Siegen. Wie wird das Weihnachtsgeschäft? Einzelhändler aus Siegen und Umland berichten – das Bild ist keineswegs einheitlich.

Während die einen Einzelhändler eine – teils sogar deutliche – Kaufzurückhaltung merken, verspüren andere nicht mal eine Konsumkrise im Einzelhandel. Dieses zwiespältige Bild zeichneten jetzt die Mitglieder des Einzelhandelsausschusses der IHK Siegen.

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Für Steffen Baumhoff, Inhaber des gleichnamigen Autohauses in Lennestadt, beispielsweise verlief das Geschäft bis Oktober sehr zufriedenstellend. „Aktuell verspüren wir eine deutliche Zurückhaltung, sind aber noch nicht sicher, ob diese jahreszeit- oder konjunkturbedingt ist.“ Begleitet werde das von „unglaublichen Lieferproblemen des VW-Konzerns“, bestätigte Jost Schneider aus Siegen. Der Auftragsbestand sei drei Mal so hoch wie unter normalen Umständen. Was das Tagesgeschäft aber „sehr schwierig“ mache, sei die Tatsache, „dass Fahrzeuge gegebenenfalls gar nicht mehr gebaut werden“, deutete der IHK-Vizepräsident auf die Halbleiterknappheit.

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Teure Handtaschen werden sogar wieder umgetauscht

„Kameras sind Luxusgüter. Und auf die kann man notfalls verzichten“, stellte Martin Achatzi vom Canon Shop Achatzi nüchtern fest. Entsprechend sinke die Kauflaune in diesem Segment. Im Geschäft seiner Frau, dien Geschenkartikel und Wohnaccessoires verkauft, gelte unter den Kunden nach wie vor das Motto: „Wir gönnen uns noch mal was.“ Bis auf Weiteres. „Erst im kommenden Frühjahr wird man sehen, wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden.“

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Auch Tim Weissner stellte eine „deutliche Kaufzurückhaltung“ bei den Luxusgütern, sprich: Handtaschen, fest. „Teure Teile wurden sogar mitunter umgetauscht.“ Bei Koffern und Schultaschen wurde im Hause Leder Jaeger derweil eine „leichte Steigerung“ verzeichnet. Ein guter Teil des Geschäfts verlagere sich jedoch ins Onlinegeschäft.

Lebensmittel: Bei Bio-Produkten und Fisch wird gespart

„Ein sehr, sehr differenziertes Bild“ zeichnete Jörg Dornseifer. „Wir kommen von einem vergleichsweise hohen Niveau.“ Vor diesem Hintergrund habe sich in seinen Lebensmittelmärkten jedoch der Durchschnittsbon reduziert. Die Kunden beschränkten sich eher auf das Notwendige. Konkret berichtete er von einem 20-prozentigen Minus unter anderem bei Bio-Produkten, Fisch und Floristik – „alles, was in Richtung Luxus geht“.

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„Der Kauf von Artikeln für den Eigenbedarf lässt nach“, musste auch Winfried Matthes vom Feinkostgeschäft „Gut und von hier“ aus Netphen feststellen. Unter den Geschenkartikeln verzeichnete er sogar einen Einbruch – „bei den größeren fast 80 Prozent“. Jedoch seien seine Grillseminare in diesem Jahr komplett ausgebucht gewesen. Selbst die für das kommende Jahr seien bereits zu 30 Prozent belegt. „Erlebnis geht noch. Stattdessen wird woanders gespart.“

Optiker: „Ich glaube nicht an eine Konsumkrise“

Andreas Oehm zufolge gönnen sich die Kunden nach wie vor etwas. Der Optiker mit Geschäften in Neunkirchen und Frankfurt verzeichnete in Neunkirchen allgemein noch eine recht gute Stimmung und bei sich im Speziellen lediglich ein Minus von drei Prozent. „Aber wir durften während der Pandemie auch unsere Läden öffnen, kommen also von einem ganz anderen Niveau.“ Dennoch: „Ich glaube nicht an eine Konsumkrise im Einzelhandel.“

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All den derzeitigen Beobachtungen zum Trotz – „wir können alle nur auf ein gutes Weihnachtsgeschäft hoffen“, fasste Ausschussvorsitzender Wolfgang Keller zusammen. „Es kann auch sein, dass viele Kunden sich derzeit noch zurückhalten, um sich und ihren Familien zu Weihnachten etwas gönnen zu können. Hoffen wir es.“ Gleichwohl musste auch er vor dem Hintergrund von Energiepreisschock und nach wie vor gestörten Lieferketten feststellen: „So wenig vorhersagbar wie dieses Jahr war das Weihnachtsgeschäft noch nie.“

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