Fellinghausen. Die CDA Siegen-Wittgenstein besucht das AWZ Bau in Fellinghausen. Es geht beim Austausch vor allem um Herausforderungen auf dem Ausbildungsmarkt.
„Junge Menschen finden keinen Ausbildungsplatz –freie Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Wie können wir beides wie bei einem Reißverschluss zusammenführen? Wie funktioniert ein duales Studium?“ Mit diesen Fragen hat Hartmut Steuber im Namen der CDA Siegen-Wittgenstein am Montagvormittag ins Aus- und Weiterbildungszentrum Bau in Fellinghausen eingeladen, zu einer Besichtigung und Diskussion im Rahmen der Feierlichkeiten zum 75-jährigen Bestehen der Arbeitnehmergruppe der CDU im Kreis.
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AWZ-Geschäftsführer Horst Grübener stellt sein Zentrum vor und gibt einen Teil der Antworten. Ende Juli ist es verhalten ruhig im AWZ, die meisten Lehrgänge seien beendet, berichtet Grübener und auch, dass sein Betrieb nach anfänglichen Problemen gut durch die bisherige Corona-Zeit gekommen sei. „Die ersten sieben Wochen waren schwierig“, sagt er. Bis die Behörden eingesehen hätten, dass es sich nicht um eine Schule handele. Dann seien zwei große Hallen beheizt und ein Zelt auf dem Außengelände aufgestellt worden, alle hätten mitgezogen. Das Hauptproblem: „Wenn wir nicht ausbilden, bekommen wir kein Geld!“ Durch die besondere Form der Ausbildung hier habe es praktisch keine Möglichkeit gegeben, öffentliche Gelder abzugreifen.
CDA Siegen-Wittgenstein besucht AWZ Bau Fellinghausen: Einblick in Duales Studium
Im Mittelpunkt des Besuchs des CDA-Vorsitzenden sowie der CDU-Landtagsabgeordneten Anke Fuchs-Dreisbach und Jens Kamieth steht das Duale Studium. Rund 30 Absolventen können Grübener und sein Team jährlich begrüßen, hoch motivierte junge Menschen, „die Vorbilder für unsere Auszubildenden sind“, betont der Geschäftsführer.
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Das wird auch bei jenen deutlich, die vor Ort sind und mit den Abgeordneten sowie dem Kanzler der Universität Siegen, Ulf Richter, ins Gespräch kommen. Der fragt nach der Arbeitsbelastung, ob durch die doppelte Belastung noch Freizeit bleibe und wie die Verbindung beider Teile gelinge. Es ließen sich durchaus Elemente der universitären Theorie auf die praktische Ausbildung anwenden, versichern die Studenten. Umgekehrt funktioniere es ebenfalls. Sie arbeite gern praktisch und habe großen Spaß an der Ausbildung, erklärt Antonia Germann, warum sie als Frau die Entscheidung getroffen hat, Betonbauerin zu werden. Womit sie definitiv auch 2021 noch in der Minderheit ist.
Siegen-Wittgenstein: Zahl der Ausbildungsverträge sinkt in der Pandemie
Insgesamt läuft es gut in Sachen Bau, betont Horst Grübener. Allerdings machen ihm die heftig gestiegenen Preise etwa für Holz große Sorgen, was Berufe wie den Zimmerer durchaus gefährden könnte. Stephan Hundhausen, Obermeister der Bauinnung Westfalen-Süd, hat daneben viel Lob für das AWZ, das sich durch gute Ausbildung und innovative Angebote einen guten Ruf weit über die regionalen Grenzen erarbeitet habe.
Schwieriges Verhältnis
Dass immer mehr freie Ausbildungsstellen immer weniger jungen Menschen gegenüberstehen, liegt in der demografischen Entwicklung begründet. Für Unternehmen ist das ein Problem, weil Ausbildung im eigenen Haus ein wichtiger Weg ist, um Folgen des Fachkräftemangels zu umgehen.Der Schluss, dass bei vielen freien Stellen und weniger unversorgten Jugendlichen jeder eine Stelle finden müsste, funktioniert übrigens nicht: Denn Job-Angebot und Interessen der jungen Menschen stimmen oft nicht überein – oder die Bewerber bringen die Fähigkeiten nicht mit.
