Netphen. Warum es den Sohlbacher, den Obernauer und den Afholderbacher Weiher gibt? Das hat mit der Wassernot in Siegen zu tun, schon vor 130 Jahren.
Das „Wasserwerk Siegen“ steht im Dreis-Tiefenbacher Köhlerweg. Das 1913 errichtete Gebäude wird längst anders genutzt – der Name erinnert aber daran, dass Netphen stets für die Trinkwasserversorgung von Weidenau und Siegen hatte. Wie später das Grundwasserwerk Siegtal und heute die Obernautalsperre. Und wie vorher Afholderbacher, Sohlbacher und Obernauer Weiher. Sie wurden 1891 von den Gas-, Wasser- und Kanalwerken der Stadt Siegen angelegt. Wilfried Lerchstein erzählt die Geschichte in einem Aufsatz für die neue Ausgabe des „Blick ins Netpherland“, der Jahreszeitschrift des Heimatvereins Netpherland.
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Die Weiher
Das in den drei Weihern gesammelte überschüssige Wasser wurde für die Bewässerung der darunterliegenden Wiesen verwendet. Das war der Ausgleich dafür, dass die Stadt Siegen Wasser aus den Quellbereichen sammeln und in Leitungen bis zum Hochbehälter am Siegener Hasengarten führen durfte. Die Stadt Siegen sicherte sich ihr Wasserrecht erst mit Anträgen von 1925 und 1926, die 1936 von der Bezirksregierung genehmigt wurden. 1963 übernahm der heutige Wasserverband Siegen-Wittgenstein die Rechte zur Rohwassergewinnung von den Siegener Stadtwerken: für bis zu 40 Liter in der Sekunde.
Der Sohlbacher Weiher, vom Wald umschlossen, war 1937 Blickfang für eine Ansichtskarte „Das schöne Siegerland“; der SGV nennt die „Hohlenetphe bei Hohenroth“ als Station seiner Hauptwanderstrecke Hagen-Biedenkopf. 10,7 Meter hoch ist der Staudamm der Hohen Netphe, 28.000 Kubikmeter Wasser fasst der Weiher, in dem 1962 sogar der spätere Bundeskanzler Willy Brandt, damals Regierender Bürgermeister von Berlin, geangelt hat. 2018 hat die Stadt Netphen den Weiher vom Wasserverband übernommen und dem Angelsportverein Obernautal überlassen. Bei der Dammsanierung in diesem Jahr kam eine 2015 im Netphener Eiscafé gestohlene Aktentasche zum Vorschein: Statt 13.000 Euro waren aber nur noch 700 drin. Studierende der Siegener Uni nahmen den Weiher in ihre Karte der „Verwunschenen Orte“ auf.
Der Afholderbacher Weiher wird von der Alten Netphe durchflossen, fasst 37.000 Kubikmeter und ist im Schnitt 2,90 Meter tief. Wilfried Lerchstein berichtet über einen 1981 nach Starkregen drohenden Dammbruch. Der Weiher ist eingezäunt, er gehört seit 2007 der Waldgenossenschaft Afholderbach.
Den Obernauer Weiher gibt es auch nach dem Bau der Talsperre noch; er dient nun als Vorsperre und wird vor die Vorklärung des Talsperren-Zulaufs genutzt. Auch dieses 35.000-Kubikmeter-Reservoir wurde als Idyll beworben: „Sommerfrische Brauersdorf Obernauer Weiher“ ist die Ansichtskarte beschriftet, 1919 hieß, es „Gruß aus dem Siegerland – Obernau am Weiher“.
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Die Siegener Wassernot
In Siegen brach 1879/80 wegen Wassermangels Typhus aus. 1881 wehrte sich das Amt Netphen erstmals gegen die Siegener Wasserversorgung aus den Quellen von Obernau, Sohlbach und Afholderbach. Widerspruch gab es auch von den Wiesen- und Firmenbesitzern in Dreis-Tiefenbach. 1888 bestätigte der preußische Staat die Enteignung der Gemeinde Brauersdorf durch die Stadt Siegen für eine Quellwasserleitung, die das Wasser von Obernau- und Nauholzbach und Netphe sammelte. Den Bewohnern der anliegenden Netphener Dörfer wurde das Wasser kostenlos zur Verfügung gestellt, als Ersatz für das entzogene Wasser wurden Hydranten gebaut – andere Dörfer wagten zu dieser Zeit von der eigenen Wasserleitung noch nicht einmal zu träumen.
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1889 wurde am Siegener Hasengarten der erste Hochbehälter des Siegerlandes in Betrieb genommen. Netphen hatte vergeblich dagegen protestiert, dass die „evangelische“ Stadt sich ausgerechnet aus dem katholischen Johannland versorgen ließ. Streit gab es auch danach immer wieder – im Netphener Archiv konnte Wilfried Lerchstein aus dem Vollen schöpfen: Mal ließen die Netphener gegen den Willen Siegens die Schleusen öffnen, um ihre Wiesen zu bewässern; mal ließen die Siegener Netphener Wiesen kurz vor der Grummeternte mit Wasser und Schlamm fluten. Den Siegener Bedarf konnten die Quellfassungen auf Dauer nicht decken. 1913 wurde das Grundwasserpumpwerk in Dreis-Tiefenbach errichtet. Eine dauerhafte Lösung brachte erst der Talsperrenbau: Die Obernautalsperre fasst 14,9 Millionen Kubikmeter Wasser – mehr als 5000 Mal so viel wie der Sohlbacher Weiher.
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