Netphen. Zu Trampolinhalle und Freizeitbad würden Übernachtungsmöglichkeiten besser passen, findet die FON

Ortstermin im stillgelegten Eisstadion. „Dieser Zustand muss beendet werden, davor können wir uns nicht drücken“, sagt SPD-Fraktionschef Manfred Heinz. In den nächsten Tagen werden Gespräche geführt: mit dem möglichen Betreiber eines Indoor-Spielplatzes auf der ehemaligen Eisfläche. Aber auch mit Interessierten, die Ideen für die Finanzierung eines Eishallen-Neubaus haben. Und im Arbeitskreis mit Kommunalpolitikern, die Ideen für eine „Nachnutzung“ der Anlage sammeln. Der Entscheidungsspielraum könnte begrenzt sein, „wenn uns das Bürgerbegehren das aus der Hand nimmt“, stellt Manfred Heinz fest. Die Initiative will den Rat dazu bringen, einen in Aussicht gestellten Drei-Millionen-Euro-Zuschuss für den Neubau einer Eishalle nun doch anzunehmen. „Aber auch dann wüsste keiner, wie es finanziert würde.“

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Die Eishalle: Auch für Gäste kein preiswertes Vergnügen

Reik Richter ist Geschäftsführer der städtischen Freizeitpark Obernautal GmbH (FON), die das Freizeitbad betreibt und 2018 auch den ehemaligen Sportpark übernommen hat, in dem eine Trampolinarena eröffnet wurde: Er rät davon ab, erneut in ein Eisstadion zu investieren. „Das wird wie das Bad ein Zuschussgeschäft sein.“ Der Personalbedarf werde steigen, noch nicht einmal die andernorts mögliche Verwendung von Abwärme zur Beheizung des Schwimmbads wäre möglich: „Der Weg ist zu weit.“ Der Energiebedarf werde steigen, weil die gewünschte geschlossene Halle – im Gegensatz zur jetzt offenen Halle – entfeuchtet werden muss. Und auch um das Publikum werde ein neues Eisstadion werben müssen: Ein Alltagsvergnügen für ein paar Euro, wie in den 1970er und 1980er Jahren, werde das nicht. „Die Zeiten sind vorbei. Die Eintrittspreise werden anders sein, als die Leute sich das vorstellen.“

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Corona-Inzidenzstufe 1 bringt Probleme für junge Badegäste

Dem Geschäftsführer sitzt der Auftrag im Nacken, mit dem Sportpark-Komplex Gewinn zu machen, der das Defizit des Bades mindert: um die 140.000 Euro pro Jahr. 2019 sei die Einrichtung auf einem guten Weg gewesen, berichtet Reik Richter: Die Trampolinarena schrieb schwarze Zahlen, der Fitnessbereich wurde neu ausgerichtet („wir sind jetzt ein gutes Breitensport-Fitnessstudio“), die Soccerfelder werden gebucht. Nun liegen acht Monate Lockdown hinter der Anlage, „wir haben wieder von vorn begonnen.“ Nach wie vor werden Mitarbeiter gesucht – von den 60 Minijobbern und Werkstudenten, die entlassen wurden, stehen nicht mehr alle zur Verfügung. Der Zuspruch des Publikums ist gut: „Ferien, schlechtes Wetter, das passt natürlich.“ Der nächste Rückschlag droht aber auch: Mit der seit Freitag geltenden Inzidenzstufe gilt fürs Hallenbad wieder eine Testpflicht. Das wird Kinder und Jugendliche vom Badbesuch abhalten, fürchtet Reik Richter: Sie können keine Testbescheinigungen aus den Schulen mitbringen – Ferien eben.

Reik Richter (rechts) führt die SPD-Fraktion auch durch die Einrichtungen des Fitnessstudios.
Reik Richter (rechts) führt die SPD-Fraktion auch durch die Einrichtungen des Fitnessstudios. © Steffen Schwab | Steffen Schwab

Die Alternativen: Hüttendorf oder Wohnmobil-Plätze

Was Reik Richter sich mehr wünscht als eine Eishalle? „Auf jeden Fall Übernachtungsmöglichkeiten.“ Das könnte das schon lange geplante Hüttendorf sein, ein Campingplatz oder eine größere Stellfläche für Wohnmobile. Das Kalkül: Wer länger bleibt, nutzt das Angebot intensiver. Und wenn Rothaarsteig und Obernautalsperre gerade wieder einmal vom Landregen bewässert werden, lassen sich ein paar Regentage mit Sauna, Bad, Soccer, Trampolinarena und Fitnessangeboten leicht überbrücke, Auch das Sommerloch wäre dann Geschichte: Jetzt sind viele verreist, „es wäre schön, wenn die hier in Urlaub sind.“

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Wer länger bleibt, so die weitere Überlegung, nimmt auch weitere Anfahrten in Kauf. Denn Reisezeit und Aufenthaltsdauer stehen im Verhältnis zueinander. Wer nur zur Trampolinarena kommt, fährt allerhöchstens eine Stunde, sagt Richter: Damit entsteht für Netphen („unsere Erreichbarkeit ist denkbar ungünstig“) ein Radius von gerade einmal 50 Kilometern. Abgesehen davon sieht der FON-Geschäftsführer Grenzen für Tagesangebote: Nach wie vor ist der Lärmschutz Thema, Schallwellen der Musik aus der Trampolinhalle oder der Poolpartys im Freibad werden ins Wohngebiet Junge Ecke getragen. Reik Richter hat sich bei den Anwohnern überzeugt: „Ich hatte das Gefühl, ich stehe neben einer Lautsprecherbox.“

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Jugendherberge ist wohl keine Lösung

SPD-Ortsvereinsvorsitzender Marc Seelbach denkt weiter: Wie es denn mit einer Jugendherberge wäre? „Einen großen Bau hierhin zu setzen, würde die Kosten sprengen“, winkt Reik Richter ab. Gegenüber Überlegungen, private Investoren einzubeziehen, ist der FON-Geschäftsführer skeptisch: Die einzelnen Einrichtungen des N-Flow voneinander zu trennen, würde bedeuten, dass Gewinne und Verluste nicht mehr gegeneinander gerechnet werden können. „Wir hätten weniger Möglichkeiten, Dinge zu kompensieren.“ Die Stadt könne sich allenfalls von dem gesamten Betrieb trennen: „Aber man kann nicht nur Erträge generieren, man muss auch investieren.“ Private Betreiber hätten daran wenig Interesse – das Ergebnis ist in der Eishalle mit dem verfallenden Membrandach zu besichtigen.

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