Es gibt aber auch ein paar Wolken am Ausbildungshimmel, mit denen in der anschließenden Runde vor allem Klaus Gräbener für die IHK Siegen und Matthias Rink im Namen der Kreishandwerkerschaft aufwarten müssen. Klaus Gräbener berichtet von durchschnittlich 2272 Ausbildungsverträgen in den Jahren vor Covid 19. 2020 seien es nur 1820 gewesen, aktuell rund 1500. Er hoffe, die Zahl des Vorjahres noch zu erreiche, „es fehlen aber dann erneut immer noch rund 450“.
Siegen-Wittgenstein und Olpe: Mangel an Rohstoffen bremst Optimismus
Matthias Rink berichtet ebenfalls über einen Einbruch. Beide befürchten langfristige Probleme für die Region, in der 70 Prozent der Ausbildungsverträge gewerblich seien. Etwa im Bereich der Berufsschulklassen. Schon jetzt überlegten Jugendliche im Kreis Olpe, ob sie einen Beruf wählten, für den sie nach Siegen zur Berufsschule müssten. Matthias Rink wünscht sich „mehr Toleranz“ bei den Klassengrößen, damit die jungen Menschen möglichst ortsnah zur Schule gehen können.
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Für die Arbeitsagentur im Nachbarkreis stellt Holger Rüthing fest, noch 1300 freie Stellen und 464 Bewerber zu haben. Nach den Ferien solle verstärkt geworben werden, unter anderem auf dem Olper Marktplatz.
Klaus Gräbener kann zumindest aktuell von sehr guten Umsatzzahlen gerade im Kreis Olpe berichten, auch der Rückgang der versicherungspflichtigen gewerblichen Arbeitsplätze sei weniger deutlich ausgefallen als befürchtet. Gerade in Olpe werde wieder überdurchschnittlich viel produziert. Siegen-Wittgenstein liege im Durchschnitt. Wenngleich der Mangel an Rohstoffen auch immer im Hintergrund mitschwinge und den Optimismus etwas bremse. Jedenfalls sei heute die Devise: „Die Unternehmen müssen sich bei den Jugendlichen bewerben!“ Das sei noch nicht bei allen angekommen und sorge auch für Gefahren. Wenn die jungen Menschen etwa zu sehr darauf warten würden, „dass der rote Teppich noch 100 Meter weiter ausgerollt wird“.
Oft starker Fokus auf das Studium – zulasten des Handwerks
Seine Sorge ist weiter, dass heute zu viele Schüler in Schulen unterrichtet würden, deren Interesse mehr an der Vorbereitung auf ein Studium liege, denn Richtung Handwerk. Haupt- und Realschulen, „die das hervorragend machen“, seien durch Corona stark eingeschränkt gewesen, Messen hätten nicht stattfinden können und die anderen Schulen nicht das richtige Interesse an der Vermittlung fasst der IHK-Hauptgeschäftsführer die Ausgangslage zusammen. Werde da jetzt nicht schnell gegengesteuert – „erste Gespräche laufen“ – sehe die Zukunft der Industrie in der Region düster aus. Die Politik könne da eher wenig leisten, beantwortet Gräbener eine Frage Hartmut Steubers.
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Das sehen die beiden Abgeordneten ähnlich. „Jeder einzelne kann aber etwas tun“, meint Anke Fuchs-Dreisbach, erinnert an ihre eigene Ausbildung als Schornsteinfegerin und fordert allgemein auf, für das Handwerk zu werben. Jens Kamieth hat beim Rundgang Lust bekommen, „selbst einmal eine Mauer hochzuziehen“.
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