Wilnsdorf. An der Errichtung einer weiteren Gesamtschule in Siegen wird das Moderationsverfahren wohl nichts mehr ändern. Der Ärger in Wilnsdorf ist groß.

Siegen und die Umlandkommunen werden in Sachen Schulentwicklung an einen Tisch kommen. Die Bezirksregierung hat das nun auch als „Monitoring“ bezeichnete Moderationsverfahren zugesagt.

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Das ist im Schulgesetz vorgesehen, wenn es bei der Schulentwicklung zu einem Konflikt zwischen Nachbarstädten und -gemeinden kommt. Das ist der Fall, weil Wilnsdorf der vom Siegener Rat beschlossenen Auflösung der Haupt- und Realschulen in Siegen widerspricht. Die Sorge: Wilnsdorf mit der dann einzigen Hauptschule und einer von nur noch drei Realschulen im Siegerland könnte von auswärtigen Schülerinnen und Schülern überlaufen werden.

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Gewünscht werden Verabredungen zu Schüler-Pendlern

Den Antrag, ein solches Moderationsverfahren anzustreben, hatte im Wilnsdorfer Rat die BfW/FDP-Fraktion gestellt; der Rat beschloss das jetzt auch einstimmig. Die Stadt Siegen hatte bereits im Vorfeld die Bereitschaft erklärt, an einem solchen Verfahren mitzuarbeiten. Die Siegener Beschlüsse müssen durch die Höhere Schulaufsicht bei der Bezirksregierung genehmigt werden – dass das geschieht, steht auch außer Zweifel: Siegen hatte sich bereits im Vorfeld von Arnsberg beraten lassen.

Worüber aber dennoch gesprochen werden muss, stellte im Wilnsdorfer Rat Dennis Schneider (CDU) dar: „Wir reden über Schülerströme, das muss geklärt werden.“ Konkret: Wo gehen Siegener Kinder hin, die das Gymnasium verlassen müssen und an den Gesamtschulen keinen Platz finden? Welche Schulen in den einzelnen Kommunen nehmen auswärtige Kinder auf, wo dürfen oder sollen sie zurückgewiesen werden?

Sorge: Schulen in Wilnsdorf werden „aus den Nähten platzen“

„Wir befürchten starke Konsequenzen für unser eigenes Schulsystem“, sagte Bürgermeister Hannes Gieseler. Andreas Weigel (BfW/FDP) kritisierte den von Siegen aus an das Umland gerichteten Vorwurf des „Kirchturmdenkens“: „Es ist ein bisschen merkwürdig, wenn das ausgerechnet aus Siegen kommt.“ Wilnsdorf habe exzellente weiterführende Schulen, „wir müssen schauen, dass wir diese Exzellenz behalten.“ „Es ist zu befürchten, dass unsere Schulen noch mehr aus den Nähten platzen“, sagte Andreas Klein (LKR). Von dem angestrebten Monitoring verspreche er sich aber nichts: „Das ist das Problem, dass man da zwar redet, aber nichts Rechtsverbindliches rumkommt.“

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Michael Plügge (SPD) wurde grundsätzlich: Mit dem gegliederten Schulsystem stehe Deutschland „im Vergleich zu anderen Industrienationen ganz hinten“ . Festgehalten werde an einem System, „das noch älter ist als das Kaiserreich.“. Plügge erinnerte daran, dass Wilnsdorf nicht nur Gesamtschüler nach Siegen schicke, sondern vor der Errichtung des eigenen Gymnasiums auch die Gymnasien in Siegen „voll gemacht“ habe. Nun verändere Siegen seine Schullandschaft, „die Auswirkungen bekommen wir jetzt zu spüren“, sagte Plügge. „Es wird Zeit, dass wir endlich mit dem Gewurschtel aufhören.“ Das Moderationsverfahren werde dieses „grundsätzliche Übel“ allerdings nicht lösen.

Schullandschaft

Derzeit gibt es im Kreisgebiet drei Sekundarschulen, die sich als Gesamtschulen ohne gymnasiale Oberstufe verstehen: in Netphen, in Burbach/Neunkirchen mit Standorten in beiden Gemeinden und in Siegen in der Trägerschaft des christlichen Schulvereins. Gesamtschulen haben Siegen, Kreuztal und Freudenberg, Gymnasien alle Kommunen außer Burbach, Erndtebrück und Freudenberg.

Realschulen gibt es außer in Wilnsdorf noch in Kreuztal und Hilchenbach, in Erndtebrück, Bad Berleburg und Bad Laasphe (privat) sowie – in der Trägerschaft des christlichen Schulvereins – in Freudenberg-Niederndorf. Außer in Wilnsdorf-Rudersdorf und Bad Berleburg gibt es noch die auslaufende Hauptschule in Kreuztal-Eichen.

Wilnsdorf: Zwei Anläufe für Sekundarschule gescheitert

Gabriele Wagener (CDU) nannte es „sehr bedauerlich, dass der Bürgermeister der Stadt Siegen nicht das Gespräch mit den Umlandkommunen gesucht hat.“ Welche möglichen Ergebnisse regionaler Schulentwicklungsplanung Wilnsdorfs Bürgermeister Hannes Gieseler aber im Gespräch mit dieser Zeitung genannt habe, „hat mich in meinen Grundfesten erschüttert“. Gieseler hatte beispielhaft eine Verabredung über zentrale Hauptschulstandorte im Siegerland oder auch über die gemeinsame Abkehr aller Städte und Gemeinden vom dreigliedrigen Schulsystem genannt.

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„Da muss man offen sein für jegliche Fragestellung“, erwiderte Hannes Gieseler „das macht regionale Schulentwicklungsplanung aus.“ Gäbe es in jeder Kommune nur Gesamtschulen, wäre Schülerwanderung kein Thema mehr. Diese Fragen seien aber nicht mehr akut: Wilnsdorf habe sich für den Erhalt der Dreigliedrigkeit mit Haupt- und Realschule und Gymnasium entschieden. „Dazu stehe ich mit vollem Herzen.“ Die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulformen sei in Wilnsdorf gewährleistet, jedes Kind habe die Chance auf alle möglichen Schulabschlüsse. „Jetzt brauchen wir keine regionale Schulentwicklungsplanung mehr.“ Andreas Weigel (BfW/FDP) erinnerte daran, dass auch Wilnsdorf den Systemwechsel versucht habe. Zwei Mal sei die Errichtung einer Sekundarschule gescheitert: „In Wilnsdorf haben die Eltern abgestimmt.“

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