Siegen. Dr. Karin Kolb möchte das Siegerlandmuseum zu einem Ort machen, der für mehr Menschen besondere Bedeutung erhält. Die neue Chefin hat viel vor.

Ihre Augen strahlen, wenn sie über Museen redet. Die ganze Zeit. Dr. Karin Kolb lächelt. Ihre Stimme klingt, als spräche sie voller Begeisterung über Vergnügungsparks. Inhaltlich passt das – jedenfalls auf der Gefühlsebene – zu dem, was die neue Leiterin mit dem Siegerlandmuseum im Oberen Schloss vorhat: Einen Ort daraus machen, an dem Menschen sich bei allem Bildungsanspruch wohlfühlen und Spaß haben. Am 1. Oktober tritt sie die Nachfolge von Prof. Ursula Blanchebarbe als Chefin an.

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„Das Siegerlandmuseum hat das gesamte Potenzial, zu einem relevanten Ort für Alle zu werden“, sagt die 48-Jährige; „relevant“ im Sinne eines Ortes, „der den Menschen am Herzen liegt, an den sie gerne zurückkehren, an dem sie sich wiederfinden. Für mich sind Museen wunderbare, lebendige Orte, die den Zugang öffnen zu den Welten hinter den Objekten. Und ich sehe mich als Türöffnerin.“

Siegen: Erweiterung des Siegerlandmuseums in den Bunkern bietet besondere Chancen

Die Kunsthistorikerin, geboren in Offenburg, hat die vergangenen vier Jahre in Dessau verbracht und war dort bei der Stiftung Bauhaus für die strategische Planung und die Entwicklung des 2019 eröffneten Bauhaus-Museums mitverantwortlich. „Eine tolle Zeit“, sagt sie. An der Stelle in Siegen habe sie unter anderem der größere Spielraum in Bezug auf die Vermittlung und die Öffnung nach außen gereizt, gerade in Verbindung mit der in den Bunkern an der Burgstraße geplanten Erweiterung des Siegerlandmuseums. „Das war einer der Punkte, die mich besonders fasziniert haben“, sagt Karin Kolb.

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Die Umnutzung eines solchen – selbst geschichtlichen – Bauwerks biete besondere Chancen und sei sehr attraktiv. Der digitale Schwerpunkt der Erweiterung trage erheblich dazu bei. Exponate nicht nur ansehen, sondern sie fühlen, hören, riechen zu können – wo immer das möglich sei – schaffe für die Menschen intensivere Zugänge. „Je mehr wir da finden können, um so reicher wird das Erlebnis“, erklärt die neue Museumschefin. „So sehe ich das auch mit digitalen Medien, mit Virtual und Augmented Reality.“ Solche Ansätze sind für die Bunker wesentliche Elemente. „Digitales ist dabei aber nicht der Ersatz, sondern eine Ergänzung für das Analoge.“

Siegerlandmuseum: Dr. Karin Kolb will die Geschichten hinter den Objekten erzählen

Doch nicht nur technische Neuerungen sollen den Weg zu einem breiteren Publikum ebnen. Ihr Studium der Kunstgeschichte sei sehr von Vorteil, „ich habe einen leichteren Zugang zu den Geschichten hinter den Objekten“. Diesen möchte sie auch anderen bieten. „Menschen interessieren sich für Menschen – weniger für Objekte“, betont sie. Also gehe es darum, anhand der Objekte über das Leben der Menschen aus anderen Zeiten zu erzählen. Eine Zweiteilung in Artefakte auf der einen und Kunstwerke auf der anderen Seite sieht sie dabei nicht, weil beides „etwas aussagt über unsere Kultur und Region“.

Zur Person

Dr. Karin Kolb, 48, Kunsthistorikerin, hat in Tübingen und Halle-Wittenberg studiert.

Thema ihrer Promotion: „Cranach in Dresden“.

Vor den vier Jahren bei der Stiftung Bauhaus in Dessau war sie unter anderem für die Klassik Stiftung Weimarund die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden tätig. Darüber hinaus sammelte sie auch kuratorische Erfahrungen im Ausland.

Mit ihrer Bewerbung in Siegen setzte sie sich gegen mehr als 30 andere Kandidatinnen und Kandidaten durch.

Das Patentrezept, wie sich Nicht-Museums-Fans überhaupt ins Haus bekommen lassen, um von den neuen Ansätzen und Möglichkeiten erst einmal Kenntnis zu erlangen, hat auch Karin Kolb nicht. „Hätte ich es, würde ich es an Museen in aller Welt verkaufen.“ Das Problem beschäftigt Kultureinrichtungen rund um den Globus, entmutigt die neue Museumsleiterin aber nicht. „Wir müssen technische und soziale Hürden abbauen und niedrigschwellige Angebote machen“, sagt sie zuversichtlich. Sie habe viel mit Kolleginnen und Kollegen über die Fragen gesprochen „Wann wird ein Museum zum Wohlfühlort?“ Schwierig werde es, wenn Menschen sich von Museen verunsichert fühlten, weil sie den Ort nicht kennen; beispielsweise gebe es Leute, die sich schon deshalb nicht hineintrauen, weil sie gar nicht wüssten, was sie im Museum tun dürfen und was nicht, wie sie sich zu verhalten haben. Darum sei es wichtig, früh anzusetzen und schon Kindern positive Erfahrungen zu ermöglichen.

Siegen: Publikum soll aktiv am Geschehen im Siegerlandmuseum teilhaben

„Partizipation“ soll einer der Schlüssel sein, wie Astrid Schneider, Leiterin des städtischen Kulturabteilung, ergänzt: „Gemeint als Beteiligung der Menschen am Geschehen im Museum.“ Über Multiplikatoren sollen sich größere Zielgruppen erreichen lassen, etwa über Kontakte innerhalb des Stadtjugendrings, zu Kindergärten und Schulen oder zu den Heimatvereinen. „Die direkte Ansprache ist wichtiger denn je“, sagt Astrid Schneider. Und die bisherigen Rückmeldungen seien vielversprechend. Außerdem brauche auch das Museum eine „Willkommenskultur“.

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Der Weg ist anspruchsvoll, aber „da mache ich mich gern zum Motor“, sagt Karin Kolb. Und unterstreicht die Bedeutung der Linie „Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft“, die die Museumserweiterung prägt, für das Leben insgesamt: „Wenn wir nicht aus der Vergangenheit die Dinge erkennen, die die Gegenwart prägen, können wir nicht die richtigen Entscheidungen für die Zukunft treffen.“

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