Siegen. Die Gasumlage steht fest, jetzt kommt die Rechnung von den SVB. Der Mieterbund rät, schnell den Kontakt zum Vermieter zu suchen.

Die Erdgaskosten haben sich im Vergleich zum Vorjahr zwischenzeitlich verfünffacht. Mit der neuen Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde Gas, müssen sich Haushalte nun ab Oktober auf neue Zusatzkosten einstellen. Siegener Versorgungsbetriebe, der Energiekonzern E.ON und der Deutsche Mieterbund Siegerland und Umgebung raten zur Vorsorge.

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Mittlerweile klingelt das Telefon im Haus des Deutschen Mieterbunds in Siegen täglich. „Viele Mitgliedern sorgen sich über die steigenden Kosten“, erklärt Geschäftsführer Marco Karsten. Der Verein berät die Betroffenen bei ihren Mietangelegenheit und klärt sie über ihre Rechte gegenüber dem Vermieter auf. „Die Gasumlage ist ein Problem“, sagt Marco Karsten. Dennoch wird sie benötigt: Die Bundesregierung erklärt auf ihrer Website, dass der Krieg Russlands gegen die Ukraine die deutschen Gasimporteure zwingt, anderweitig Ersatzgas zu kaufen. Um eine Versorgungssicherheit zu garantieren und den Zusammenbruch der Unternehmen und des Gasmarkts zu verhindern, müssen sie die Zusatzkosten an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben werden. „Viele Geringverdiener können das finanziell nicht mehr stemmen. Es müssen Entlastungsmaßnahmen einberufen werden“, sagt Marco Karsten. „Die Menschen brauchen Unterstützung. Die 300 Euro Energiepauschale reicht bei weitem nicht aus, die Mehrkosten zu decken.“

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Das machen die SVB

Die erwartete Botschaft der mehrheitlich stadteigenen Siegener Versorgungsbetriebe (SVB) wurde am Freitag veröffentlicht: Der Grundversorgungstarif steigt zum 1. Oktober um etwa sechs Cent auf 23,15 Cent bei Jahresverbräuchen bis zu 2000 Kilowattstunden und auf 21,36 Cent bei höheren Verbrauch. Im Bundesvergleich sei diese Anhebung um 30 bis 40 Prozent noch „eher moderat“, sagt Thomas Mehrer, Geschäftsführer der SVB, im Gespräch mit dieser Zeitung. Bei einem Jahresverbrauch von etwa 13.000 Kilowattstunden entstehen so Mehrkosten von 75 Euro im Monat, wenn die neu eingeführte Gasumlage dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent unterliegt. Oder von 50 Euro, wenn der Mehrwertsteuersatz vorübergehend auf sieben Prozent reduziert wird. Die Kunden mit auslaufenden Festpreis- und anderen Verträgen werden am November mehr bezahlen müssen.

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In den nächsten Tagen bekommen die Kunden der Grundversorgung Post: mit dem Angebot, zum Jahreswechsel auf einen Festpreisvertrag umzusteigen, der bis Ende 2023 garantiert wird. Und mit der Empfehlung, den monatlichen Abschlag zu erhöhen. „Jeder, der die Möglichkeit hat, sollte Vorsorge treffen“, rät Thomas Mehrer. Die Festpreisgarantie ist auf den Beschaffungspreis der SVB begrenzt – wenn der Staat die auf den Gaspreis draufgesattelten Umlagen erhöht, müssen diese von allen Kunden bezahlt werden. Wenig ist das nicht: Von der jetzigen 6-Cent-Erhöhung bleiben zwei Cent bei den SVB. Der Rest geht auf das Konto von Gas-, Speicher-, Bilanzierungs- und Konsolidierungsumlagen. „Die Summe ist stattlich.“ Dass dagegen Konzerne wie RWE die Gasumlage nicht weitergeben, hat einen nachvollziehbaren Grund: Der Strom- und Gaserzeuger verdient gerade ziemlich gut...

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Preise werden weiter steigen

Thomas Mehrer rechnet damit, dass die Umlagen zu den nächstmöglichen Terminen weiter steigen. Denn die mit der neuen Gasumlage zu stützenden „Ersatzbeschaffungskosten“ (für nicht geliefertes russisches Gas), die jetzt schon zehn Mal so hoch seien wie im Dezember 2021, „werden im Winter höher sein als heute.“ Zunächst besonders hart treffen wird es Gaskunden, die ihren Lieferanten gerade verlieren und deshalb zum Siegener Netzbetreiber zurückkehren. Sie werden zunächst den „Ersatzversorgungstarif“ bezahlen müssen, sollen aber dann ebenfalls ein Festpreisangebot bekommen.

Das macht E.ON

Auch E.ON berät in diesem Bereich ihre Kundinnen und Kunden seit Längerem auf verschiedenen Kanälen. Das beste sei, „jetzt schon vorzusorgen, die eigenen Abschlagszahlungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu erhöhen“, sagt Christian Bretschneider, Pressesprecher von E.ON. So können mögliche Nachzahlungen in den nächsten Jahresrechnungen abgemildert werden. Die Höhe der Abschlagsanpassung sei dabei aber von der individuellen Verbrauchs- und Vertragssituation abhängig. Energiesparen ist hingegen für jeden möglich und von Vorteil: „Um die aktuelle Situation zu bewältigen, müssen Gesellschaft, Politik und Unternehmen zusammenstehen. Energiesparen ist dabei ein entscheidender Hebel“, sagt Christian Bretschneider. Der reduzierte Energieverbrauch soll den Geldbeutel entlasten und zur Versorgungssicherheit besteuern.

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Das empfiehlt der Mieterbund

Der Deutsche Mieterbund Siegerland empfiehlt Mietern, ihr Geld zu sparen oder die Vorauszahlungen zu erhöhen – „hängt davon ab, wie die Leute finanziell aufgestellt sind“, erklärt Marco Karsten. Zunächst sollte der Kontakt zum Vermieter gesucht werden, um frühzeitige Informationen von Kostenanpassungen einplanen zu können. Die Erhöhung der Vorauszahlung ist freiwillig und kann demnach nicht vom Vermieter erzwungen werden. Marco Karsten rät den Leuten „80 Cent pro Quadratmeter auf die Seite zu legen“. Der dynamische Markt mache es aber schwierig, genaue Einschätzungen zu liefern.

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Mit den unterschiedlichen Gebäudevoraussetzungen variiert auch der nötige Energieverbrauch. Ein Problem sei dabei, dass Menschen mit geringerem Einkommen meist auch in schlecht isolierteren Wohnungen oder Häusern leben und somit fürs Heizen mehr Energie aufbringen müssen. Marco Karsten schätzt für Menschen in gut ausgestatteten Gebäuden auf Kosten zwischen 30 bis 90 Cent pro Quadratmeter. In schlechteren Verhältnissen können die Kosten auf bis zu 1,20 bis 3,50 Euro pro Quadratmeter ansteigen. In Kombination mit den steigenden Strom- und Lebensmittelkosten führe dies besonders bei Rentnern mit geringem Einkommen und Menschen aus dem Niedriglohnsektor zu „ernsthaften Sorgen“, sagt Geschäftsführer Marco Karsten.

Beispiel: Für einen Haushalt mit Gastherme in einer 63 Quadratmeter großen Wohnung, sind die Vorauszahlungen von 67 Euro auf 120 Euro gestiegen. Dabei sei die „realistische Preissteigerung nicht eingepreist“, erklärt Marco Karsten vom Deutschen Mieterbund Siegerland. Für das nächste Jahr schätze er auf monatliche Kosten von bis zu 300 Euro.

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