Siegen. Die Verwaltung empfiehlt, 2023/24 auf dem Rosterberg mit einer Gesamtschule zu starten. Sie zeigt Alternativen auf – die wenig attraktiv sind.

Die Verwaltung hat ihre Position festgelegt: Siegen soll eine vierte Gesamtschule bekommen – zunächst mit vier Zügen, die um einen fünften Zug erweitert werden kann. Standort soll das bisherige Peter-Paul-Rubens-Gymnasium sein, ein Teil der Jahrgänge würde dann im Gebäude der bisherigen Achenbacher Schule unterrichtet. Hauptschule und die beiden Realschulen würden aufgelöst. Dem Schulausschuss, der am Donnerstag, 5. Mai, berät, empfiehlt die Verwaltung, „rechtzeitig vor dem Anmeldeverfahren für das Schuljahr 2023/2024“ zu entscheiden.

Jährlich um die 1000 Gesamtschul-Plätze zu wenig

Ausgangslage: Die Verwaltung weist in ihrem vom Rat beauftragten Prüfbericht darauf hin, dass jährlich um die 100 Kinder an den drei Gesamtschulen abgewiesen werden. Und dass Hauptschule und Realschule ihre Mindestschülerzahlen auf Anhieb nicht immer erreichen – sondern erst dann, wenn von anderen Schulen abgewiesene Kinder dazukommen. „Sollten auch nach abgeschlossenem Anmeldeverfahren an einer Haupt- oder Realschule nicht die notwendigen Anmeldezahlen erreicht werden, müsste kurzfristig reagiert werden“, warnt die Verwaltung: „Eine aktive Gestaltung der Schullandschaft durch den Schulträger ist dann nicht mehr möglich.“

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Alternative für Hauptschüler nur noch in Wilnsdorf

Wenn also in Achenbach – bisher: acht Anmeldungen – keine Klasse zustande kommt, müssten eine Gesamtschule oder eine um einen Hauptschul-Bildungszweig erweiterte Realschule die Kinder aufnehmen. Dadurch entstehe aber Raumbedarf, „der nicht erfüllt werden kann“. Bleibt die Hauptschule Wilnsdorf, die letzte Hauptschule im Siegerland, die noch eine 5. Klasse bildet.

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Gymnasien brauchen trotzdem mehr Kapazität

Zahlen: Mindestens 100 Siegener Kinder werden Jahr für Jahr gebraucht, um den Bedarf für eine neue, mindestens vierzügige Gesamtschule nachzuweisen. Das gelingt der Verwaltung, indem sie die Schülerzahlenprognosen für die Realschulen und die Hauptschule addiert – und jene Gymnasialkinder dazurechnet, für die kein Platz ist, wenn Siegen sich tatsächlich auf zehn 5. Klassen an den verbliebenen drei Gymnasien beschränkt.

Zusammenarbeit nicht ausgeschlossen

Die Verwaltung äußert sich auch zu der Frage, ob die drei bestehenden Gesamtschulen erweitert werden können. Dafür würden Erweiterungsbauten erforderlich. Haupt- und Realschulen würden weiter geschwächt, je mehr Kinder Platz an der eigentlich gewünschten Schulform finden.

Unproblematisch sieht die Verwaltung die entstehende siebte gymnasiale Oberstufe. Alle würden die Mindestgröße von 42 Schülerinnen und Schülern je Jahrgang erreichen. Ansonsten müssten Kooperationen, auch von Gymnasien und Gesamtschulen, „im jeweiligen Planungsbereich“ erwogen werden, also zum Beispiel Morgenröthe/Eiserfeld oder FJM/Schießberg.

Die Frage der Erweiterung der Kapazität von Gymnasien ist damit aus Sicht der Verwaltung nicht vom Tisch, „unabhängig davon, ob eine neue Gesamtschule errichtet wird oder nicht“. Denn die aktuell insgesamt 30 5. Klassen, verteilt auf alle Schulformen, werden in Zukunft nicht ausreichen. Schon jetzt ist klar, dass auf der Morgenröthe das Gymnasium wieder alle Räume allein nutzen wird; derzeit ist dort auch die Realschule untergebracht.

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Bisher gilt schon der Beschluss, dass an den Gymnasien auswärtige Kinder abgewiesen werden können, die ein Gymnasium am eigenen Wohnort besuchen können; angewendet wurde diese Möglichkeit nicht, nachdem das Fürst-Johan-Moritz-Gymnasium eine zusätzliche 5. Klasse bilden kann. Eine ähnliche Regelung sei auch für die Gesamtschulen denkbar.

Teilstandort der neuen Gesamtschule sollte die bisherige Hauptschule in Achenbach sein, empfiehlt die Verwaltung.
Teilstandort der neuen Gesamtschule sollte die bisherige Hauptschule in Achenbach sein, empfiehlt die Verwaltung. © Jürgen Schade

Dependance lieber in Achenbach als am Oberen Schloss

Standorte: Während der Rosterberg als Hauptstandort einer vierten Gesamtschule außer Frage steht, hat die Stadt bei dem Teilstandort die Wahl zwischen Burgstraße (Realschule Am Oberen Schloss) und Achenbacher Furt (Achenbacher Schule). Nach Achenbach, 3,5 Kilometer vom Rosterberg entfernt, rechnet die Verwaltung zehn Minuten Fahrzeit.

Zum Oberen Schloss wäre es näher (2,4 Kilometer) und zwei Minuten schneller, dort wäre auch der Platz für eine insgesamt sechs- statt nun höchstens fünfzügige Gesamtschule. Dennoch votiert die Verwaltung für Achenbach, das ohne stark befahrene Verkehrsknotenpunkte erreichbar sei, auch „im Hinblick auf die weitere sinnvolle schulische Nutzung der bestehenden Schulgebäude“. Soll wohl heißen: Das Obere Schloss wird als Dependance für das Löhrtor-Gymnasium in Reserve gehalten – oder ist einfach Verkaufskandidat.

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