht auskühlen“, so die Inhaberin.
Energiekrise: Hilchenbacher Obst- und Gemüsezentrale schließt abends früher
Auch die Anlaufstelle für frisches Obst und Gemüse in Hilchenbach hat ihre Öffnungszeiten zum Jahreswechsel aufgrund der hohen Energiekosten angepasst. „Wir haben Montagnachmittag nun geschlossen und wir schenken uns abends die letzte halbe Stunde“, erklärt Benjamin Fliegner, Inhaber der „Obst- und Gemüsezentrale Schneider“. „Wir schließen jetzt immer schon um 17.30 anstatt um 18 Uhr.“ Für die wenigen Kunden, die montagnachmittags zum Einkaufen vorbeikommen, lohne es sich nicht, Ware und Verkäufer bereitzustellen. Es habe auch Überlegungen geben, montags den Laden komplett zu schließen. „Montagvormittag beliefern wir aber einige Kindergärten und für die Planung ist dann sowieso Personal vor Ort. Daher haben wir uns dafür entschieden, montags bis 12.30 Uhr weiterhin ganz normal geöffnet zu haben“, berichtet Benjamin Fliegner. Saisonbedingt will der Laden an den neuen Öffnungszeiten vorerst bis Ende März festhalten.
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„Wir wollen erstmal abwarten, wie sich die Situation weiterentwickelt“, so der Eigentümer. Das Geschäft befindet sich in einer angespannten Lage: „Mit den hohen Energiekosten und den Personalkosten kommt eins zum anderen. Gerade die ersten Monate im neuen Jahr sind immer sehr kostspielig. Dieses Geld fehlt uns, wie auch den Kundinnen und Kunden, dann an anderer Stelle“, sagt Benjamin Fliegner. Die neuen Öffnungszeiten haben sich in der Kundschaft relativ schnell etabliert. „Die Leute zeigen sich sehr verständnisvoll“, freut sich der Inhaber.
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Der Eigentümer habe sich gemeinsam mit seinem Team lange Gedanken darüber gemacht und die Entscheidung sei ihm nicht leicht gefallen. „Auf lange Sicht gesehen, können wir sagen, das war genau die richtige Entscheidung und ein wichtiger Schritt“, betont Benjamin Fliegner. Aufgrund des überwiegend positiven Feedbacks überlegt Benjamin Fliegner, die Öffnungszeiten in den ersten drei Monaten der dunklen Jahreszeit auch im kommenden Jahr beizubehalten.
Einzelhandel Siegen: Möbelhaus Bald behält Öffnungszeiten unverändert bei
Das „Möbelhaus Bald“ in Siegen habe zwar in Erwägung gezogen, die Öffnungszeiten aufgrund der hohen Energiekosten zu reduzieren. Allerdings entschied sich das Unternehmen dagegen: „An unseren Öffnungszeiten hat sich nichts verändert“, erzählt Christian Bald, Inhaber des Möbelhauses. Aktuell sei der Kostendruck noch nicht so hoch. Es bleibe aber abzuwarten, wie sich die Energiekosten weiter entwickeln, so Christian Bald.
Freudenberg „Fashion NOW!“ will Kunden nicht vor verschlossenen Türen stehen lassen
Auch bei den Öffnungszeiten des Modegeschäfts „Fashion NOW!“ in Freudenberg hat sich nichts verändert. Es habe Überlegungen gegeben, zum Jahresbeginn die Öffnungszeiten zu reduzieren, aber Eigentümerin Carmen Kikillus hat sich schlussendlich dagegen entschieden. „Einen halben oder ganzen Tag zu schließen, kann ich mir nicht vorstellen“, sagt die Inhaberin. „Ich weiß auch nicht, ob das am richtigen Ende gespart ist.“ Sie ist nicht davon überzeugt, dass das Verkürzen der Öffnungszeiten einen großen Unterschied bei der Einsparung von Energie machen kann.
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Januar und Februar seien auch im Modegeschäft eher verhaltene Monate. Das Kaufverhalten der Kundinnen und Kunden sei nur schwer vorhersehbar gewesen: „Durch die hohen Energiekosten und die Inflation wussten wir alle nicht, was auf uns zukommt“, sagt die Eigentümerin. Trotzdem möchte Carmen Kikillus die Öffnungszeiten für ihre Kundinnen und Kunden so beibehalten, wie diese es gewohnt sind: „Ich wollte den Leuten auch nicht vor den Kopf stoßen. Wenn sie sich schon in den ortsansässigen Einzelhandel aufmachen und eben nicht online bestellen, sollen sie bei uns auch nicht vor verschlossener Tür stehen.“
Einzelhandel Siegen: Siegerland-Center Weidenau bleibt bei bekannten Öffnungszeiten
Die Kernöffnungszeiten des „Siegerland-Centers“ (SIC) in Weidenau haben sich nicht verändert. „Wir sind weiterhin zu den gewohnten Zeiten für unsere Kundinnen und Kunden da. Einen Ruhetag oder ähnliche Dinge wird es bei uns nicht geben“, so Erik van den Bril vom Centermanagement. Insgesamt sind 14 Läden im SIC vertreten, darunter überwiegend Filialisten wie „dm“, „MediaMarkt“ oder „Rewe“. „Bei solchen Geschäften gibt es in der Regel feste Öffnungszeiten und keine Ruhetage“, erklärt Erik van den Bril. Auch in der Passage sei ihm kein Geschäft bekannt, das neue Öffnungszeiten eingeführt habe. Der Januar sei zwar schon immer ein eher schwacher Monat, aber seit dem Anstieg der Energiekosten habe die Kaufzurückhaltung noch einmal spürbar zugenommen: „Die Leute achten sehr darauf, was und wie viel sie kaufen.“
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