Kreuztal. Der einzige Kandidat gewinnt die Wahl zum Beigeordneten im Kreuztaler Rat – mit einem deutlichen Schönheitsfehler.

Patrick Zöller wird neuer Schul- und Sozialdezernent der Stadt Kreuztal. Der Rat den 33-jährigen Brachbacher in geheimer Abstimmung zum Beigeordneten und damit zum Nachfolger von Stadträtin Edelgard Blümel gewählt.

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Die Wahl

SPD-Fraktionschef Jochen Schreiber hatte die geheime Abstimmung beantragt. Das Ergebnis gab stellvertretende Bürgermeisterin Heike zur Nieden (SPD) bekannt, als der Kandidat noch vor der Tür wartete: 21 Stadtverordnete hatten für ihn gestimmt, 16 gegen ihn, zwei enthielten sich der Stimme. Als amtierender Verwaltungschef – Bürgermeister Walter Kiß ist erkrankt – wünschte Stadtkämmerer Michael Kass dem neuen Kollegen „glückliche Hand“.

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Patrick Zöller ließ sich nicht anmerken, ob das Abstimmungsergebnis bereits zur Kenntnis genommen hatte: „Ich freue mich wirklich sehr, wenn es hier in Kreuztal losgeht“, sagte der frisch gewählte Stadtrat, „ich bin voller Freude und Tatendrang, und ich bin mir sicher, dass wir das gemeinsam hinkriegen.“

Der künftige Beigeordnete leitet derzeit noch die Arbeitsgruppe „Wohnen und andere soziale Leistungen“ in der Abteilung für soziale Leistungen bei der Stadt Siegen. Er war einer von 15 Bewerberinnen auf die zweite Ausschreibung der Stelle, zuvor hatten sich die Ratsfraktionen für keine von 13 Bewerbungen der ersten Ausschreibung entscheiden können. Zuletzt waren Patrick Zöller und eine Mitbewerberin in der engsten Wahl; die Fraktionsvorsitzenden entschieden mit Mehrheit, dass dem Rat nur ein Kandidat vorgestellt werden soll.

Dass die Vorauswahl alles andere als einmütig erfolgt war, ließ CDU-Fraktionschef Arne Siebel bei der Befragung des Kandidaten durchblicken. Das Publikum erfuhr auf diese Weise, dass Patrick Zöller zunächst daran gedacht hatte, sein Mandat als sachkundiger Bürger der SPD-Fraktion in mehreren Ausschüssen des Altenkirchener Kreistags fortzuführen. Warum er davon nun abgerückt sei, wollte Arne Siebel wissen, nicht ohne die Anmerkung, dass es ihm „nicht gefallen“ habe, darüber durch die Kreuztaler SPD-Fraktion unterrichtet worden zu sein. Er wolle sich auf die Arbeit in Kreuztal konzentrieren, antwortete Zöller, „und jegliches Konfliktpotenzial aus dem Weg räumen“.

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Dafür war es nun offenkundig zu spät. Anzunehmen ist, dass in der geheimen Abstimmung vor allem SPD-Stadtverordnete für und vor allem CDU- und Grünen-Stadtverordnete gegen den Kandidaten gestimmt haben, wobei es in allen Reihen abweichende Meinungen gegeben haben kann. Deutlich zu einer Erklärung veranlasst sah sich nur Frank Frisch (FDP). „Wir freuen uns.“ Was heißen sollte, dass aus seiner dreiköpfigen Fraktion wohl keine Gegenstimmen kamen.

Der Kandidat

Patrick Zöller hatte in seiner Bewerbungsrede die Rolle Kreuztals als zertifizierte „familiengerechte Kommune“ mit Leistungen „weit über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus“ hervorgehoben. Anstreben könne die Stadt nun in einem weiteren Schritt die Zertifizierung zur „kinderfreundlichen Kommune. Das wäre nicht nur ein „attraktiver Standortfaktor“, sondern auch ein Zeichen, „dass wir die junge Generation ernst nehmen“. Wichtige Aufgabe werde es sein, den 2026 beginnenden Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen umzusetzen und so eine „Betreuungslücke zu schließen“.

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In den Kitas seien die Personalengpässe zu lösen, durch mehr Ausbildung, mehr Quereinsteiger und Verwaltungskräfte, die das knappe pädagogische Personal entlasten. „Wir müssen kreativ überlegen, wie es gelingen kann, die besteh Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen.“ Dass Öffnungszeiten gekürzt werden müssten, weil Personal fehle, sei jedenfalls „ein Unding“. Acht Sprachkitas sind in Kreuztal von der Einstellung der Bundesförderung betroffen, „eine besondere ­Herausforderung“ angesichts des hohen Anteils von Kindern, die nicht Deutsch als Muttersprache sprechen, sagte Patrick Zöller. Ehrenamtliche deutschsprachige Lesepaten könnten eine Unterstützung sein. Auch in der kommunalen Integrationspolitik müsse es Ziel sein, „hauptamtliche Verwaltungstätigkeit und ehrenamtliches Engagement zusammenzuführen“. Der angehende Beigeordnete fasste seine Ritt durch die Sozialpolitik mit der Formulierung eines Ziels zusammen: „Kreuztal mit allen Akteuren der Stadt zukunftsfähig und enkeltauglich machen.“

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Nach der Wahl

Kritisch äußerte sich Jürgen Roth (Grüne) zur Berichterstattung über den künftigen Beigeordneten im Vorfeld der Ratssitzung: Das erwecke „so ein bisschen den Eindruck, dass schon alles in trockenen Tüchern ist“. Dass dem, obwohl ohne Gegenkandidatur, nicht so war, bewies der Rat anschließend in der geheimen Abstimmung – und ließ auch danach nicht locker.. Vorgesehen war danach, Patrick Zöller zum zweiten weiteren allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters zu benennen. „Ist diese Eile geboten?“, fragte Arne Siebel (CDU) und regte an, „dem Rat Zeit zu gönnen, ihn kennen zu lernen“. „Ich wäre für eine längre Probezeit“, sagte Dieter Gebauer (Grüne), „eine gewisse Praxis muss vorhanden sein.“

In der ersten Ratssitzung des nächsten Jahres will der Rat die neue Reihenfolge der Bürgermeister-Vertretung festlegen; voraussichtlich zum 1. Januar wird Patrick Zöller sein Amt antreten. Weiterer allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters ist er von diesem Tag an schon von Gesetzes wegen – und sowieso die Nummer 3, weil Stadtkämmerer Michael Kass als erster Beigeordneter gewählt ist und Stadtbaurätin Christina Eckstein nach dem Ausscheiden von Edelgard Blümel sowie als Nummer 2 aufrückt.

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