Wittgenstein. Wittgenstein: Ab September müssen Bewohner einiger Altenheime mehr Miete zahlen – und das hat wenig mit gestiegenen Energiekosten zu tun.
Lebensmittel, Sprit, Nebenkosten – es gibt kaum etwas, was derzeit nicht teurer wird. Die Energiekrise hat unser Leben derzeit in vielen Bereichen voll erwischt. Hinzu kommen für viele Arbeitgeber nun höhere Personalkosten hinzu – unter anderem im Pflegebereich. Doch wie schaut es in den Seniorenheimen der Region aus? Werden auch hier die Mieten demnächst aufgrund der Energiekrise oder erhöhten Personalkosten steigen? Die Redaktion hat sich einmal umgehört.
In Wittgenstein gibt es gleich mehrere Pflegeheime – eines von ihnen steht in unmittelbarer Nähe der Bad Laaspher Innenstadt: Die Seniorenresidenz Curavie wurde erst vor wenigen Monaten feierlich eröffnet, die ersten Bewohner sind bereits eingezogen. Ist hier auch die Energiekrise bereits Thema? „Natürlich ist es Thema – allein schon bei den Bewerbern. ,Kann ich mit dem Rad zur Arbeit fahren oder gibt es eine Busverbindung’ werden des Öfteren nachgefragt“, so Susanne Thon, Geschäftsführerin der Curavie. Die Bewohner aber sind von den gestiegenen Energiepreisen derzeit noch nicht betroffen. „Die Unterkunft wird dadurch nicht teurer“, sagt Thon. Denn: Die Kosten für die Unterkunft werden im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen mit den Pflegekassen bestimmt.
Das Tariftreue-Gesetz
Was jedoch die Bewohner ab dem 1. September merken, sind die gestiegenen Personalkosten. Insgesamt 300 Euro müssen die Bewohner dann pro Monat mehr zahlen. „Natürlich gönne ich den Mitarbeitern mehr Lohn für ihre tolle Arbeit, aber 300 Euro mehr sind für die Bewohner nicht wenig“, erklärt die Geschäftsführerin der Curavie. „Doch wenn wir die Tariftreue halten wollen, dann müssen wir diesen Schritt gehen.“ Im Vorfeld wurden die Angehörigen und die Bewohner über diesen Schritt informiert.
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Dabei fällt die Kostensteigerung im Falle der Curavie noch verhältnismäßig gering aus, wie die Angaben des Arbeitgeberverbandes Pflege (AGVP) gegenüber der Westfalenpost (21. August) zeigen. Demnach ist in manchen Pflegeheimen eine Kostensteigerung für Pflegebedürftige „von 600 bis 1000 Euro pro Monat“ zu beobachten. Der Grund: Wie der Katholische Nachrichten dienst (kna) mitteilt, können ab dem 1. September nur noch diejenigen ambulanten und stationären Träger von Pflegeeinrichtungen mit der Pflegeversicherung abrechnen, die ihre Angestellten tarifgebunden zahlen. „Mit dem noch von der großen Koalition verabschiedeten Gesetz zur Tariftreue wollte die Bundesregierung den Pflegeberuf attraktiver machen und der unterdurchschnittlichen Bezahlung entgegenwirken. Konkret müssen die Pflegeeinrichtungen künftig mit ihren Angestellten selbst einen Tarifvertrag aushandeln oder in Höhe eines vergleichbaren Tarifvertrags bezahlen“, so kna.
Die Situation im Haus Ederhöhe
Das betrifft unter anderem auch das Haus Ederhöhe. „Ab dem 1. September sind wir gesetzlich verpflichtet, alle Mitarbeiterin der Pflege nach Tarif (in unserem Hause wird es in Anlehnung an den TVÖD sein) zu entlohnen. Allein dieser Entwicklungsschritt - der von allen als überfällig bezeichnet wird – wird eine deutliche Steigerung der Heimplatzkosten zur Folge haben“, erklärt Rembert Rauchbach von der Stiftung Ederhöhe.
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Diese Kostensteigerung werde zwar durch steigende Zuschüsse der öffentlichen Hand etwas kompensiert, „dennoch wird es kurzfristig zu erheblichen Mehrbelastungen für die Heimbewohner kommen, weil eine spürbare Entlastung durch die Zuschüsse erst nach zwei bis drei Jahren Aufenthalt im Heim einsetzen wird. Bei uns liegt der persönlich zu tragende Eigenanteil derzeit bei ca. 2500 Euro. In Zukunft wird er bei ca. 3000 Euro liegen. Wie die Kostensteigerungen bei den Sachkosten abgefangen werden können,wissen wir zurzeit noch nicht. Wer nicht über ausreichende Reserven verfügt, wird es nicht leicht haben.“
Keine Auswirkungen auf Einrichtungen des Ev. Johanneswerkes
Die Einrichtungen des Ev. Johanneswerkes – zu denen auch das Haus am Sähling und das Friederike-Fliedner-Haus gehören – sind davon nicht betroffen. „Das Tariftreuegesetz bindet insbesondere Altenpflegeträger ohne Tarifierung höhere Löhne zu zahlen. Hierzu gehört das Ev. Johanneswerk nicht. Diese Anpassungen werden die Zuzahlungen zukünftig deutlich erhöhen, weil auch diese Kosten an den Pflegebedürftigen weiter gegeben werden. Eine Folge wird die notwendige Nutzung der Kommunen sein, die über ergänzende Sozialhilfe hier einspringen wird. Somit kommen auf die Pflegebedürftigen im Johanneswerk keine mit dem Tariftreuegesetz verbundenen Mehrkosten zu“, so Dr. Claudia Schröder, Pressesprecherin des Ev. Johanneswerkes.
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„Die Gesamtkosten setzen sich aber zusammen aus Kosten für den pflegebedingten Aufwand inkl. Ausbildungsumlage sowie den Kosten für die Unterkunft und die Verpflegung. Die Preissteigerungen im Bereich Lebensmittel und Energie werden wir weitergeben müssen. Einen konkreten Prozentsatz können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht benennen, da wir noch Verhandlungen mit den Pflegekassen und Sozialhilfeträgern führen.“