Siegen. „Erheblich“ Vorbestrafter vergewaltigt während Haft-Ausgang behinderte Frau in Toilette am ZOB Siegen. Opfer hat noch lange mit Tat zu kämpfen.

Weil er sich als Polizist ausgegeben und auf der Toilette am Siegener Bahnhof eine behinderte Frau vergewaltigt hat, ist ein mehrfach vorbestrafter Bad Berleburger (45) zu einer 2-jährigen Haftstrafe verurteilt worden. Das Landgericht Siegen setzte die Strafe am Montag, 23. August, zur Bewährung aus.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Mann im Mai 2017 – ein Sonntag, an diesem Tag hatte er Ausgang aus der Justizvollzugsanstalt Attendorn – sich Zugang zur Toilette am ZOB Siegen verschafft hatte. Dort drin war das spätere Opfer, sie sitzt im Rollstuhl, zusammen mit ihrem Freund. Der nunmehr Verurteilte behauptete, Polizist zu sein, beide nach Drogen durchsuchen zu wollen, was sie ihm glaubten.

Empörtes Opfer stößt in Siegen Vergewaltiger von sich, als er Oralsex von ihr fordert

Nachdem der Berleburger den Freund abgetastet hatte, schickte er ihn raus, setzte die Frau aufs Klo und durchsuchte sie. „Ihm war klar, dass sie das nicht wollte, dass sie Angst hatte, sie hat ihm das auch gesagt“, so die Richterin über die Tatumstände. „Ich muss das jetzt machen“, habe er gesagt, habe sie im Intimbereich berührt und sei auch mit dem Finger in sie eingedrungen. Als er ihre Hose herunterziehen wollte, hielt sie diese fest und stieß ihn von sich, als er sie zum Oralverkehr aufforderte.

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Das Opfer sei lange wütend und aufgebracht wegen der Tat gewesen, habe sich lange noch damit beschäftigen müssen. Auch mit professioneller Unterstützung.

Der Tatbestand der Vergewaltigung sei erfüllt, es liege kein minder schwerer Fall vor, aber auch kein besonders schwerer Fall, so die Vorsitzende. Aus juristischer Sicht gebe es schwerwiegendere Vergewaltigungen, zumal der Mann aufgehört habe. Vorstrafen wegen ähnlicher Taten gebe es keine.

Landgericht Siegen: Angeklagter insgesamt 12 Jahre in Haft, jahrelang unter Bewährung

Das Gericht würdigte beim Strafmaß vor allem die heutigen Lebensumstände des Mannes, der die Urteilsverkündung mit hängenden Schultern und gesenktem Blick über sich ergehen lässt. Er sei überaus nervös, hatte der Mann vor Prozessbeginn seinem Anwalt mitgeteilt.. Er ist verheiratet, hat zwei Kinder, kümmert sich um seine Mutter. Er hat keine Ausbildung und keinen Job, hat seinen Führerschein wegen eines anderen Prozesses verloren und muss Medikamente nehmen.

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Der Mann ist „erheblich“ vorbestraft, so Richterin Elfriede Dreisbach, insgesamt 12 Jahre hat er bereits im Gefängnis gesessen. Auch unter Bewährung habe er bereits immer mal wieder, in Summe jahrelang gestanden; „nicht immer unproblematisch“, so die Juristin. Sein Verhalten sei mal unterwürfig gewesen, mal bösartig.

Tat an behinderter Frau in Siegen während des Freigangs aus der Haft begangen

Seit seiner letzten Entlassung 2018 habe er Hilfen angenommen, außer eines Verkehrsdelikts gebe es keine Straffälligkeiten, er strecke wohl hin und wieder noch seine Fühler ins Drogenmilieu aus, in dem er früher eine maßgebliche Rolle gespielt hatte, laut Dreisbach „aber eher um Infos zu kriegen“. Er konsumiere nicht und mische auch nicht aktiv mit. „Er ist ruhiger geworden“, so die Richterin über den 45-Jährigen. Eine Drogentherapie sei 2015 noch erfolglos verlaufen, es gebe aber keine Anzeichen einer Sucht. Auch nicht einer psychischen Erkrankung, die Zusammenarbeit mit der Familienhilfe sei unproblematisch.

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Berücksichtigt wurde im Urteil auch, dass die Tat lange zurückliegt, dass der Täter seither unter dem Druck des schwebenden Verfahrens gestanden habe sowie eine positive Entwicklung „in Richtung Stabilität“ seit der jüngsten Haftentlassung. Gegen den Mann sprächen die Tateinheit der Vergewaltigung mit der Amtsanmaßung, dass das Opfer behindert sei und die zahlreichen Vorstrafen sowie dass die Tat während des Freigangs aus der Haft begangen wurde. Die Mindeststrafe sei noch gerechtfertigt, so Dreisbach. Vergewaltigung kann mit bis zu 15 Jahren Haft bestraft werden.

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Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre, der Mann kann Revision beantragen, obwohl das Urteil auf einer Verständigung zwischen Verteidigung und Anklage fußt.