Beienbach. Aus den Hanfnüssen ist delikates Öl geworden. Sebastian Schmeck ist mit dem Ergebnis der ersten Ernte in Netphen-Beienbach sehr zufrieden.

Es war in den 1930er Jahren, als Henry Ford sein Soybean Car vorstellte: Die Karosserie, gewonnen aus Kunststoff, war verstärkt mit Hanffaser , und auch der Motor wurde mit Hanföl betrieben. Geschichten wie diese machten den Beienbacher Sebastian Schmeck bereits in jungen Jahren, wie er es selbst beschreibt „cannaffin“.

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Beruflicher Umstieg beginnt in Beienbach

An der Leidenschaft änderte sich auch während seiner beruflichen Zeit in der Bauindustrie nichts. Da er sich immer „ein Stück weit verstellen“ musste, fasste Schmeck den Entschluss und ging in die Hanfbranche. „Weil ich gesagt habe, ich packe mir genau das Thema, wo ich auch ein sehr starkes Interesse habe und das mich seit Jahrzehnten inhaltlich prägt, wo ich sage: damit setze ich mich stärker auseinander und will da auch diesen Benefit entsprechend weitergeben.“ In Beienbach, auf dem Hof von Henner Braach, sei er nicht nur in einer sehr guten Gegend gelandet, sondern auch „mit offenen Armen empfangen“ worden.

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Mitte August: Zeit für die erste Ernte. Ein Unterfangen, dass von den Wetterbedingungen erschwert wurde. „Wir haben das teilweise über zwei Wochen gestreckt. Wenn es geregnet hat, muss man zwei Tage warten, bis die Sonne scheint, um überhaupt ernten zu können.“ Da sich mehrere Tage am Stück nichts am Wetter änderte, konnten letztlich nur rund 35 bis 40 Prozent geerntet werden. Allerdings hatte Sebastian Schmeck Glück. Die Saat erwies sich als äußerst ergiebig. Aus vier Kilogramm Nüssen wurde ein Kilogramm Öl. „Das ist normalerweise ein Verhältnis zwischen fünf und sechs Kilo. Daraus kann man einen Liter Öl machen. Von daher sind wir happy, dass wir das so weit hinbekommen haben.“

Ölmühle in Olsberg:
Ölmühle in Olsberg: © Privat | Privat

Kaltpressung in Olsberg

Gepresst wird das Öl in der Hausbergmühle in Olsberg, die den aktuellen Jahrgang als delikat und gut befand, klassisch per Kaltpressung. „Oben ist ein Trichter, da kommen die ganzen Nüsse rein, die haben einen gewissen Ölgehalt und die werden unten durch den Zylinder und den Kolben andauernd durchgepresst. Da entsteht die sogenannte Entsaftung. Durch den mechanischen Druck wird das Öl rausgepresst, unten abgelassen. An der Seite kommt durch den Zylinder der sogenannte Presskuchen raus. Das sind dann die trockenen Hanfsamenschalen. Aber dann nicht mehr als Ganzes, sondern als Stange.“

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Lichtgeschützt lagern

Diesen Presskuchen lässt Schmeck zerkleinern und zu Mehl beziehungsweise Hanfproteinen verarbeiten. Währenddessen lagert er das fertige Öl zu Hause in seinem Keller. Die Temperatur von sechs bis acht Grad ist Schmeck dabei genauso wichtig wie die Tatsache, dass das Öl lichtgeschützt ist: „Das ist eigentlich so das Problem, das im Supermarkt entsteht. Ein Öl kann am Anfang so gut sein, wie es will. Durch den ständigen Lichteinfall, auch künstliches Licht, entstehen sogenannte Transfette und das heißt, das wird bitter, die Werte verfallen, die biologische Diversität, die Werte gehen alle runter, weil dann schon durch diesen Lichteinfall Sachen zerbrochen und kaputtgemacht werden.“ Der bittere Geschmack falle vor allem bei Kaltspeisenölen noch mehr auf, als bei solchen, die man zum Braten verwendet.

Aus Hanf wird Öl.
Aus Hanf wird Öl. © Sebastian Schmeck | Sebastian Schmeck

Bis zu 99 Prozent der Hanfpflanze können verwertet werden. Neben dem Presskuchen bleibt auch das Grünzeug, das Schmeck an die Kühe verfüttert oder in den Boden verarbeitet. „Das hätten wir, wenn wir nicht lebensmittelorientiert, sondern eher medizinisch orientiert geerntet hätten, theoretisch zur Extraktion weitergeben können. Aber da muss man sagen, das lohnt sich einfach nicht und das ist aus meiner Sicht nicht nachhaltig.“

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Bauunternehmen fragen auch schon an

Für die Faserverarbeitung sei schlicht zu wenig Material vorhanden. „Da müsste man schon in den Tonnenbereich reingehen – in den sehr hohen Tonnenbereich.“ In der Nähe von Prignitz, in Brandenburg werde demnächst die Textilverarbeitung angestrebt. Zudem gibt es die Hanffaser Uckermark in Prenzlau, die sich auf Hanfdämmung für die Bauindustrie spezialisiert habe. Sebastian Schmeck selbst hat durch seine Vergangenheit auch bereits Anfragen von regionalen Bauunternehmen und Fertigteilwerken bekommen, wie man sich mit Hanf grüner aufstellen könne.

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Teilweise über zwei Meter hoch gewachsen sind die Hanfpflanzen auf dem 2.500 Quadratmeter großen Feld in Beienbach.
Teilweise über zwei Meter hoch gewachsen sind die Hanfpflanzen auf dem 2.500 Quadratmeter großen Feld in Beienbach. © Jürgen Schade | Jürgen Schade