Siegen. Die Stadt Siegen will 1,5 Abstellplätze für Fahrräder pro neu gebauter Wohnung festschreiben. Den Grünen ist das zu wenig, der IHK zu viel.

Die Stadt legt großen Wert auf Fahrradstellplätze. 1,5 Einheiten pro Wohnung sollen künftig bei Neubauten vorgehalten werden, so sieht es die Stellplatzsatzung vor, über die der Rat am 14. September final entscheidet. Mit dem Maßnahmenpaket, das etwa auch den Verkehrsfluss an Wohnstraßen verbessern soll – dort parken in Siegen häufig Autos – soll die Mobilitätswende in der Stadt vorangetrieben werden.

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1,5 Stellplätze für Fahrräder – den Grünen ist das zu wenig. In einer Wohnung, in der vier Personen leben, „kommen sie nicht hin“, sagte Joachim Boller im Bauausschuss. Seine Fraktion schlägt vor, die Zahl der Fahrrad-Stellplätze ab 50 Quadratmeter Wohnungsgröße zu erhöhen; je 30 m2 zusätzlicher Wohnraum ein Stellplatz mehr. Das sei nachvollziehbar, so Stadtbaurat Henrik Schumann und gab zu bedenken: „Wir kommen von Null. Mit 1,5 haben wir schon relativ viel erreicht.“ Noch mehr Stellplätze verbrauchten mehr Platz und kosteten auch mehr Geld. Diese Satzung sei bereits eine deutliche Verbesserung, auch im Vergleich mit anderen Kommunen. Schumann verwies außerdem darauf, dass Stellflächen überall reduziert werden können – bei Fahrrädern aber nicht. Zudem werde Spielraum gelassen für individuelle Konzepte.

Fahrradstellplätze: „Aus Sicht der IHK Siegen offenbar eine Zumutung“

Beispiel Mehrfamilienhaus mit sechs kleineren und zwei größeren Wohnungen: Dort lebten auch Singles, die eben nur einen Stellplatz benötigten, der übrige halbe schaffe Luft. Abstellflächen – Keller oder Nebenräume etwa – sind dabei nur in Ausnahmen für Fahrräder zulässig. „Aus Sicht der IHK ist die Satzung offenbar eine Zumutung, für die Grünen reicht’s nicht“, seufzte Schumann. „Wir waren der Meinung, wir hätten einen guten Kompromiss gefunden.“

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Die Kammer hatte unter anderem die fehlende Ablösemöglichkeit kritisiert, zu starre und unflexible Vorgaben wirkten sich demnach investitionshemmend aus und seien zu vermeiden. Eine pauschale Festsetzung von Fahrradabstellplätzen für Unternehmen sei nicht zielführend. „Ein guter Kompromiss ist, wenn von allen Seiten gemeckert wird, das ist wohl im Siegerland so“, flachste Thomas Christian (SPD). Zumal die Satzung nicht für 20 Jahre festgeschrieben sei: „Wenn sich die Verkehrssituation nicht wie gewünscht entwickelt, kann man nachbessern.“

Siegener AfD-Fraktionschef: Drei Autos und 15 Fahrräder „und brauche jedes einzelne“

Joachim Boller blieb dabei: Bis 50 m2 bleibe es ja auch wie vorgeschlagen, es gehe um größere Wohnungen mit mehr Bewohnern, Familien oder WGs. „Wir brauchen die Infrastruktur auch da, wo die Menschen wohnen, Fahrräder müssen zugänglich und schnell einsatzbereit sein.“ Ein Fahrrad pro Person sei ja noch zurückhaltend: Es gebe durchaus Leute, die zehn Fahrräder besäßen und genau begründen könnten, warum sie jedes einzelne davon benötigen.

„Ich habe drei Autos und 15 Fahrräder und brauche jedes einzelne davon“, sagte Michael M. Schwarzer (AfD), auch er kämpfe in seinem Haus mit dem Platz. Es sei aber ein Unterschied, schlug er sich auf die Seite der IHK, ob der freie Markt so etwas regle oder ob es staatlicherseits gefordert werde. Bauherren versuchten solche Auflagen dann im Zweifel zu umgehen oder würden eben gar nicht investieren. „Den Bedarf zu decken, liegt im Interesse des Investors. Wir können aber nichts fordern, was die Investitionsbereitschaft schmälert.“

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Der Antrag der Grünen zur Aufstockung der Fahrrad-Stellplätze wurde abgelehnt, die Vorlage bei vier Enthaltungen angenommen.