Weidenau. Stoppschild? Linksabbiegen verboten? Seit Jahren gibt es Gezerre um die Ecke Bahnhof Weidenau/Breite Straße. Jetzt kommt Bewegung in die Sache.
Seit Ende 2019 ist das Linksabbiegen von der Straße „Bahnhof Weidenau“ auf die Breite Straße verboten. Und seither wird das Verbot mit schöner Regelmäßigkeit von einer erheblichen Anzahl Autofahrer ignoriert. Schwere Unfälle haben sich an der einstigen „Unfallhäufungsstelle“ zum Glück lange nicht mehr ereignet – das Verbot wird deswegen aber nicht zurückgenommen. Denn ungefährlich ist die Stelle damit nicht. Jetzt kommt endlich Bewegung in die reichlich festgefahrene Angelegenheit: Der ersehnte Kreisverkehr rückt näher.
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An dieser Stelle hat die Stadt Siegen keine alleinige Entscheidungsgewalt. Die Unfallkommission hat ein Wörtchen mitzureden, der gehören neben der Stadt die Polizei, Straßen NRW und die Bezirksregierung an. Ihre Aufgabe: Unfallhäufungsstellen identifizieren, Maßnahmen ergreifen, damit sich weniger Unfälle ereignen. Am Beispiel Breite Straße: Alle Unfälle, die von der Polizei aufgenommen wurden, werden ausgewertet. Je schwerer, desto eher ist ein Ort eine Unfallhäufungsstelle. So wie die Ecke Breite Straße/Bahnhof Weidenau es in der Vergangenheit war – hier krachte es in der Vergangenheit oft, mehrfach heftig, einmal mit Todesfolge. Die Vorschriften lassen da auch keinen Toleranzbereich, erklärte Benjamin Hinkel, stellvertretender Leiter der Siegener Abteilung Straße und Verkehr, im Weidenauer Bezirksausschuss.
Warum Links abbiegen hier so gefährlich ist: A-Säule versperrt gute Sicht
Grund für die Gefahr ist die Geometrie des Straßenverlaufs. Wer vom Finanzamt kommt und links auf die Breite Straße zur Hufeisenbrücke fahren abbiegen will, hat Probleme, von oben kommende Verkehrsteilnehmer zu sehen – die A-Säule der Autos ist im Weg, sie versperrt den freien Blick. Ganz besonders Fahrradfahrer sind dabei betroffen; sie sind deutlich schmaler als Autos, entsprechend schlechter zu sehen, dafür sehr viel verletzlicher. Die Unfallkommission schritt ein, die Stelle wurde Unfallhäufungspunkt, Linksabbiegen verboten. Was vielen Autofahrern nicht passte, sie fuhren einfach weiter so, wie sie immer gefahren waren.
Wenn sich hier über eine bestimmte Zeit keine schweren Unfälle mehr ereignen, kann die Unfallkommission den Beschluss über eine Unfallhäufungsstelle aufheben. Das, berichtete Benjamin Hinkel, ist jetzt der Fall, es sei „nach langen Jahren geschafft“. Bedingung, die den Kompromiss ermöglicht: Das Linksabbiegeverbot bleibt. Solche Unfälle sollen nicht wieder losgehen – denn auch, wenn eine erkleckliche Anzahl Autofahrer es nicht tut: Viele halten sich dran. Auch, wenn’s für sie lästig sein mag. Die gesunkenen Unfallzahlen fallen nicht vom Himmel. Damit ist der Weg frei für die Stadt Siegen, die nun wieder mehr Entscheidungsspielraum erhält: Noch in diesem Jahr soll die konkrete Planung für einen lang ersehnten Kreisverkehr an dieser Stelle vorgelegt werden, was die ganze Misere endgültig beenden könnte. Bis dahin sollen die provisorischen Baken durch „etwas mehr oder minder Festinstalliertes“ ersetzt werden, wie Benjamin Hinkel sagt. Denn die stehen immer wieder kreuz und quer, statt so wie sie sollen – auch eine Bedingung der Unfallkommission.
Weidenauer Lokalpolitik unzufrieden: Gefordert wird endlich Tempo 30 auf der Brücke
Die Weidenauer Lokalpolitiker sind mehrheitlich nicht glücklich, dass Linksabbiegen hier verboten bleibt. Dass die Ecke keine Unfallhäufungsstelle mehr sei – eine gute Nachricht für Weidenau, sagt Marc Klein (CDU), den es aber „ein bisschen stört, dass das Linksabbiegen nicht wieder zugelassen wird“ – ob sich die Unfallkommission nur über Pläne gebeugt oder auch mal vor Ort ein Bild gemacht habe? Denn das Linksabbiegen von unten sei nicht die Ursache für die Unfälle gewesen, sondern das zu hohe Tempo vieler Fahrzeuge von oben, von der Hufeisenbrücke – Tempo 30 wird seit Jahren gefordert. Er ärgere sich seit Jahren über die Situation an dieser Versorgungsstraße für die angrenzenden Wohngebiete. „Wie viel Sicht braucht man denn noch?“
So wie derzeit, sagt Dr. Jochen Münch, sei es jedenfalls noch gefährlicher: Viele Fahrzeuge biegen ein bisschen rechts ab, machen mitten auf der Straße die Kehre und fahren dann Richtung Hufeisenbrücke. Oder gleich das kurze Stück links an den Absperrbaken vorbei, auf der Spur des Gegenverkehrs. Auch Radfahrer würden das übrigens tun, ergänzte Roland Steffe (AfS), das sei noch gefährlicher. Er könne nicht nachvollziehen, dass die Unfallkommission immer noch auf dem Linksabbiegeverbot beharre, erregte sich auf Manfred Semper (SPD). Je später der Abend, desto mehr werde illegal links abgebogen, hatte Walter Schneider (FDP) beobachtet.
„Können die Situation nicht so machen, wie die Verkehrsteilnehmer sie gern hätten“
Franz Englert (UWG) hielt dagegen: „Wir können die Situation nicht so machen, wie die Verkehrsteilnehmer sie gern hätten.“ Linksabbiegen ist hier verboten, „da haben sich alle dran zu halten.“ Das Verbot habe einen guten Grund, „es gab Zeiten, da hat es dauernd geknallt – und da ist nicht nur einer umgefallen.“ So manches Auto habe nach der Kollision „auf den Abschlepper“ gemusst. Das dürfe man nicht beschönigen, auch wenn mal eine Zeit nichts passiert.
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Das einzige, was er nicht nachvollziehen könne: Dass das Ordnungsamt an dieser Stelle nicht mehr kontrolliere: „Wir kriegen das nur hin, wenn wir die Leute zur Räson bringen“ – auch das Stoppschild werde „gnadenlos umgangen“. Werde das Linksabbiegen nun geöffnet, „machen wir zwei Jahre später wieder zu“. „Bloß weil die Leute es sowieso machen, sollte man nicht nachgeben“, fand auch Ulrich Schloos (Linke), der sich ebenfalls für die Tempo-30-Regelung schon auf der Hufeisenbrücke aussprach.