Dreis-Tiefenbach. Schneider’s Bäckerei aus Netphen setzt auf eine Mischung aus Tradition und Moderne. Sie hat mit mehreren Herausforderungen zu kämpfen.
Das Bäckerhandwerk verändert sich: Backwaren sind vielerorts zum „Ramsch-Artikel“ geworden, Discounter verkaufen sie für wenig Geld. Echtes Handwerk steckt in der Industrie schon lange nicht mehr dahinter. Anders läuft es bei Schneider's Bäckerei in Dreis-Tiefenbach: „Automatisierungen werden nur dort eingesetzt, wo die Qualität des Produktes nicht beeinträchtigt wird“, betont Philipp Schneider, geschäftsführender Gesellschafter der Großbäckerei. Ansonsten passiert viel von Hand. CDU-Mitglieder aus Netphen besichtigten nun Schneider's Bäckerei und erfuhren, womit sie zu kämpfen hat.
Schneider’s Bäckerei in Netphen: Das sind die Trends
„Brot ist ein rückläufiges Thema für Bäcker“, berichtet Philipp Schneider. Der Brotkonsum sinke. Allein darauf setzt das Netphener Unternehmen daher schon lange nicht mehr. Es produziert Snacks, Kuchen, Torten, hat vielerorts großräumige Cafés geschaffen, in denen Kundinnen und Kunden gemütlich einen Kaffee trinken können. „Das Ernährungsverhalten hat sich verändert“, erklärt Philipp Schneider. Nicht alle Kinder bekämen mehr ein Brot für die Schule geschmiert, sondern würden stattdessen oft fünf Euro in die Hand gedrückt bekommen, um sich selbst etwas zu besorgen.
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Hinzu kommen wechselnde Trends: Vor Kurzem sei das Thema „Dinkel“ ganz groß gewesen, davor hätten viele ein Eiweißbrot haben wollen, so Philipp Schneider. Ein Teil des Angebots wechselt, der Großteil bleibt immer im Sortiment. „Das Siegerländer Schwarzbrot ist einer unserer Topartikel – mit weitem Abstand“, sagt Philipp Schneider.
Netphen: Mit diesen Herausforderungen hat Schneider’s Bäckerei zu kämpfen
Die 1957 gegründete Bäckerei möchte den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht werden, aber gleichzeitig die Tradition und Herkunft ihres Handwerks nicht über Bord werfen. Das kann mitunter zum Drahtseilakt werden. Der größte Wettbewerber seien nicht die regionalen Bäckereien um sie herum, erklärt Philipp Schneider. Sie alle hätten die gleichen Probleme und Sorgen. „Der größte Wettbewerber ist die Industrie. Sie kann uns schaden.“
Dritte Generation
Über 700 Mitarbeiter habe Schneider’s Bäckerei durch die Übernahme der Bäckerei Hampe (wir berichteten) nun, vorher waren es 625, erläutert Philipp Schneider. Sie bedient inzwischen 53 Standorte.
Viele traditionelle Rezepte hat die Bäckerei, die in der dritten Generation betrieben wird, in die heutige Zeit transportiert, heißt es seitens des Unternehmens. „Was wir aber sicher nicht neu interpretieren werden, ist unsere Liebe zum Bäckerhandwerk.“
Was übrig bleibt oder zurückgegeben wird, wird an drei verschiedene Lebensmittelretterorganisationen weitergegeben, betont Philipp Schneider. „Der Rest wird Tierfutter oder Biogas.“ Letzteres verbraucht die Großbäckerei nicht selbst, sondern ihr Kooperationspartner im Ruhrgebiet.
Auch das Netphener Handwerksunternehmen merkt, dass in der derzeitigen krisengeprägten Zeit zuallererst an Lebensmitteln gespart wird, so der geschäftsführende Gesellschafter. Und wie alle in der Branche hätten auch sie Probleme, Nachwuchskräfte zu finden. „Die Personalfindung ist herausfordernd“, sagt Philipp Schneider. Viele junge Menschen würden auf „die Unis getrieben“. In der vergangenen Zeit sei die Wertigkeit der Ausbildung im Handwerk auch „nicht so nach vorne gebracht worden, wie es hätte sein sollen“. Die Wertigkeit einer Lehre in Industrie und Handwerk müsse wieder betont werden, unterstreicht Philipp Schneider.
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Und auch die steigenden Preise wird Schneider's Bäckerei zu spüren bekommen, wenn ihre derzeitigen Verträge auslaufen, so Philipp Schneider. 1500 Tonnen Getreidesorten verbraucht sie in einem Jahr. „Wir haben in Deutschland eine Versorgungssicherheit, aber wir hängen an den Weltmärkten“, sagt Philipp Schneider. Wenn der Preis für das Getreide steigt, würde es natürlich auch sein Betrieb merken. Dasselbe gelte beim Thema Gas. Notfall-Pläne werden auch in Netphen diskutiert.
Schneider’s Bäckerei in Netphen: So läuft der Betrieb
In Dreis-Tiefenbach hat sich das Handwerksunternehmen vor einigen Jahren einen modernen Betrieb aufgebaut. Herzstück ist natürlich die Teigmacherei. „Wir haben selbstgezogene Sauerteige mit langen Ruhezeiten“, erläutert Philipp Schneider.
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Darüber hinaus teilt sich die Produktion in Bereiche für Feingebäck, Spezialbrötchen (Körnerbrötchen und mehr) und Brot auf. Gearbeitet wird im Zweieinhalbschichtbetrieb. Verarbeitet werden unter anderem 1500 bis 1800 Plunder-Teilchen am Tag sowie 45.000 Brötchen.
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Wenn die technische Unterstützung einmal ausfällt, würden sich viele Bäckerinnen und Bäcker selbst zu helfen wissen, antwortet sagt Philipp Schneider auf eine Frage. „Sie sind es gewohnt, dass ihnen nachts keiner hilft. Wir finden immer eine Lösung.“ Drei Mitarbeiter arbeiten alleine im Versand, kriegen durch Farben auf Displays gezeigt, welche Produkte sie gerade verladen müssen. „Sie zählen nicht Brote, sondern Körbe“, erläutert Philipp Schneider.
Im Betrieb befinden sich auch sogenannte Brötchenzellen, in denen die Teiglinge die letzte Reife bekommen, gebacken werden sie dann in den Filialen vor Ort. 15.000 Brötchen passen allein in eine Zelle, Schneider’s Bäckerei besitzt gleich mehrere von ihnen. Die Einstellungen müssen jeden Tag individuell angepasst werden. „Unser größter Feind ist, wenn es heiß und schwül ist“, erläutert Philipp Schneider. „Dann gehen die Teiglinge ab wie’s Gewitter.“
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Oberste Priorität habe, dass sich die Verkäufer in der Filiale nicht mehr mit der Gare des Brötchens auseinandersetzen müssen. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt und eine engmaschige Kontrolle: „Jede Filiale sendet uns jeden Tag Bilder“, erklärt Philipp Schneider. So wissen die Bäcker, inwieweit sie die Gartemperatur in der Brötchenzelle anpassen müssen.
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