Netphen. Das Zusammenspiel von Sekundarschule und Gymnasium ist in Netphen eine Erfolgsgeschichte. Finden Schulen und Politik.

Weder die Politik noch die Schulen in Netphen wollen sich vor einer vierten Gesamtschule in Segen Angst machen lassen. „Wir fürchten die Gesamtschule in Siegen nicht“, sagt Jürgen Weber, Konrektor der Sekundarschule. Die Sekundarschule sei „überschaubar und familiär“, ein ähnlich attraktives Angebot gebe es „im weiten Umfeld nicht“. Eckhard Göbel, Direktor des Gymnasiums, pflichtet bei: In Netphen würden die Abschlüsse beider weiterführender Schulen auch mit öffentlicher Beachtung wertgeschätzt: „Das ist eine Stärke von Netphen. Wir sind in Netphen gut für die Zukunft aufgestellt.“

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Dass Eckhard Göbel an diesem Nachmittag auch Glückwünsche zum Bundessieg seiner Ruanda AG entgegennehmen kann, passt ins Bild. Das Projekt mit der Root Foundation in Kigali ist an der 2017 geschlossene Realschule auf dem Kreuzberg entstanden, die zuletzt von der heutigen Schulausschussvorsitzenden geleitet wurde. „Ein Glück, wie toll das im Gymnasium weitergetragen wird“, sagt Silvia Glomski (Grüne). „Das ist Nachhaltigkeit pur.“

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Weshalb Netphen aufatmet

Auf dem Tisch des Schulausschusses lagen die Anmeldezahlen: 69 Kinder werden die drei 5. Klassen der Sekundarschule füllen, 101 die vier 5. Klassen des Gymnasiums. Von außerhalb kommen 21 Kinder nach Netphen, davon zwei zur Sekundarschule, die anderen zum Gymnasium. 14 Netphener Kinder werden an der Bertha-von-Suttner-Gesamtschule in Siegen aufgenommen, im Vorjahr waren es 31. Insgesamt bleiben diesmal 79 Prozent der Netphener Viertklässler in Netphen, um in der eigenen Stadt eine weiterführende Schule zu besuchen, 2021 waren es 69 Prozent.

Schüler aus der Ukraine

Nur wenige Kinder aus der Ukraine gehen in Netphen zur Schule. Elf sind es an den Grundschulen, vor allem in Dreis-Tiefenbach, berichtet Annette Kramps, Leiterin der Grundschule Netphen: „Hochmotivierte Menschen, die großes Heimweh haben.“Die Sekundarschule hat zehn Schüler aus der Ukraine in den Jahrgängen 5 bis 9 – „hin- und hergerissen“, berichtet Konrektor Jürgen Weber, ob sie bleiben oder zurückkehren.Das Gymnasium hatte zeitweise 14 ukrainische Schüler, von denen inzwischen sieben in der internationale Klasse des Berufskollegs gewechselt sind. Als hilfreich erweise sich die gute digitale Ausstattung in Netphen, betont Schulleiter Eckhard Göbel. Mit Hilfe der Ipads „bekommen sie alles just in time übersetzt. Das hilft ungemein.“

Und noch eine Zahl sorgte für Aufmerksamkeit: Neun Zehntklässler der Sekundarschule werden nach den Sommerferien auf dem Nachbarhügel im Gymnasium aufschlagen, um dort ihr Abitur zu machen.

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Was Netphen anders macht

Dieses Zusammenspiel von Sekundarschule und Gymnasium hatte sich die Stadt gewünscht, als sie vor über zehn Jahren die Weichen stellte: Realschule Am Kreuzberg und Hauptschule in Deuz wurden aufgelöst und durch eine Sekundarschule ersetzt – eine Schulform wie die Gesamtschule, nur ohne gymnasiale Oberstufe – was den Fortbestand des Gymnasiums sicherte. „Das war nicht ohne“, erinnert Manfred Heinz (SPD) an die politische Debatte: „Wir haben damals hier sehr vorausschauend das Richtige auch gegen Widerstände gemacht.“ Heinz weist auch auf die laufende Auseinandersetzung in Siegen hin, wo Haupt- und Realschulen zugunsten einer weiteren Gesamtschule aufgegeben werden: „Wir hoffen, dass das sich nicht im Nachhinein negativ auf die Sekundarschule auswirkt.“ Indem nämlich noch mehr Netphener Kinder Plätze an Siegener Gesamtschulen finden.

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Was in Netphen möglich ist

Zum Zehnjährigen wird der Sekundarschule im Herbst das Prädikat „Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage“ verliehen, außerdem das Berufswahlsiegel. Letzteres, so Jürgen Weber, geht auch auf das Konto von Burkhard Wagener, der schon als Hauptschullehrer in Hilchenbach, Dahlbruch und Deuz alle Register für den Einstieg seiner Schüler in die Berufswelt gezogen und schon vor Jahrzehnten die schuljahreslangen Langzeitpraktika erfunden hat. Wagener, mittlerweile 71 Jahre alt, arbeitet nach seiner Pensionierung im Auftrag des Fördervereins mit den Jugendlichen weiter – mit Erfolg, betont Jürgen Weber: „Ich bin froh, dass junge Menschen hier in den Firmen Platz finden.“ Oder eben auch als Spätstarter Abitur machen.

25 der jetzt entlassenen Zehntklässler haben mit der Fachoberschulreife auch den Qualifikationsvermerk für die gymnasiale Oberstufe, berichtet der Konrektor – aber nur einer hatte auch schon eine Gymnasialempfehlung von seiner Grundschule. Schulausschussvorsitzende Silvia Glomski (Grüne) kennt manche Abiturienten von heute: „Manchmal hätte man das im achten Schuljahr noch nicht gedacht.“

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