Siegen-Wittgenstein. Lebensmittelretter und -verteiler sollen an einen Tisch, fordert der Kreistag. Sympathie findet das Containern – obwohl das als Diebstahl gilt.

Der Kreis Siegen-Wittgenstein wird die in Lebensmittelrettung und - verteilung an einen Tisch bringen. Dies soll im Rahmen einer Ausschusssitzung erfolgen – welches Gremium damit beauftragt wird, ist noch offen. Darauf hat sich er Kreistag jetzt verständigt.

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Der Antrag der Linken-Fraktion war weitergegangen: Danach sollte der Kreis selbst Strukturen schaffen, „um mit entsprechenden Akteuren vor Ort, Konzepte zu entwickeln, Lebensmittel schnell und unkompliziert an bedürftige Mitbürger in unserem Kreisgebiet in ausreichenden Mengen zur Verfügung stellen zu können“. Konkret gefordert war auch die Bereitstellung von Räumen für Fairteiler-Stationen und die Saatgutverteilung.

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„Spargel und Erdbeeren werden vernichtet“, beklagte Katrin Fey (Linke). Auf der anderen Seite nehme aber die Bedürftigkeit zu. „Es fehlt nicht nur an Lebensmitteln, sondern auch an Helfern. Die Bürgerbeteiligung könnte man viel stärker fördern.“ Hermann-Josef Droege (CDU) bestätigte die Bestandsaufnahme: „Wir erleben alle, wie sich soziale Verhältnisse zum Negativen entwickeln.“ Die Lösung liege aber nicht in der Einrichtung einer neuen Dienststelle des Kreises.

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Verein Lebensmittel-Teilen: Tafel-Prinzip ist nicht nachhaltig

Ullrich Georgi (Linke) verwies auf Unterschiede in den Ansätzen der Organisationen. Bei der Tafel zum Beispiel müsse Bedürftigkeit nachgewiesen werden. „Das ist ein Hindernis.“ Der Verein Lebensmittel-Teilen, der den Kreistagsmitgliedern vor der Siegerlandhalle vor der Vernichtung gerettete Lebensmittel anbot, setzt auf Gemeinsamkeit: zum Beispiel beim Kochen, Gärtnern, Austauschen von Rezepten: „Die Umverteilung von überflüssigen Lebensmitteln an ‘arme Menschen’ ist nicht nachhaltig“, sagt der Verein, „es werden Abhängigkeitsverhältnisse und eine Legitimation für den Überfluss geschaffen.“

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Die Kreisverwaltung verweist in ihrer Stellungnahme auf fehlenden eigenen Einfluss: „Der Zugriff von Lebensmittelorganisationen auf die zu verteilenden Lebensmittel ist abhängig vom Umgang der Händler mit den Nahrungsmitteln, die nicht mehr als frische Ware im Ladenverkauft werden können.“ Mittlerweile würden „Restetüten“angeboten, um Lebensmittel nicht vernichten zu müssen. Um Bedürftige zu versorgen, werde angeregt, mehr einzukaufen und diese zusätzlichen Waren zu spenden. Räume für Lebensmittel-Verteilungsstationen stünden dm Kreis nicht zur Verfügung – es sei denn, die Nutzung von räumen für Schule, Kultur oder Sport werde eingeschränkt. Saatgut sei abgesehen davon „an vielfältigen Stellen günstig zu erwerben“.

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Linke in Siegen fordern: „Containern“ soll nicht länger kriminell sein

Zurückgezogen haben die Linken ihren Antrag, das „Containern“ zu entkriminalisieren – diese Forderung richtet sich letztlich an den Gesetzgeber. Tatsächlich macht sich strafbar, wer zur Vernichtung in Abfallcontainern abgelegte Lebensmittel entnimmt, um sie doch noch zu verwerten: Geahndet werden kann das als Diebstahl und, je nach Standort des Containers, auch als Hausfriedensbruch. Michael Plügge (SPD) bezeichnete es als „schon lange überfällig“, das Containern nicht mehr zu bestrafen. Den Initiativen, die auf diese Weise Lebensmittel retten, zolle er „höchsten Respekt“. Es sei „absurd, dass Tafeln überhaupt existieren“ – also Notlagen zuzulassen, die Menschen den regulären Kauf von Nahrungsmitteln nicht mehr möglich machen.

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„Wenn jemand Lebensmittel weggeworfen hat und jemand anders sie gebrauchen kann, dann kann man den, der die Lebensmittel nimmt, nicht bestrafen“, fand Roland Steffe (AfD): „Im Grunde muss man erst mal darüber reden, diese Lebensmittel gar nicht erst zu produzieren.“

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