Siegen. In Siegen dürfen bald alle Badegäste „Oben ohne“ ins Wasser. Bürgermeister Mues zeigt sich überrascht von Beleidigungen „religiöser Fanatiker“.

Wenn der Rat am 14. September die neue „Haus- und Badeordnung“ beschließt, ist die Freibadsaison 2022 längst Geschichte. Das Oben-Ohne-Baden, das weiblichen Badegästen dann gestattet wird, wird dann erst einmal nur in den Hallenbädern möglich sein. Der Hauptausschuss hat jetzt einstimmig – bei Stimmenthaltungen von CDU und AfD – die Änderung der Vorschriften für den Badbesuch vollzogen.

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„Religiöse Fanatiker“ bedrängen den Siegener Bürgermeister

Der dritte Absatz im Paragrafen 5 ist der entscheidende. Dort wird dieser neue Satz hinzugefügt: „Dabei muss die Badebekleidung die primären Geschlechtsmerkmale vollständig bedecken.“ Marc Klein (CDU) unternahm den Versuch, diesen Satz zu streichen: „Die CDU kann mit dem Oben-Ohne-Unfug nichts anfangen.“ Noch Tage nach dem Ratsbeschluss am 15. Juni über den Volt-Antrag „Gleiche Brust für alle“, der von einer Mehrheit bei 20 Gegenstimmen gefasst wurde, hatte die CDU einen Fehler bei der Auszählung der Stimmen vermutet.

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„Mit bundesweiten Schlagzeilen hatte ich nicht gerechnet“, erinnerte Bürgermeister Steffen Mues an das Echo, das der Siegener Ratsbeschluss im Sommer hervorgerufen hatte. Und nicht nur Schlagzeilen: „Ich habe selten so viele Zuschriften bekommen – es war wirklich schrecklich.“ Die Inhalte seien „übermäßig beleidigend“ gewesen, „religiöse Fanatiker“ hätten sich geäußert: „Das hätte ich nicht erwartet.“ Brisanz habe er in dem Antrag ohnehin nicht gesehen: „Ich hatte immer gedacht, das wäre erlaubt.“ War es aber tatsächlich bisher anscheinend nur im Naturfreibad Seelbacher Weiher, das nicht von der Stadt, sondern vom Schwimmverein Neptun betrieben wird.

Kritik an Siegener CDU: Fraktion will Oben Ohne nicht akzeptieren

Verärgert zeigte sich Michael Groß (Grüne) über den Versuch der CDU, den Ratsbeschluss vom Juni zu kippen: „Das geht nicht.“ Auch Hans Günter Bertelmann (UWG) kritisierte diese „Missachtung eines Ratsbeschlusses“. Immerhin habe eine „klare Mehrheit“ sich für das Zulassen von unbedeckten Brüsten in den Bädern ausgesprochen, sagte Samuel Wittenburg (Volt). Wenn eine Fraktion dies nun hintertreibe, „schafft das hier ein ganz unangenehmes Klima“. Marc Klein (CDU) wies diese Kritik zurück: Schließlich sei es die Volt-Fraktion, die wiederholt das Verbot des Silvesterfeuerwerks beantrage, obwohl die Mehrheit dies ablehne.

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Das sei kein Vergleich, fand Michael Groß (Grüne), der ein weiteres Beispiel fand: „Bei den verkaufsoffenen Sonntagen haben das jahrzehntelang gemacht, bis wir eine Mehrheit hatten.“ Tatsächlich sei es zulässig, drei Monate nach einem ablehnenden Ratsbeschluss dasselbe Thema erneut auf die Tagesordnung zu heben. „Dann können wir uns ja noch einmal bundesweit lächerlich machen.“ Aktuell gehe es aber nur um die Umsetzung des Ratsbeschlusses, die Badeordnung zu ändern.

Handys am Beckenrand sind nun in Siegener Bädern verboten

Christian Sondermann (GfS) regte an, „das Thema zu beenden“; die Kritik der CDU an dem „Unfug“ könne er „nur unterstreichen“. Das sei kein „Unfug“, widersprach Julia Shirley (Grüne), die bei dieser Gelegenheit die Anwendung geschlechtergerechter Sprache in der neuen Badeordnung lobte. Die CDU habe sich an der Debatte im Juni nicht beteiligt, ihr nachträgliches Vorgehen sei „nicht die feine Art“. „Man muss auch verlieren können“, tröstete Henning Klein (Linke) die CDU, über deren Antrag der Hauptausschuss dann gar nicht mehr abstimmte.

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Neben der neuen Bestimmung zur Badebekleidung enthält die Badeordnung nun auch ein Verbot, „mobile Endgeräte“ wie Telefone, Tablets oder Kameras in den Schwimmbecken oder am Beckenrand mitzuführen. Bisher galt nur ein Film- und Fotografierverbot „fremder Personen“.

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