Hilchenbach. Der Förder- und Betreuungsbedarf wächst – die Schülerzahl ebenso: Sprache ist ein zunehmendes Problem, auch bei Kindern aus deutschen Familien.
Nicht nur die Hilchenbacher Florenburg-Grundschule platzt aus den Nähten. Auch die Stahlberg-Grundschule in Müsen kommt an ihre räumlichen Grenzen. Anders als in Hilchenbach, wo ein Modulbau mit vier Klassenräumen an die Stelle des bisherigen Pavillons gesetzt werden soll, liegt die Lösung für Müsen nicht auf der Hand. „Das gestaltet sich hier schwieriger“, sagte Stadtrat Christoph Ermert beim Ortstermin des Schulausschusses, „wir prüfen, wo m,an was machen kann.“ Das Schulgebäude ist von bewohnten Wohnhäusern umgeben, der Einzug der Schule oder gar der Abriss eines Hauses mit anschließender Neubebauung ist da nicht ohne weiteres zu realisieren. Auch eine Aufstockung des jetzigen Schulgebäudes soll untersucht werden. Auf dem Außengelände ist gerade eine neue Spiellandschaft mit Tipis entstanden, in Bau ist die Leichtathletikanlage mit Laufbahn und Sprunggrube.
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Kein freies Grundstück für einen Anbau
Der Schulausschuss trifft sich in der neu gestalteten Mensa. 34 Kinder können hier essen – weil mittlerweile rund 120 der insgesamt 238 Schülerinnen und Schüler die Betreuungsangebote nutzen, wird in drei Schichten serviert. „Wir haben bis jetzt Glück gehabt mit dem Wetter“, sagt Elke Weigand, Leiterin des offenen Ganztags, „wenn alle rein müssen, wir es richtig eng. Wir brauchen dringend Platz.“ Schon jetzt sind für das Schuljahr 2023/24 130 Kinder zur Betreuung angemeldet, bis zum Schuljahresbeginn wird die Zahl noch deutlich steigen. Und ab 2026 gilt der Rechtsanspruch auf einen Ganztags-Betreuungsplatz, zunächst für die jeweils neu eingeschulten Jahrgänge – abgesehen davon, dass die Schülerzahlen in Hilchenbach sowieso insgesamt steigen und mittlerweile beide Grundschulen dreizügig, also mit drei Parallelklassen je Jahrgang, geführt werden. Die Stadt hatte 2015 ihre Grundschule in Allenbach geschlossen, um die beiden verbleibenden Grundschulen zweizügig weiterführen zu können; das Allenbacher Schulgebäude ist an die neue b school vermietet. Dort wurden für das laufende Schuljahr 13 Hilchenbacher Kinder angemeldet.
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Die vorhandenen Klassenräume für die Betreuung zu nutzten, ist wohl keine Lösung. Die Pausen nach der vierten und fünften Stunde sind zu kurz für den erforderlichen Umbau der Räume, die zudem am Ende des Nachmittags auch wieder für den Unterricht am nächsten Morgen hergerichtet werden müssten. Platz würde auch für Spielsachen und weiteres Material fehlen, sagt Elke Weigand, „die Räume sind ja jetzt schon voll.“
„Viele Kinder verstehen schon die Aufgaben nicht“
Stadt hält an Zeitplan für Hilchenbach fest
Für die Erweiterung der Florenburgschule hat der Bauausschuss am Mittwoch grünes Licht gegeben und den Auftrag vergeben. Die Stadt hatte den Modulbau ausgeschrieben und den Anbietern nur wenig Vorgaben für die Gestaltung gemacht. Dennoch waren zunächst nur zwei Angebote abgegeben worden – zwar hätten 24 Anbieter Interesse bekundet, berichtet Rolf Schmitt, Leiter des Fachdienstes Bautechnik, die dann aber doch überwiegend mangels Kapazität abgesagt: „Die sind voll bis unter die Decke.“ Den Vorrang bekommen dann eher größere Projekte.
Erst in letzter Minute ging dann doch noch ein Angebot ein, das nun den Zuschlag bekommt. Ob es einen „Plan B“ für den Fall gebe, dass der Modulbau doch nicht zum Schuljahresbeginn 2023/24 bezogen werden kann, will Annette Czarski-Nüs (Grüne) wissen. Nein, antwortet Rolf Schmitt: „Unser Ziel ist, dass der Zeitplan eingehalten wird.“
Elke Weigand, die den offenen Ganztag in Müsen seit 13 Jahren leitet, beobachtet die Veränderung in den Anforderungen: „Wir haben haben hier viele Kinder, die schlecht Deutsch sprechen. Viele verstehen schon die Aufgaben nicht.“ Keineswegs nur aus Familien, in denen eine andere Sprache als Deutsch Muttersprache ist, kommen Kinder mit Unterstützungsbedarf: Die schon nicht in ganzen Sätzen sprechen, geschweige denn Aufsätze schreiben. „Man kann die Kinder besser fördern, wenn man mehr Personal hat.“ Bundesfreiwillige („Die sind richtig teuer“) kommen da zur Unterstützung weniger in Frage als Praktikantinnen oder Praktikanten: „Frischer Wind tut uns immer gut.“ Entscheidungen darüber fallen nicht in Hilchenbach. Die Stadt hat den offenen Ganztag in Müsen an die Bielefelder „Betreuung an Schulen gGmbH“ übertragen, während an der Hilchenbacher Florenburgschule der Siegener Vereine für soziale Arbeit und Kultur Südwestfalen (VAKS) eingesetzt ist.
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Fast 40 Prozent der Grundschulkinder in Müsen haben einen Migrationshintergrund, sagt Schulleiterin Antje Fey, „natürlich sind da sprachliche Lücken.“ Die Schule habe eine Reihe von Kindern aus der Ukraine und aus Afghanistan aufgenommnen, die überhaupt nicht Deutsch sprechen. Ihre Förderung sei „ein langer Prozess“. „Es gibt auch viele Kinder aus deutschen Familien, die sehr einfach sprechen“, ergänzt Anja Koch, Leiterin der Florenburgschule. „Bestürzend“ nennt Rainer Fränzen (UWG) diesen Befund.
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