Siegen. Aktion Heimatputzen: Eine Gruppe Siegener hat die Nase voll vom vielen herumliegenden Abfall in der Stadt und greift selbst zu Zange und Müllsack

Würden die 100 Euro Bußgeld für jede weggeworfene Kippe eingezogen, Siegen könnte vermutlich deutlich einfacher ein neues Hallenbad bauen. Keine zehn Minuten brauchen Maik Waidmann und Gunter Affholderbach, um Dutzende Zigarettenstummel aufzuklauben; aus Fugen zu ziehen, aus dem Sand zu pulen. Auf weniger als vier Quadratmetern. Die Oberstadt, und nicht nur die, ist nur so gespickt mit Kippen, man muss nur hinsehen. Selbst wenn auf den ersten Blick alles sauber wirkt – im Gebüsch liegt immer noch mehr Müll. Immer. Waidmann und Affholderbach haben da inzwischen Erfahrung. Sie setzen sich dafür ein, dass Siegen sauberer wird: Aktion Heimatputzen (siehe unten).

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Seit dem Sommer ziehen sie durch Siegen und sammeln das auf, was andere Leute wegwerfen, gedanken- oder achtlos, vielleicht auch böswillig. Was aber alle betrifft, weil es irgendwer wegräumen muss. Das kostet im Zweifel Steuergeld. Und, längerfristiger, so etwas wie Ewigkeitskosten: weil Zigarettenstummel eben ziemlich lange brauchen, bis sie verrottet sind. Und bis dahin alle möglichen Stoffe ins Grundwasser absondern, die man lieber nicht trinken möchte. Neben Kippen finden sich am häufigsten Kronkorken, sagt Maik Waidmann, der kaum noch den Blick schweifen lassen kann, ohne irgendwo Müll zu entdecken. Hundekot, zwar oft in Plastikbeuteln, aber nicht im Mülleimer. Oder halt auch nicht in Plastikbeuteln. Oder auch nicht vom Hund, sondern von Menschen. Was die Frage nach Toiletten im öffentlichen Raum aufwirft. Babywindeln, Monteursanzüge, Scherben, Plastik, Corona-Masken – es findet sich immer was, leider.

Die Stadt Siegen ist dankbar für die Hilfe – der Müll nimmt Überhand

Es begann mit einem Blick aus seiner Wohnung, auf einen überquellenden Mülleimer, neben dem schon einiges an weiterem Unrat lag. Vielen dürfte das vom nächsten Containerstandort bekannt vorkommen. Maik Waidmann machte ein Foto, postete die Szenerie, fand schnell Gleichgesinnte wie Gunter Affholderbach, die ebenfalls jede Menge Orte kannten, an denen regelmäßig Müll herumliegt.

Das stank ihnen.

Maik Waidmann (links) und Gunter Affholderbach setzen sich zusammen mit anderen Freiwilligen für ein saubereres Siegen ein – zunächst noch in der Oberstadt.
Maik Waidmann (links) und Gunter Affholderbach setzen sich zusammen mit anderen Freiwilligen für ein saubereres Siegen ein – zunächst noch in der Oberstadt. © Hendrik Schulz

Und sie beschlossen, etwas zu ändern. „Wir sind schon noch eine sehr grüne Initiative“, sagt Waidmann, aber sie möchten die gesamte Bevölkerung ansprechen. Denn eine saubere Stadt gehe alle an. Alle zwei Monate, öfter schaffen sie derzeit noch nicht, ziehen sie mit ein bis zwei Handvoll Leuten durch Siegen und machen sauber. Stadtreinigung und Grünflächenabteilung stellen ihnen Depots für den Unrat. Die Abteilungen tun selber, was sie können, aber gegen die Müllmassen kommen sie letztlich nicht an. Jedenfalls nicht in dieser Detailtiefe. „Die freuen sich, dass wir etwas tun“, sagt Maik Waidmann, dem natürlich klar ist, dass auch sie die Stadt nicht sauber bekommen werden. Aber sie können Aufmerksamkeit schaffen für das Anliegen. Wenn sie nach dem Sammeln mit einem Bollerwagen voll gefundener Pfandflaschen, Glas und Plastik, und vielen vollen Müllsäcken durch die Alte Poststraße zogen und zum Abschluss nochmal auf ziemlich kleinem Raum ziemlich viele Kippen aufsammelten – das zeigte Wirkung.

