Kreuztal. Die gebürtige Kreuztalerin Katharina Afflerbach hat ihr Leben neu geordnet – und kommt darüber mit einem großen Publikum ins Gespräch.

Sie war Marketingleiterin bei jener Reederei, deren Kreuzfahrtschiff Costa Concordia vor zehn Jahren gekentert ist. Katharina Afflerbach ist aus dem Beruf ausgestiegen, in Schweiz auf die Alp gegangen, hat sich als Texterin und Beraterin selbstständig gemacht, schreibt Bücher: zuerst über ihre „Bergsommer“, so heißt ihr Bestseller von 2019. Dann über Tod und Verlust: „Manchmal sucht sich das Leben harte Wege“, ein Band, in dem Katharina Afflerbach 2021 über eigene Erfahrungen und die Erfahrungen von Freunden und Bekannten mit Tod und Trauer berichtet, vor allem aber auch über gute und weniger gute Formen von Anteilnahme. Und manchmal treffen alle diese Welten an einem Ort zusammen.

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Ausgebildete Wanderführerin

Ende Mai, Anfang Juni, war sie wieder auf der Alp, direkt zu Beginn eines kurzen, dreiwöchigen Bergsommers bei ihrer Familie Aeby. Seit 2014 kennen sie sich: die Landwirtsfamilie im Kanton Bern, die für den kurzen Sommer aus dem Tal auf die Alp übersiedelt, nach Zehndervorsass, Und die in Kreuztal aufgewachsene Autorin, die sonst in Köln wohnt. Die Kinder sind groß geworden, der älteste Sohn lernt jetzt selbst Landwirt, wird eine Anstellung suchen müssen – denn der kleine elterliche Betrieb ernährt keine Familie, weshalb der Vater im Winter seinem zweiten Beruf als Zimmermann nachgeht. „Die machen jedes Abenteuer mit“, erzählt Katharina Afflerbach, die auch diesmal wieder Kühe gemolken und Zäune gebaut hat. „Da kannst du nicht einfach zum Urlaubmachen hinfahren.“ Die Aebys leben gern damit, dass ihre Sommer-Sennerin nicht nur allein kommt. Zuletzt war ein Fernsehteam des SWR dort und eine Reporterin für die Frauenzeitschrift Tina. Die „Bergsommer“ sind auf großes Interesse gestoßen.

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Die Frau aus der Großstadt bringt die große weite Welt in die Schweizer Berge? Nein, so ist es nicht. „Ich habe dort unglaublich viel gelernt“, sagt Katharina Afflerbach. Zum Beispiel, dass sorgsam konzipierte Tages-, Wochen- oder gar Lebensläufe wenig wert sind. „Wenn du mit den Elementen aus der Natur arbeitest, kannst du nichts vorplanen.“ Existenziell die Erfahrung von Endlichkeit, als während des dritten Bergsommers ihr Bruder Florian bei einem Verkehrsunfall in Siegen ums Leben kommt – auch diese Trauer fand Platz im Buch und auf der Alp. Dort, erkennt Katharina Afflerbach, sind die Menschen „viel dichter am Leben und Sterben“. Schmerz und Trauer sind auch dort tief. „Aber sie sind einfach gewahrer, dass wir nicht hier sind, um dauerhaft glücklich zu sein. Sie wissen einfach, dass wir nur zu Besuch sind.“

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In eine Woche über die Alpen

Mitte Juli hat sie die Alpen überquert. Innerhalb einer Woche vom Königssee bei Berchtesgaden zu den Drei Zinnen in den Dolomiten, mit 1000 bis 1400 Höhenmetern am Tag, zu neun Leuten und mit einem Guide. Katharina Afflerbach, heute 45 Jahre alt, vergleicht mit dem Jahr 2008, als sie von Oberstdorf nach Meran gegangen ist, völlig gestresst rübergerannt“, er zählt sie, „ich war eigentlich gar nicht mehr in der Natur.“ Und heute? „Ich bin viel fitter, aufmerksam, habe das genossen.“ Etwas von dieser Art des bewussten Lebens will sie in Trainings auch anderen Menschen vermitteln. Ihre eigene Wanderführer-Ausbildung hat sie gerade abgeschlossen. Lawinenkunde und Schneeschuhwandern standen beim dritten Lehrgang im Salzkammergut auf dem Plan.

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Nicht, dass dieses erlebnisreiche Leben einfach so zugeflogen käme. „Jede Herausforderung erwischt mich als Selbstständige unmittelbar“, deutet Katharina Afflerbach an, dass sie – materiell – nicht mehr selbstverständlich aus dem Vollen schöpft. „Das macht es auch anstrengend.“ Als Corona ausbrach, verfasste sie für ihre Kunden in der Hotellerie nicht mehr Werbe-, sondern Stornotexte. Gerade spürt sie, die Touristikerin, dass die Sehnsucht der Menschen nach Urlaub unbändig ist, „auch wenn die Wälder brennen.“ Das Leben ist eben endlich. Mit ihren „Dinners for Life“ – oft Käsefondues – lädt sie einander unbekannte Menschen zu sich nach Hause ein, die sich auf den Austausch miteinander einlassen und zugleich wechselnde gute Zwecke unterstützen, demnächst zum 33. Mal. „Ich habe schon fast 10.000 Euro Spendengeld gesammelt.“ Im Winter wird wohl eher wieder gewandert statt diniert. Wegen der Pandemie.

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Lesereise im September

Im September geht Katharina Afflerbach auf Lesereise. Den Veranstaltern hat sie die Wahl gelassen. "Bergsommer“ oder „Manchmal sucht sich das Leben harte Wege“. Die meisten habe sich – zur Freude und Überraschung der Autorin – für das Buch über Verlust und Trauer entschieden. „Ich wurde von der Resonanz positiv überrascht. Viele Gäste suchten danach noch das Gespräch.“ In Hilchenbach, bei „Bücher buy Eva“, wird sie am 21. September aus dem Buch über ihre Bergsommer lesen. In der Stadtbibliothek Kreuztal geht es am 22. September um Tod und Trauer. Dort werden Spenden für die Kinder- und Jugendhospizarbeit gesammelt, und eine ehrenamtliche Hospizmitarbeiterin wird berichten, wie sie einen Menschen auf dem letzten Abschnitt seines Lebens begleitet hat.

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