Netphen. Zumindest in Netphener Dörfern bekam Adolf Stoecker keine Stimme mehr, als Gerhard Stötzel dort für den Reichstag kandidierte.

An der Stelle seines Geburtshauses wird die Stadt Netphen in Grissenbach mit einer neuen Station der stehenden Stadtführung an den Reichstagsabgeordneten Gerhard Stötzel erinnern, außerdem wird der bisher namenlose Platz im Verlauf der Straße In der Grissenbach nach ihm benannt. Diesen Antrag der SPD-Fraktion, der wiederum auf eine Initiative des Grissenbachers Wilfried Lerchstein zurückgeht, haben Kulturausschuss und Rat jetzt beschlossen. „Er war einfach ein Mann, der gute Ziele vertreten hat“, sagte Manfred Heinz (SPD) über den Sozialpolitiker der Zentrumspartei.

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Metalldreher aus Grissenbach fordert Krupp heraus

Geboren wurde Gerhard Stötzel am 4. Dezember 1835 in Grissenbach. Er lernte Metalldreher, vermutlich bei Irle in Deuz und zog – spätestens – 1861 mit seiner Familie nach Essen. Gerhard Stötzel wurde Soldat im Krieg gegen Frankreich 1870/71 und begann danach seine politische Laufbahn. Von 1877 bis zu seinem Tod 1905 gehörte er für die Zentrumspartei dem Reichstag an. In den Jahren 1893 bis 1898 verlor er seinen Wahlkreis an den Industriellen Friedrich Alfred Krupp. Stötzel war auch Abgeordneter des preußischen Landtags: ab 1885 für den Wahlkreis Koblenz-St. Goar.

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Gerhard Stötzel (1835-1905)
Gerhard Stötzel (1835-1905) © wilfried lerchstein | Wilfried Lerchstein

Seitenhieb auf Siegener Straßennamen-Debatte

Bei der Reichstagswahl am 16. Juni 1903 kandidierte Gerhard Stötzel auch für den Wahlkreis Siegen-Wittgenstein-Biedenkopf. „Bekannte Abgeordnete wurden von ihren Parteien regelmäßig nicht nur in einem Wahlkreis aufgestellt, in dem sie auch Siegeschancen hatten, sondern auch als Zählkandidaten in für sie aussichtslosen weiteren Wahlkreisen", berichtet Wilfried Lerchstein über seine weiteren Recherchen.

Die absolute Mehrheit erzielte im Hauptwahlgang Adolf Stoecker von der christlich-konservativen und antisemitischen Christlich-Sozialen Partei (CSP). Katholisch geprägte Orte wie Gernsdorf, Eckmannshausen, Helgersdorf, Irmgarteichen, Rudersdorf und Salchendorf hätten aber geschlossen für Gerhard Stötzel votiert. Stoecker bekam dort keine Stimme. Dass in Siegen jetzt die Umbenennung der Stoeckerstraße diskutiert werde, „war schon lange überfällig“, sagte Kulturausschussvorsitzender Manfred Schröder (UWG).

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