Es liegt nicht an den Mülleimern – davon gibt es in Siegen eigentlich genug

Sie würden das gern öfter machen. Und mit mehr Leuten. Und nicht nur rund ums historische Rathaus, sondern an den Siegufern, unter der HTS, in Eiserfeld, Weidenau, Geisweid. „Wir kennen ja die Hotspots“, sagt Gunter Affholderbach. Müll liegt überall. „Es wäre super, wenn sich alle beteiligen.“ Je mehr Menschen mitmachen, desto besser. Das lasse sich auch politisch nutzen, am besten jenseits von Parteien: Für Hundekotbeutelspender mit Mülleimer drunter zum Beispiel. Gebe es nicht so viele in Siegen.

Rund um den Siegberg: Die Freiwilligen legen Routen fest und ziehen los, hier am Siegberg-Hang.
Rund um den Siegberg: Die Freiwilligen legen Routen fest und ziehen los, hier am Siegberg-Hang. © Privat | Aktion Heimatputzen

Es geht ihnen um ein Bewusstsein. Wenn jemand seine Kippe nicht mehr in die Gegend schnippt, ist ja schon etwas verbessert. Es sei ja keineswegs so, dass es in Siegen zu wenige Abfallbehälter gebe, sagt Gunter Affholderbach, im Gegenteil. Oft genug liegt Unrat im Gebüsch, auf dem Boden, unter der Bank, obwohl der Mülleimer direkt daneben steht. „Da denkt keiner drüber nach“, sagt Gunter Affholderbach und betrachtet den Sandkasten in der Fissmer-Anlage, der eigentlich mal dafür gedacht war, dass Kinder darin spielen. Würden sie heute weitersuchen, würden sie hier drin noch jede Menge Zigarettenstummel finden. Und Scherben. Und Kronkorken. Garantiert.

HINTERGRUND: Die Aktion Heimatputzen am Samstag in Siegen

Samstag, 17. September, ist „World Cleanup Day“ (etwa „Weltaufräumtag“, Red.) – und die Siegener Initiative „Aktion WasteX“, die im Umfeld des Grünen-Stadtverbands entstanden ist, beteiligt sich unter dem Motto „Heimatputzen – Siegener:innen packen’s an“. Weitere Helferinnen und Helfer sind willkommen. Inzwischen haben sich aber schon deutlich mehr Menschen ohne Parteizugehörigkeit registriert als solche mit, sagt Maik Waidmann.

Die Freiwilligen mit einem Teil der „Beute“: Samstag, 17. September, 13 Uhr, ist Treffen an der Löhrstraße 12 in der Siegener Oberstadt.
Die Freiwilligen mit einem Teil der „Beute“: Samstag, 17. September, 13 Uhr, ist Treffen an der Löhrstraße 12 in der Siegener Oberstadt. © Privat | Aktion Heimatputzen

Die Freiwilligen ziehen zwei Stunden, von 13 bis 15 Uhr, entlang vorher festgelegter Routen durch Siegen und sammeln Müll auf. Alle sind willkommen, hilfreich wäre eine Anmeldung auf heimatputzen.de, um die Aktion besser planen und Material besorgen zu können. Hier wird auch aktuell informiert, etwa wenn die Aktion wetterbedingt abgesagt werden muss.

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Treffpunkt ist die Löhrstraße 12 in der Siegener Oberstadt. Wer hat, kann gern eine Müllzange mitbringen, gute Hand- und feste Schuhe sowie ältere Kleidung sind ebenfalls ratsam. Wer verschmutzte Orte kennt: Auch hier sind die Freiwilligen sind für Tipps dankbar.