Kreuztal/Siegen. Vor dem Amtsgericht Siegen muss sich ein Kreuztaler wegen Betrugs verantworten. Seinen Opfern erzählte er hochemotionale Lügengeschichten.
Immer wieder hat sich ein Kreuztaler neue Geschichten einfallen lassen: Mal war es das Enkelkind, das kurz vorm Sterben war. Mal das Haus der Tochter, das zwangsversteigert wurde. Immer wieder fand er einen neuen Vorwand, für den er Geld brauchte. Eine Rentnerin und der Vermieter des Kreuztalers wollten ihm in seiner Notlage helfen: Sie unterstützte ihn nach und nach mit rund 118.000 Euro, er einmalig mit 3000 Euro. Doch die Geschichten waren Lügen, nicht mal (Enkel-)Kinder hat der Kreuztaler. Für den Betrug in insgesamt acht Fällen musste sich der 54-Jährige jetzt vor dem Schöffengericht in Siegen verantworten.
Opfer eines Betrügers: „So einen Vertrauensbruch habe ich noch nicht erlebt“
„Ich bin maßlos enttäuscht. So einen Vertrauensbruch habe ich noch nicht erlebt“, sagt die Rentnerin, die vor dem Amtsgericht als Zeugin geladen ist. Sie lernte den Angeklagten in einer Kur kennen. Dort erzählt er ihr, dass seine Zwillingsschwester herzkrank sei und man sie nicht in Deutschland operieren könne. Eine OP im Ausland würde 20.000 Euro kosten. Nur wenn er die Summe zusammenbekomme, könne er das Leben der Schwester retten. Er nutzte wiederholt hochemotionale Geschichten und machte sich so das Mitleid der Rentnerin finanziell zunutze.
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Keine Notlage
Beide Opfer des Angeklagten kamen durch den Betrug nicht in eine Notlage. „So weit wäre ich nicht gegangen“, betonte die Rentnerin. Als der Angeklagte ihr die erste Lügengeschichte erzählte, habe er „sofort geweint“. Seine Entschuldigung sei für sie „schwer zu glauben“.
„Ich war nie richtig misstrauisch“, sagt die 87-Jährige bei der Verhandlung. In den kurzen Momenten, wo sie es dann doch war, fand er in ihren Augen immer plausible Ausreden. Erst als die Polizei vor der Tür stand, weil die Rentnerin das Geld auf ein „Betrügerkonto“ überweisen wollte, kommt die Masche ans Licht.
Auch der zweite Zeuge, der geschädigte Vermieter des Angeklagten, ist „schwer enttäuscht“. Er hatte sowieso schon immer Mitleid mit dem Angeklagten. Der erzählte ihm, dass er Krebs-Erkrankungen hinter sich habe und bei einem Pflegedienst bis zu zwölf Stunden am Tag arbeiten müsse. Beides entspricht nicht der Wahrheit: Der Angeklagte war und ist arbeitslos, auch Krebs hatte er nie, gab er auf Nachfrage der Staatsanwältin zu. „Die Enttäuschung wiegt schwerer als das Geld“, sagt der Zeuge.
Gerichtsverhandlung in Siegen: Richter und Staatsanwältin zweifeln Aussagen an
Der Angeklagte entschuldigt sich vor Gericht für seine Taten. „Ich kann mich nicht an vieles erinnern, was passiert ist“, sagt er. Er habe Drogen genommen und Alkohol getrunken und dadurch in einer „Fantasiewelt“ gelebt. Bereits mehrfach ist er wegen Betruges vorbestraft. Das Geld der Rentnerin hätte er vor allem „zwei Russen“ geben müssen, die ihn laut seinen Angaben „erpresst“ haben. „Finden Sie die Geschichte nicht auch etwas abenteuerlich?“, fragt Richter Stark. Und auch der Staatsanwältin fällt es schwer, sie zu glauben.
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Beide sprechen sich für eine verminderte Schuldfähigkeit aus. „Sie sind eine Person, die Probleme hat, persönlich und psychisch“, so Richter Stark. Trotzdem habe er sich mit Vorsatz Vertrauen erschlichen, bis die Zahlungen kamen. Stark verurteilt den 54-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten sowie der Einziehung der rund 120.000 Euro. Auch die Verhandlungskosten trägt er.
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