Siegen. In Siegen soll bald ein Geburtshaus entstehen, das werdenden Müttern eine entspannte Geburt ermöglicht. Eine Immobilie fehlt bislang. Die Pläne.

Sieben Hebammen wollen für werdende Mütter einen alternativen Gebärort schaffen: In einem Geburtshaus im Siegerland sollen Babys in einer ruhigen und sicheren Umgebung zur Welt kommen. Noch sind das alles Ideen – derzeit sind die Hebammen aus dem Siegener Raum auf der Suche nach einer passenden Immobilie für ihr Geburtshaus. Doch wenn die gefunden ist, könnte es schnell gehen. Mit dem Geburtshaus würde damit im Siegerland auch eine Alternative zu Geburtskliniken und Hausgeburten entstehen.

Geburtshaus Siegen: Derzeit suchen Hebammen nach einer Immobilie

Rund 100 Quadratmeter sollte die passende Immobilie umfassen. Zwei Geburtsräume, ein Vorsorgeraum, ein Aufenthaltsraum sowie Küche und Bad stellt sich das Team vor, erläutert Hebamme Jennifer Berndt-Faust. „Wir wünschen uns auch was Grünes drum herum.“ Gleichzeitig müsse die Immobilie aber auch zentral liegen, damit in einem dringenden Fall, bei dem eine Verlegung in ein Krankenhaus erfolgen muss, der Rettungsdienst schnell vor Ort ist und die werdende Mutter in eine Klinik gebracht werden kann.

Die Beteiligten

Beteiligt am Geburtshaus-Projekt sind die Hebammen Julia Kuhlenberg, Jennifer Berndt-Faust, Maria Hermann, Amanda Lutzki, Karolin Klein, Wiebke Vink und Stephanie Röhnisch.

Wer beim Geburtshaus-Projekt mithelfen möchte, weil er zum Beispiel über eine passende Immobilie verfügt, kann sich per E-Mail an geburtshaussiegen@gmail.com melden. Mehr Infos über das Projekt gibt es auch auf Instagram unter „geburtshaus.siegen“

Denkbar wären die Standorte Siegen, Weidenau, Kaan-Marienborn, Bürbach und Netphen, erläutert Hebamme Julia Kuhlenberg. „Wir suchen erstmal was zur Miete“, erläutert ihre Kollegin Wiebke Vink. So könne man die Ein- und Ausgaben besser abschätzen und müsste erst einmal nicht in dem Maße in Vorleistung treten, wie das bei einem Kauf oder einem Bau einer Immobilie notwendig sei. „Wir sind für alle Angebote erstmal offen“, betont Julia Kuhlenberg.

Wiebke Vink, Maria Hermann und Stephanie Röhnisch (stehend von links) möchten zusammen mit Karolin Klein, Jennifer Berndt-Faust, Julia Kuhlenberg und Amanda Lutzki (sitzend von links) ein Geburtshaus im Siegerland gründen. 
Wiebke Vink, Maria Hermann und Stephanie Röhnisch (stehend von links) möchten zusammen mit Karolin Klein, Jennifer Berndt-Faust, Julia Kuhlenberg und Amanda Lutzki (sitzend von links) ein Geburtshaus im Siegerland gründen.  © MILIA PHOTOGRAPHIE | MILIA PHOTOGRAPHIE

Auf rund 20.000 bis 50.000 Euro schätzt Hebamme Stephanie Röhnisch das gesamte Investitionsvolumen für das Geburtshaus. „Es braucht einige Investitionskosten für die Gründung.“ Danach soll sich die Einrichtung im besten Fall selbst tragen: Die Krankenkassen bezahlen außer der Hebammenleistungen im Geburtshaus auch die entsprechenden Betriebskosten für die räumliche und sachliche Ausstattung sowie für eine zusätzliche Personalbereitstellung mit einer Pauschale. Mit Hilfe dieser „Betriebskostenpauschale“ sollen Mietkosten, Materialkosten und mehr gedeckt werden, erläutert Stephanie Röhnisch. Ansonsten seien zusätzlich auch (Sach-)Spenden eine Idee.

