Siegen-Wittgenstein. Eine Hiobsbotschaft folgt auf die nächste: Jedes elfte Unternehmen trägt sich mit Abwanderungsgedanken.
,,Der Auftragseingang ist rückläufig, die Erträge sinken und die steigenden Energiepreise belasten die Perspektive mittlerweile erheblich. Man kann die Unsicherheit in weiten Teilen der heimischen Wirtschaft fast mit Händen greifen. Dies vor allem auch deswegen, weil beinahe im täglichen Wechsel eine Hiobsbotschaft die nächste ablöst.“ Mit diesen Worten kommentiert lHK-Präsident Walter Viegener die wesentlichen Ergebnisse einer aktuellen IHK-Blitzumfrage, an der sich 206 Unternehmen aus Industrie, Großhandel und Baugewerbe beteiligten.
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Energie- und Kraftstoffpreise existenzbedrohend
44 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass sich ihre Ertragslage in den vergangenen Monaten verschlechtert habe, nur jedes Fünfte berichtet über eine Verbesserung. Auch der Blick in die Zukunft fällt verhalten aus, um es vorsichtig zu formulieren. 58 Prozent der Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten eine weiter verschlechterte Ertragslage, lediglich acht Prozent sehen Chancen für bessere Geschäfte. Innerhalb der Industrie ist die Gesamteinschätzung noch verhaltener. Hier erwarten drei von fünf Unternehmen eine Verschlechterung der Ertragslage.
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IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: ,,8 Prozent der befragten Firmen geben an, dass die gestiegenen Energie- und Kraftstoffpreise bereits ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen haben. Hinzu kommt: Innerhalb der Industrie erwarten neun von zehn Unternehmen ernsthafte Engpässe bei der Gasversorgung. Beides ist mehr als alarmierend.“ Interessant in diesem Zusammenhang: Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Krieges werden von der heimischen Wirtschaft gravierender eingeschätzt als die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dies geben mit 63 Prozent fast zwei Drittel der befragten Unternehmen an.
Walter Viegener: „Eine große Mehrheit von 83 Prozent der Firmen sieht denn auch in dauerhaft hohen Energie- und Kraftstoffpreisen das größte Risiko für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung. Daneben werden vor allem instabile Lieferketten und Engpässe bei Rohstoffen sowie Vorprodukten als gravierendes Risiko verortet (76 Prozent).“ Es folgen Sorgen um eine dauerhaft hohe Inflationsrate (57 Prozent) und eine weitere Verschärfung der kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine (47 Prozent).
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Corona schreckt die Unternehmen nicht mehr
Beinahe verschwindend gering erscheinen demgegenüber die sieben Prozent der Unternehmen, die in steigenden Corona-Infektionszahlen noch ein erhebliches Risiko der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung sehen. Walter Viegener: ,,Dieses Ergebnis überrascht schon ein wenig. Die erdrückende Mehrheit der Firmen vertritt offenbar die Auffassung, die Wirtschaft werde dauerhaft mit dem Virus leben müssen und habe ihre Prozesse und Verfahren mittlerweile hierauf ausgerichtet.“
Ein weiteres Ergebnis der Umfrage ist indessen alarmierend. Jedes elfte Unternehmen zieht auf Grund der hohen Energie-und Kraftstoffpreise Standort- oder Teilverlagerungen konkret in Erwägung. Innerhalb der Industrie ist es sogar jedes neunte Unternehmen, das hierüber ernsthaft nachdenkt. Hierin dürfte auch zum Ausdruck kommen, dass in der Industrie 61 Prozent der Unternehmen angeben, zumindest kurz- und mittelfristig nicht auf andere Energieformen als Gas umsteigen zu können.
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Klaus Gräbener: ,,Kommt es zu einer ernsthaften Versorgungskrise, kommen gerade auf energieintensive Unternehmen mit übersichtlichen Ertragsmargen Probleme zu, die alles andere als aus Pappe sind. Die höchsten Strompreise in Europa, explodierende Kosten für die Gasversorgung und anhaltend hohe Unternehmenssteuern – all das passt nicht zusammen. Kühe, die man melken will, muss man füttern.“ Die rasant steigenden Lebenshaltungskosten belasten einen Großteil der Bevölkerung immer stärker.
Sonderzahlungen an Mitarbeiter
Die IHK fragte die Unternehmen, wie sie innerbetrieblich gegenüber ihren Mitarbeitern mit der anhaltend hohen Inflation umgehen. Das Ergebnis ist bemerkenswert: 17 Prozent der befragten Firmen haben ihren Mitarbeitern bereits freiwillige Sonderzahlungen gewährt, um für einen gewissen Inflationsausgleich zu sorgen. Weitere 43 Prozent der Firmen ziehen Sonderzahlungen in Erwägung oder haben andere Maßnahmen ergriffen, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen.
Klaus Gräbener: ,,Mehr als bedauerlich ist allerdings, dass an solchen Sonderzahlungen nach wie vor der Staat mitverdient. Für etliche Firmen, die bisher auf Entlastungsmaßnahmen verzichteten, ist dies ein besonderes Ärgernis. 68 Prozent von ihnen zögen freiwillige Sonderzahlungen in Erwägung, wenn diese steuer- und abgabenfrei wären. Der Staat könnte also mit wenig Aufwand sicherstellen, dass den Arbeitnehmern erhebliche Finanzmittel zufließen, wenn er dabei auf seinen eigenen Hinzuverdienst verzichtet. Dass die Bundesregierung dies nicht längst in die Wege geleitet hat, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar.“
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