Siegen-Wittgenstein. Die Zahl der Straftaten in Siegen-Wittgenstein ist 2021 rückläufig. Dafür beschäftigen die Behörde neue Schwerpunkte – und gänzlich neue Delikte.
Ein Schwerpunkt bei der Bekämpfung von Kinder- und Jugendpornografie, zunehmende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften und mit der Fälschung von Impfausweisen ein neues Delikt: Die Kreispolizeibehörde Siegen-Wittgenstein stellt die Kriminalitätsstatistik für 2021 vor.
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„Wir sind zufrieden: Die Ergebnisse zeigen, dass wir uns zu den sichersten Region in Nordrhein-Westfalen zählen können“, sagt Landrat Andreas Müller als Leiter der Kreispolizeibehörde. 13.122 registrierte Straftaten bedeuten im Vergleich zu 2020 einen Rückgang um 459 (minus 3,4 Prozent). Das ist der niedrigste Stand binnen zehn Jahren. „Inwieweit die Pandemie eine Rolle spielt, bleibt nur zu vermuten“, sagt Jessica Morgala, Leiterin der Direktion Kriminalität. „Wir gehen von einem Zusammenhang aus.“
Kriminalitätsstatistik Siegen-Wittgenstein: Dritthöchste Aufklärungsquote in NRW
Die Aufklärungsquote sank von 64,05 Prozent in 2020 auf 62,60 Prozent, ist aber nach den Kreisen Höxter und Olpe immer noch die dritthöchste in Nordrhein-Westfalen. Die statistische Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden, liegt in Siegen-Wittgenstein deutlich unter Landesdurchschnitt: Im Kreisgebiet kamen im vergangenen Jahr 4763 Delikte auf 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner. In Gesamt-NRW waren es 6703.
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Eine klare Steigerung gibt es bei den Urkundenfälschungen: von 133 Fällen im Vorjahr auf 328 Fälle in 2021. Ein Grund sind gefälschte Impfausweise (etwas mehr als 50 Fälle). Der überwiegende Teil davon fiel in Apotheken auf, als die entsprechenden Personen sich damit einen digitalen Impfpass beschaffen wollten. In einem Fall gab es Hinweise auf einen Mann, der Impfpässe im privaten Bereich anbot (wir berichteten). „Da hat sich ein Deliktfeld aufgetan, dass es vorher so nicht gab. Das Phänomen ist neu“, sagt Jessica Morgala. Mittlerweile kümmere sich eine eigene Ermittlungskommission um das Thema. Es geht keineswegs um ein Kavaliersdelikt: Auf Urkundenfälschung stehen bis zu fünf Jahre Haft.
Siegen und Umgebung: Polizei geht verstärkt gegen Kinderpornografie vor
101 Fälle von „Verbreitung, Erwerb, Besitz und Herstellung von Kinderpornografie“ weist die lokale Statistik für 2021 aus – 53 mehr als im Jahr zuvor. Die Kreispolizeibehörde hat in diesem Bereich allerdings auch einen Schwerpunkt gesetzt und eine so genannte Besondere Aufbau-Organisation (BAO) eingerichtet, in der sich Beamtinnen und Beamte damit beschäftigen.
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„Wir sind hier schlagkräftig aufgestellt“, sagt Landrat Andreas Müller. „Unser Ziel ist, dass sich gerade in diesem Deliktfeld kein Täter, keine Täterin sicher fühlen darf.“ Die gestiegene Fallzahl liegt dabei daran, dass die Polizei sich dem Problem nun verstärkt zuwendet – denn in der Regel führt nur das zu den jeweiligen Fällen. „Das ist erst die Spitze des Eisbergs“, merkt Bernd Scholz, Abteilungsleiter Polizei, an.
Siegen: Polizei setzt Schwerpunkt gegen Kinderpornografie auch 2022 fort
„Eine große Herausforderung sind die enormen Datenmengen. Das konnten wir abbauen“, erklärt Jessica Morgala. Die Datenmengen, die es zu sichten gilt, seien in den vergangenen Jahren massiv gestiegen, doch „wir müssen die Täter aus der Anonymität des Netzes herausholen.“ Bei der Kreispolizeibehörde lag die Aufklärungsquote in diesem Bereich 2021 bei 93,07 Prozent – wobei sich das nicht auf diejenigen Menschen bezieht, die das Material hergestellt haben oder darauf bei Straftaten zu sehen sind, sondern auf Personen, die sich dieses Material beschaffen oder es weitergeben.
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Auch 2022 soll diese Problematik ein Schwerpunkt bleiben. Ein Sonderaspekt dabei, wie Andreas Müller sagt: „Uns ist es wichtig, auch die Sensibilität unter Jugendlichen für das Thema zu steigern.“ Es komme vor, dass Jugendliche nach dem Ende von Beziehungen intimes Material der oder des Ex in Chats oder auf anderen Kanälen verbreiten (das Phänomen ist auch als „Racheporno“ bekannt). Andreas Müller: „Wir müssen klar machen, dass das nicht lustig ist, sondern ernsthafte Folgen hat.“
Siegen-Wittgenstein: Viele Angriffe auf Polizisten, Respektlosigkeit oft „hanebüchen“
111 Fälle von „Widerstand/tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte“ gab es 2021 im Kreis. Das sind im Jahresvergleich zwar 22 weniger, doch hinter jedem einzelnen Fall der Statistik können mehrere Taten stecken. Insgesamt 289 Polizeibeamtinnen und -beamte wurden so Opfer von Straftaten, dabei kam es zu 117 tätlichen Angriffen und 13 Körperverletzungen.
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Nicht nur in diesen Extremfällen macht sich eine beunruhigende Tendenz bemerkbar. „Was uns Sorge bereitet, ist die Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften generell – nicht nur Polizei, sondern auch Feuerwehr und Rettungsdienst“, sagt Bernd Scholz. Das Ausmaß sei oft „hanebüchen“.
Siegen und Umgebung: E-Bike-Diebstähle nehmen deutlich zu – Schaden ist immens
Deutlich zugenommen hat 2021 der Fahrraddiebstahl: von 190 Delikten im vorangegangenen Jahr auf nun 273. Der Schaden hat sich mit knapp über 360.000 Euro mehr als verdoppelt (2020: rund 157.400 Euro). Das liegt vor allem daran, dass die Diebe es zunehmend auf kostspielige E-Bikes abgesehen haben, so die Polizei: Stahlen die Täterinnen und Täter 2021 noch 30 Zweiräder dieser Art, so waren es 2021 mit 94 mehr als drei Mal so viele. „Darum noch mal unser Hinweis an die Bevölkerung, gerade E-Bikes besonders zu sichern“, sagt Jessica Morgala.
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