Diese Motivation steckt hinter dem Geburtshaus für das Siegerland

Seit bald zwei Jahren gilt: Wer Hebamme werden will, muss ein Studium absolvieren. Damit würde der Hebammenberuf professionalisiert, so Stephanie Röhnisch. Trotzdem gibt es Nachwuchsprobleme – Hebammen fehlen, obwohl ihre Arbeit extrem wichtig ist. Gerade die Arbeit in Kreißsälen mit vielen Geburten würden viele Hebammen als „sehr belastend und erschöpfend“ erleben, da häufig viel zu viele Frauen von zu wenig Hebammen betreut würden.

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„Klinik-Hebammen erleben häufig einen Burnout“, so Stephanie Röhnisch. In der Regel würden diese ein bis drei Gebärende begleiten, zusätzlich dazu würden sie aber immer wieder zu anderen Frauen gerufen, die für ihre Anliegen keine ambulanten Zentren aufsuchen könnten und daher in die Klinik kämen. Viele Dinge müssten gerade in Kliniken nebenbei erledigt werden. Dabei sei es wichtig, sich voll auf die Gebärende und ihre Wünsche konzentrieren zu können.

Siegen: Werdende Mütter da abholen, wo sie sich befinden

Viele Frauen würden sich ein Geburtshaus wünschen, kennen es aus anderen Städten oder stoßen in ihrer Schwangerschaft auf diese Möglichkeit, berichten die Hebammen. Forschungsergebnisse hätten belegt, dass eine 1:1-Betreuung durch eine Hebamme bei der Geburt bei vielen Familien für mehr Zufriedenheit sorge, schildert Stephanie Röhnisch. Im Geburtshaus der sieben Hebammen soll es eine 1:1- bzw. 1:2-Betreuung geben.

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Bei einer engmaschigen Betreuung seien in der Regel auch weniger Schmerzmittel nötig, die werdenden Mütter könnten vieles deutlich besser wahrnehmen, schildert Julia Kuhlenberg. „Wir werden individuell arbeiten, die Frauen in der Schwangerschaft kennenlernen und sie da abholen, wo sie sich befinden.“ Die Entscheidung von werdenden Müttern für ein Geburtshaus sei in der Regel keine kurzfristige. „Man betreut die Frauen meist schon die ganze Schwangerschaft. Da kann man sich ganz anders fallen lassen, Wünsche und Pläne besprechen“, unterstreicht Julia Kuhlenberg.

Sieben Hebammen brennen für das Geburtshaus im Siegerland

„Wir sind Feuer und Flamme“, sagt Julia Kuhlenberg über das Geburtshaus-Projekt. Allen sieben Hebammen hat die Idee für ein Geburtshaus schon vorgeschwebt, Stephanie Röhnisch brachte sie schließlich zusammen. Fünf der Frauen kannten sich schon, zwei weitere kamen schließlich dazu. „Geburtshäuser gibt es in vielen großen Städten. Es ist eher ungewöhnlich, dass es hier so wenig Möglichkeiten gibt“, sagt Wiebke Vink. Umso wichtiger ist es den Frauen, dass sie ihr Projekt in die Tat umsetzen können.

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Sie wollen „back to the roots“ („zurück zu den Wurzeln“), sagt Julia Kuhlenberg, und werdenden Müttern Sicherheit, Vertrauen und das Recht auf eine selbstbestimmte Geburt geben. Vor den 1950er Jahren hätte eine Hebamme alle Mütter in einem Ort betreut, so Stephanie Röhnisch. Dies hätte in heutigen Zeiten meist auch entsprechende Auswirkungen auf die Work-Life-Balance der Hebamme. Gerade Dauerrufbereitschaft sei sehr fordernd. „Es ist somit nicht nur ein Projekt für Frauen und Mütter, sondern auch für uns als Hebammen“, betont Initiatorin Stephanie Röhnisch.

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