Kreuztal. Alle Kreuztaler Kinder können an der Grundschule ihrer Wahl eingeschult werden – auf den ersten Blick. Nicht nur in Littfeld gibt es ein Problem.
Die Schulen in Kreuztal werden voll. An den Grundschulen sind für das nächste Schuljahr rund 50 Kinder mehr angemeldet worden als für das laufende Schuljahr. „Das hat uns überrascht“, räumt Kämmerer Michael Kass im Schulausschuss ein. Im erst vor einem Jahr verabschiedeten neuen Schulentwicklungsplan waren 322 Lernanfänger für 2023 vorausgesagt worden, tatsächlich sind es nun 367. Sie werden auf 25 statt bisher 22 Eingangsklassen und jahrgangsübergreifende Lerngruppen verteilt.
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„Wir tragen dem Willen der Eltern Rechnung“, sagt Kämmerer Michael Kass und meint damit nicht nur den Wunsch nach kleinen Klassen, sondern auch nach der Einschulung ihrer Kinder an der gewünschten Grundschule. Stimmt das?
Formal ja: Keine Grundschule wird Kinder abweisen müssen. Als Verbundschule hat die Adolf-Wurmbach-Grundschule aber zwei Standorte in Eichen und Littfeld – und dort passen die Zahlen nicht: Von den drei 1. Klassen sollen zwei in Eichen und eine in Littfeld gebildet werden. In Littfeld wurden 39 Kinder angemeldet, zehn mehr als die zulässige Höchstgröße von 29 Kindern. Mindestens zehn werden als in Eichen eingeschult. Umgekehrt aber von den 64 „Eichener“ Kindern bis zu 20 nach Littfeld zu schicken, um dort eine zweite 1. Klasse aufzufüllen, sei auch nicht „das richtige Mittel“, sagte Michael Kass, der auf die Zuständigkeit des Schulleiters verwies: In einer Verbundschule entscheidet er selbst, wie die Kinder auf die Standorte verteilt werden. Philipp Krause (CDU) regte an, „darüber noch einmal nachzudenken“. Immerhin sei der Standort Littfeld evangelische Bekenntnisgrundschule.
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Reicht der Platz an den Grundschulen aus?
Nein, sagt Kämmerer Michael Kass, „so ohne weiteres“ werde der zusätzliche Platzbedarf nicht gedeckt werden können. Die Verwaltung sei bereits im Gespräch mit den betroffenen Schulleitungen an Dreslers Park, in Kredenbach und Eichen, wo jeweils eine 1. Klasse mehr gebildet wird. Philipp Krause (CDU) regt an, das mit dem schon vor einem Jahr beauftragten Raumkonzept für alle Grundschulen zu verbinden – vor dem Hintergrund, dass Grundschulkinder ab 2026 einen Rechtsanspruch auf den offenen Ganztag bekommen. Da sei die Verwaltung allerdings noch nicht weitergekommen, räumt Michael Kass ein. Bisher habe sich das Land nicht geäußert, wie der Ganztag gestaltet werden soll: „Wir warten händeringend. Es macht aber jetzt wenig Sinn, in eine konkrete Planung einzusteigen.“ Schulrat Michael Utsch mahnt: Die Lösung des Kreuztaler Raumproblems sei „ganz entscheidend“. Allzuviel Zeit habe die Stadt dafür nicht.
Haben nur die drei Grundschulen mit den zusätzlichen Klassen ein Problem?
Fellinghausen kommt noch dazu. Die Grundschule will so schnell wie möglich offene Ganztagsgrundschule werden. Druck entsteht, weil der Förderverein das bisherige Betreuungsangebot „Schule von acht bis eins“ und „Dreizehn Plus“ nicht weiterführen wird. Zum nächsten Schuljahr sei das nicht mehr umsetzbar, sagt Kämmerer Michael Kass. Jetzt werde eine Übergangslösung mit einem anderen Träger gesucht. Er sei „sehr zuversichtlich“, dass das gelingen werde. Für einen regulären offenen Ganztag braucht die Schule aber Platz, Fläche für einen Anbau gebe es aber nicht, sagt Pia Heinemann (SPD). „Das wird schwierig.“
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Sind die Grundschulklassen klein genug?
Im Schnitt wird im nächsten Schuljahr jede Grundschulklasse in Kreuztal 23,79 Kinder haben, jede 1. Klasse sogar nur 22,06. Das ergibt sich aus der Kommunalen Klassenrichtzahl: 580 Kinder in Klassen und Lerngruppen mit Erstklässlern geteilt durch die Richtzahl von 23 Kindern je Gruppe macht 25,22. „Außer Frage“ stehe da der Anspruch auf 25 Klassen, sagt Schulrat Michael Utsch, der aber auch eine andere Rechnung aufmacht: Die zusätzlichen 50 Kinder wären auch auf zwei Klassen zu verteilen gewesen, sodass am Ende 24 Klassen ausreichend wäre. Das hätte Platz- und (Lehrer-)Personalprobleme gemindert,. und trotzdem wären noch um die 40 Plätze für Nachzügler freigeblieben. „Zwingend notwendig“ seien die 25 Klassen jedenfalls nicht.
Wie sieht es mit der Inklusion aus?
Da rücken die weiterführenden Schulen ins Blickfeld. Heike Siebel (SPD) äußert Zweifel, ob „wirklich alle Schulen“ die erforderliche Ausstattung haben. Weil die Zahl der Kinder mit Förderbedarf, die von den Grundschulen entlassen werden, größer wird, reichen die Kapazitäten von Gesamt- und Realschule nicht mehr aus. Nach zwei Jahren Pause wird nun auch das Gymnasium in Kreuztal wieder „Schule des gemeinsamen Lernens“. „Das wird nur mit Aufstockung des sonderpädagogischen Personals gehen", sagt Schulleiter Thomas Grütz. Das Gymnasium muss sich auf „zieldifferent“ zu unterrichtende Jugendliche einrichten, die nach eigenem Lehrplan und nicht aufs Abitur ausgerichtet ausgebildet werden – denn bei der Wahl der Schulform haben die „zielgleichen“ Schüler Vorfahrt. Doch auch sie werden es am Gymnasium nicht leicht haben, weil sie in der Regel körperliche Handicaps haben. „Dazu sind ganz andere Ausstattungen nötig“, sagt Heike Siebel (SPD). Einen Aufzug wird das Gymnasium erst mit der demnächst beginnenden Erweiterung des Schulzentrums bekommen. Derzeit ist der Umweg über die Gesamtschule nötig. „Ein extrem langer Weg“, sagt Schulleiter Thomas Grütz. Insgesamt 39 Kinder mit Förderbedarf werden in den 5. Klassen erwartet. Daher werden alle drei weiterführenden Schulen ihre Aufnahmekapazität auf 27 Kinder je Klasse begrenzen.
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