Weidenau. „Wir sind nie an irgendwelche Belastungsgrenzen gekommen“, betont der Ärztliche Direktor. Die Leitung des Kreisklinikums gibt Einblicke.
600 schwer erkrankte Covid-Patienten, mehr als 90 Prozent der Betroffenen aus dem Kreis und darüber hinaus, wurden 2021 im Kreisklinikum Siegen als „Corona-Kompetenzzentrum“ behandelt. Als Schwerpunktkrankenhaus habe man aufgrund der Vielzahl der schweren Fälle schnell Kompetenz ausbilden können, sagt der Ärztliche Direktor Prof. Martin Grond. Hier habe die Zusammenarbeit mit den anderen Kliniken und dem Kreisgesundheitsamt hervorragend funktioniert. „Wir sind nie an irgendwelche Belastungsgrenzen gekommen“, betont der Neurologie-Chefarzt; das Klinikum habe nie Reserven aktivieren oder größere Ausfälle kompensieren müssen.
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Tagesgeschäft: Drei Infektions-Hochphasen
Dennoch: Äußerst herausfordernd Zeiten für alle Beschäftigten, die die meiste Zeit – außer in drei „Infektions-Hochphasen“, in denen bestimmte Bereiche zurückgefahren wurden, um im Ernstfall einen Puffer zu haben – den regulären Klinikbetrieb über alle Bereiche aufrecht erhielten. Und das unter erheblichen Einschränkungen für das Tagesgeschäft, wie eine Doppel-Test-Strategie für Patienten aus Schnell- und PCR-Testungen. Oder das Ausrüsten mit Schutzanzügen für jedes Betreten eines Corona-Isolierzimmers – enorm anstrengend, dazu die Angst vor einer Infektion. Und das täglich zigfach.
Zahlen
324 Covid-Patienten wurden 2020 im Kreisklinikum Siegen insgesamt behandelt. 50 davon mussten auf Intensivstation aufgenommen, 40 beatmet werden. 46 starben. Der erste Corona-Patient wurde am 20. März 2020 aufgenommen.
2021 waren es 595 Covid-Patienten, 140 davon auf Intensivstation, 127 beatmet. 62 überlebten ihre schwere Infektion nicht.
77 Corona-Patienten – 7 davon auf Intensivstation, 5 beatmungspflichtig, 3 Verstorbene – wurden bislang im Jahr 2022 im Kreisklinikum behandelt.
„Ohne ein hohes Maß an Flexibilität und Engagement weit über die Pflichterfüllung hinaus wäre das nicht möglich gewesen“, lobt Landrat Andreas Müller als Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. „Niemand ist von der Fahne gegangen“, betont Prof. Grond.
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Impfaktionen: Von der Spätschicht und direkt aus dem Truck
Zusätzlich zum ohnehin angespannten Tagesgeschäft – wobei insbesondere Patienten mit „leichteren“ Erkrankungen vielfach von sich aus aus Angst vor Infektionen dem Kreisklinikum fernblieben – stemmte die Klinik zwei große Impfaktionen für insgesamt 2500 Personen, darunter viele Erstimpfungen. Das habe das Team mit großem Stolz erfüllt; zudem gab es viele schöne Szenen, berichtet Geschäftsführer Ingo Fölsing: Etwa als bei der langen Impfnacht die Spätschichten umliegender Supermärkte noch in Arbeitskleidung vorbeikamen, weil sie sonst kaum andere Möglichkeiten hatten, sich impfen zu lassen.
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Oder ein Lastwagenfahrer, der seinen 40-Tonner vor dem Medizinischen Versorgungszentrum auf der Weidenauer Straße parkte – auch er konnte nur schwer an einen Termin kommen, der Mann war immer auf Achse, hatte im Radio von der Aktion gehört und hatte seinen Truck spontan nach Weidenau gelenkt. Oder die vielen Süßigkeiten, die an die Impflinge verteilt wurden, die auch noch sehr dankbar dafür waren, direkt nach der Spritze in der Haus-Apotheke ihr digitales Impfzertifikat zu bekommen.
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Impfquote: Gelegentlich unschöne Szenen
Die Impfquote innerhalb der Belegschaft liegt aktuell bei 93 Prozent, etwa 80 von 1600 Beschäftigten sind nicht geimpft. Ende Februar steht dem Kreisklinikum der neue Totimpfstoff zur Verfügung, aktuell wird dazu aufgeklärt und für dieses Vakzin geworben. „Wir akzeptieren die Entscheidungen“, sagt Ingo Fölsing, niemand dürfe deshalb diskriminiert werden, bei der entsprechenden Beschwerdestelle des Betriebsrats sei aber auch nichts bekannt geworden. Das Personal sei gut ausgebildet; auch bei renitenten Corona-Leugnern – es komme auch mal zu unschönen Szenen – wahrten die Beschäftigten Professionalität. Auf Intensivstation habe es nie einen Mangel an Pflegekräften gegeben, berichtet Prof. Grond, im Gegenteil.
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Geld: Weniger leichte Fälle
Trotz der Corona-Pandemie konnte das Kreisklinikum das Jahr 2020 mit einem positiven Jahresergebnis abschließen: Eine Million Euro Betriebsergebnis, eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr, das vollständig in die Patientenversorgung fließen soll. Bereinigt von „Corona-Effekten“ komme dies vor allem daher, dass leichte Fälle weniger wurden und die im Kreisklinikum behandelten Fälle schwerer.
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