Siegen. Straftaten, extreme Gewalt: Psychiater zeigt sich vor Landgericht Siegen mehr als erschüttert – solch Zustand, so schwere Psychose selten erlebt.
„Wir wollen Sie nicht vergiften. Keiner von uns und auch keiner Ihrer Ärzte“, sagt Richterin Sabine Metz-Horst eindringlich in Richtung des Beschuldigten. Sie beschwört ihn, mit den Medizinern und Pflegern zu kooperieren, die ihn auch weiterhin in Lippstadt-Eickelborn betreuen werden. Aus der vorläufigen Unterbringung des jungen Mannes, der wegen diverser Straftaten in Zusammenhang mit einer schweren psychiatrischen Erkrankung vor Gericht gestanden hat, in der dortigen LWL-Klinik, ist eine dauerhafte geworden. Zumindest dann, wenn die Entscheidung rechtskräftig wird.
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Unter anderem sind dem 21-Jährigen Raub in einem besonders schweren Fall, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und weitere Taten vorgeworfen worden. Als ihn der Sachverständige Dr. Thomas Schlömer und eine der Richterinnen Ende 2021 aufsuchten, war er überhaupt nicht in der Verfassung, untersucht zu werden. Der Gutachter sei mehr als erschüttert gewesen, habe erklärt, einen derartigen Zustand und eine solche Schwere einer Psychose selten erlebt zu haben. Der junge Mann habe sich mit Essen beschmiert, sei von den Pflegern bewusst alleingelassen und nur dann aufgesucht worden, wenn er sie in sein Zimmer gebeten hätte. An eine Teilnahme an einer Hauptverhandlung sei gleichfalls nicht zu denken gewesen.
Richterin am Landgericht Siegen: Im seinem Wahn nutzt er jeden Gegenstand als Waffe
Die Vorsitzende geht über eine Stunde auf die Gründe ein, die ihre Kollegen und sie zu der Entscheidung gebracht haben, den jungen Syrer nicht für eine ambulante Behandlung auf freien Fuß zu setzen. Weil er dann sofort wieder in alte Verhaltensmuster falle, seine Medikamente absetze und weitere schwere Straftaten zu befürchten wären. Der Rechtsfrieden sei bedroht, die Rechtssicherheit gefährdet. Er nutze in seinem Wahn jeden Gegenstand als Waffe, habe enorme Forderungen an die Gesellschaft und sei nicht bereit, etwas dafür zu leisten.
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Das sei schon recht früh nach seiner Flucht nach Deutschland deutlich geworden, habe sich in zahlreichen Straftaten manifestiert, die aber eben auch mehr und mehr mit extremer Gewalt einhergegangen seien. Etwa die Bedrohung einer Zugbegleiterin nach einer Fahrkartenkontrolle, die sich mit Mühe in die Kabine des Zugführers habe retten können.
Mit ungewöhnlicher Kraft fast Klinik-Wand eingerissen, in Siegener City randaliert
In seiner Unterkunft und auch im Krankenhaus seien vom Beschuldigten erhebliche Sachbeschädigungen mit ungewöhnlicher Kraftentfaltung vorgenommen worden. Er hatte die Wand zum Nachbarzimmer fast eingerissen, Inneneinrichtungen zerstört und sogar mit Tischen geworfen. Auf freiem Fuß hatte er ebenfalls in der Siegener Innenstadt randaliert und Fahrradständer aus der Verankerung getreten.
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Ausdruck der schweren paranoiden Schizophrenie und der dissozialen Störung, die vom Sachverständigen diagnostiziert wurden, seien weiter das Hören von Stimmen und das Gefühl, von anderen verfolgt und vergiftet zu werden. Metz-Horst führt auch noch einmal die Behauptung des Beschuldigten an, sein Blut sei in seiner Jugend ausgetauscht und eingelagert worden: „Er hat sich als Allah bezeichnet und behauptet, Leben zu geben und nehmen zu können.“
Schwere Erkrankung des Siegeners braucht lange Behandlung – uneinsichtig
Die schwere Erkrankung bedürfe einer längeren Behandlung, bei der es vor allem auf seine Krankheitseinsicht und Bereitschaft ankomme, dabei mitzuarbeiten. Umso schneller öffneten sich Wege zur Besserung und auch für seinen Wunsch, möglichst schnell in seine syrische Heimat zurückkehren zu können. Gerade hier dürfte es allerdings schwierig werden.
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Anwältin Petra Heinrich hat ihrem Schützling schon vor der Entscheidung noch einmal zu erklären versucht, dass die Unterbringung für ihn derzeit auch aus ihrer Sicht die beste Lösung ist. Weil es vor Ort in Siegen einfach an den notwendigen Kapazitäten mangele, ihm nachdrücklich zu helfen. Der 21-Jährige hat ihr allerdings durch den Dolmetscher ein deutliches Nein übermittelt.