Siegen. Die Siegener Politik ist sauer: „Kirchturmdenken“ und „kleingeistig“ sei es, dem „geliebten“ Apollo-Theater nicht aus der Finanzmisere zu helfen.

Die Siegener Kommunalpolitik ist einstimmig verschnupft, pikiert, beleidigt: Dass die Kolleginnen und Kollegen der Kreis-Politik die gewünschte Förderung fürs Apollo-Theater nicht bewilligen wollen, stößt allen Ratsfraktionen sauer auf. Im Haupt- und Finanzausschuss wird neben dem Ärger über die eigenen Parteien auch der Stellenwert des Apollo beschworen, welches Strahlkraft weit über die Stadtgrenzen hinaus habe und keineswegs nur ein Theater für die Siegener sei. Die finanzielle Unterstützung seitens der Stadt – 150.000 Euro über drei Jahre – wird ohne Gegenstimmen und Enthaltungen bewilligt.

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Er sei irritiert über die Haltung des Kreises, dessen Verwaltung die Apollo-Nothilfe ja auch unterstützt, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzender Michael Groß: „Man muss schon sehr weggucken, wenn man das Apollo als etwas sieht, das keine Strahlkraft über die Stadtgrenzen hinaus hat.“ Der Kreis habe sich ein Hintertürchen offengehalten, er appellierte dringend, dieses doch noch zu nutzen. Die Kultur sei überall Not geraten, da müsse man helfen. „Wenn man bei so einer unstrittigen Sache mit Kleingeistigkeit anfängt – was bedeutet das nur für die Kultur, wenn auf breiter Front richtig Not ausbricht?“

Bürgermeister: Siegener Apollo von der gesamten Region besucht und geliebt

Die Entscheidung des Kreiskulturausschusses habe ihn auch überrascht, gibt Bürgermeister Steffen Mues zu: Er hätte erwartet, dass der Hinweis auf die Strahlkraft des Theaters für die gesamte Region die Ausnahmestellung des Apollo verdeutlicht hätte, das von „breitem bürgerschaftlichen Engagement getragen werde.“ Wenn der Kreis über die Rücklagen des Apollo diskutiere: Die seien in der Pandemie aufgebraucht worden, um weiter Kultur anbieten zu können, „es ist doch ein Erfolgsmodell, dass diese überhaupt gebildet werden konnten.“ Er wünsche sich für das Theater die Betrachtung, die es verdient habe, „es wird von den Bürgern der gesamten Region besucht und geliebt!“ Die aktuellen Einbrüche seien kein Einzelfall, mit diesen Rückgängen hätten alle großen Theater des Landes zu kämpfen.

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Das sieht die Kreispolitik deutlich anders, auch weite Teile der Kulturschaffenden hatten sich im Kulturausschuss kritisch über den Hilferuf des Apollo und die gewünschte Sonderförderung geäußert. Die Zahlen sprechen eine recht eindeutige Sprache: Nicht nur die Besucherzahlen sind massiv geschrumpft, auch die Abos, also die Menschen, die – zumindest vor der Pandemie – regelmäßig ins Apollo gehen.

Siegener SPD will auf die Kreistagsfraktion im Sinne des Apollo „einwirken“

Ingmar Schiltz kündigte an, dass die Siegener SPD versuchen werde, in ihrem Sinne auf die Kreistagsfraktion der eigenen Partei „einwirken“ werde, um zumindest einen Kompromiss zu finden, und appellierte an die anderen Fraktionen, das ebenfalls zu tun. Der ursprüngliche Vorschlag mit 50.000 Euro jährlichem Zuschuss werde es wohl nicht, aber womöglich könne der Kulturetat auf Kreisebene angehoben werden, um Geldmittel für das Apollo und alle anderen Kulturtreibenden bereitzustellen. „Wir müssen weg von diesem Kirchturmdenken. Das Apollo ist für die gesamte Region da.“

In der Tat sei das Apollo nicht das Theater der Stadt Siegen, sagte der für Kultur zuständige Stadtrat Arne Fries: „Es hat seinen Sitz in Siegen, das Gebäude wird von der Stadt unterhalten.“ Bürgermeister Mues nannte die jährliche Summe von einer Million Euro – „nicht der größte Anteil im Kulturbereich“. Kämmerer Wolfgang Cavelius erinnerte daran, dass die Stadt Siegen von den 150.000 Euro des Kreises auch den Großteil (60.000 Euro) gezahlt hätte – über die Kreisumlage. Die Gemeinde Wilnsdorf etwa hatte kritisiert, dass sie Steuern erhöhen müsse, damit Siegen das Theater unterstützen könne.

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„Es hat Gründe, dass Netphen und Wilnsdorf kein eigenes Theater haben“, sagte Henning Klein (Linke). So könne man keine ernsthafte Politik machen. 150.000 Euro in drei Jahren sei „nicht viel Geld“. Und was passiere, „wenn wir das Apollo nicht retten? Steht es dann bald leer? Geht es in die Insolvenz?“