Weidenau. Bei Helmut Gote und Ingo Froboese gibt es Linsen mit Schafskäse und Lammrücken mit grünen Bohnen. Und kein schlechtes Gewissen.

Wie viele Menschen werden sich auch für das nächste Jahr wieder den Vorsatz nehmen, sich endlich gesünder zu ernähren? Endlich auf hochwertigere Lebensmittel zurückgreifen? Endlich mehr selbst kochen und Sport treiben? Doch leider wird daraus meist nichts. „Keine Zeit“ heißt es dann. Dem möchte die DAK-Gesundheit mit ihrer bundesweiten Veranstaltungsreihe „Koch dich fit!“ für DAK-Versicherte entgegenwirken. Seit mittlerweile zehn Jahren tourt sie durch die Republik und gastierte jetzt vor gut 300 Zuhörern in der Bismarckhalle in Weidenau.

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Die beiden Protagonisten sind seit Beginn Prof. Dr. Ingo Froböse, Leiter des „Zentrums für Gesundheit durch Sport und Bewegung“ an der Deutschen Sporthochschule Köln und Präventionsbeauftragter des Deutschen Bundestages, und Helmut Gote, bekannt durch seine Kochsendungen im WDR-Hörfunk und -Fernsehen. Nach der Begrüßung durch Dirk Heppe, Leiter Kundenberatung der DAK-Gesundheit in Siegen, führten die beiden mit viel Humor und Empathie durch den Abend.

„Keine Zeit" ist die Ausrede für „Keine Lust“

Während Gote den kulinarischen Part übernahm und auf der Bühne live kochte, lieferte Froböse dem Publikum auf unterhaltsame Art und Weise Wissenswertes zum Thema Ernährung. Die beiden Experten machten schnell klar: „Keine Zeit“ heißt oft „keine Lust“. Dabei herrsche in der Bevölkerung aber auch viel Unklarheit darüber, was genau überhaupt gesunde Ernährung bedeutet. In den westlichen Industriestaaten etwa sei die durchschnittliche Ernährung unter der Woche viel zu ungesund.

Froböse spricht von der „Mümmelgesellschaft“: „Ein Gummibärchen hier, ein paar Chips dort.“ Einen maßgeblichen Anteil daran habe die (Lebensmittel-)Industrie. „Die Kühltheken und Kühlschränke sind in den letzten Jahren immer größer geworden“, erklärt der Wissenschaftler. Zudem würde mit Extremen wie Geschmacksverstärkern und anderen industriellen Zusätzen geworben. Stattdessen solle man mehr auf „Lebens- als auf Nahrungsmittel“ setzen.

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Währenddessen wurde das Publikum immer wieder mit einbezogen und an die eigene Kochpraxis erinnert. So unterbrach etwa Froböse seinen Kollegen, als dieser angeblich zu viel Olivenöl in seine Linsen mit Schafskäse gekippt habe: „Das Essen muss ja nicht schwimmen können.“ In erster Linie komme es nämlich darauf an, was und wie und nicht wie viel gegessen würde. Dem schließt sich auch Helmut Gote an: „Auch ich esse gerne und viel, aber ich achte auf die Qualität der Lebensmittel.“ Daher sollten die Deutschen sich etwa an Japan orientieren. „Während in den USA die Lebenserwartung auch aufgrund der Ernährung schon wieder zurück geht, gibt es in Japan die meisten Hundertjährigen, weil sie sich gesünder und lebensmittelorientierter ernähren“, erläutern die beiden Experten.

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Drei Hauptmahlzeiten – und dazwischen nichts

Wie aber können wir uns besser ernähren? Wichtig sei es zunächst einmal, langsam und sich auch mal nur „halb-satt“ zu essen. Essen müsse wieder als eigene Tätigkeit und nicht als Konsum verstanden werden. Dafür sollte man vor allem auf Zwischenmahlzeiten verzichten. „Auch ein Cappuccino ist ein Schnitzelchen“, entlockt Froböse dem Publikum ein Lachen. Richtig und wichtig dagegen wären drei Hauptmahlzeiten. Morgens energiereich, mittags nähr- und vitalstoffreich, abends eiweißreich. Dazwischen vier bis sechs Stunden nichts essen.

Wovon die beiden Experten dringend abraten, ist eine Diät. „Der Körper braucht und speichert Energie“, so Froböse. Fährt man die Energiezufuhr stark zurück, sei das nur noch ungesünder, weil dem Körper für lebenswichtige Funktionen Energie fehlt. Wichtiger sei es, die Energie zielführend zu verbrauchen. Das Stichwort hier: Sport. Hauptsächlich die Muskulatur müsse gezielt ausgebildet werden: „Muskeln müssen brennen, damit sie wachsen“, fährt Froböse fort.

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Bei Lebensmitteln zuletzt sparen

Helmut Gote betont indessen, dass er bei den Zutaten stets auf Bio-Produkte setzt. So auch bei den Linsen mit Schafskäse. Den zweifelnden Blicken im Publikum kann er entgegenwirken: „Blähungen sind keine Krankheit und der Körper gewöhnt sich mit der Zeit an ein verändertes Essverhalten.“ Neben den Linsen gab es Lammrücken mit grünen Bohnen – auch hier alles Bio-Produkte. Dass derzeit einige Menschen genau darauf achten müssen, wie viel sie wofür ausgeben, ist auch den beiden Experten bewusst. Sie machen aber deutlich, dass eine gesunde Ernährung essenziell ist und man vielleicht dort als Letztes sparen sollte.

Außerdem sehen sie die Verantwortung für eine gesündere Ernährung nicht nur auf individueller Ebene, sondern auch in Medien und öffentlichen Institutionen. Es sei völlig falsch, wenn überall nur erzählt werde, was man alles nicht essen dürfe oder wie viel Salz womöglich zu Herzschwäche führen könnte. Stattdessen müsse ein Umgang damit gefunden werden, dass es viel mehr auf die Qualität und die Proportionen ankommt. „Durch gutes Essen wird man nie dicker als durch schlechtes“, sind sich die beiden einig.

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Auch mit Kritik am Gesundheitssystem wird nicht gespart. Es könne nicht sein, dass es nach teuren und aufwendigen Operationen nur Graubrot gebe. „Das schlechte Essen in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen ist einer der größten Skandale im Gesundheitssystem“, betont Froböse. Dasselbe gelte für Kantinen und Schulmensen.

Für den Advent: Selbst jeder Dominostein hat ein Vitamin

Die Zuhörer waren von dem Programm und den unterhaltsamen Vorträgen der Experten begeistert – ebenso von dem frisch zubereitetem Essen, das sie selbst nach der Veranstaltung verköstigen durften. Einige waren zum ersten Mal dabei, so auch Physiotherapeutin Astrid Hausmann aus Olpe, die nicht nur für sich neues Wissen mitnehmen kann. „Auch meinen Patienten kann ich jetzt zusätzlich Tipps geben“, sagt sie. Dirk Heppe freut sich über die positive Resonanz und dass die Veranstaltung nach zwei Jahren Corona-Pause überhaupt wieder stattfinden konnte: „Die Leute sind froh, solche Angebote wieder annehmen zu können.“ Wie viel davon aber letztlich langfristig hängen bleibt, bleibt angesichts der anstehenden Weihnachtszeit abzuwarten. Doch auch Ingo Froböse weiß: „Selbst jeder Dominostein hat ein Vitamin.“

Die Rezepte zum Download gibt es auf der Seite „Koch dich fit“ bei dak.de.

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