Siegen. Eine knappe Mehrheit im Rat Siegen stimmt für Livestreams der Sitzungen. Ob die Ergebnisse brauchbar sind, wird sich aber erst zeigen müssen.
Die Sitzungen des Siegener Rats werden künftig live im Internet übertragen. Dafür sprach sich das Gremium mit denkbar knapper Mehrheit in geheimer Abstimmung aus. Von 71 stimmberechtigten Mitgliedern waren 31 dafür, 30 dagegen, eines enthielt sich. Damit ist der Livestream – der anschließend weiter online verfügbar sein soll – zwar beschlossene Sache; faktisch könnte in dem Votum aber der Grundstein dafür gelegt sein, dass die Umsetzung scheitert.
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Volt und Grüne hatten im Dezember 2020 einen Prüfantrag gestellt und dafür eine Mehrheit gefunden. Die Übertragung der öffentlichen Teile der Sitzungen soll Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eröffnen, die politische Entscheidungsfindung in Echtzeit auch aus der Ferne verfolgen zu können, anstatt die Zusammenkünfte persönlich besuchen zu müssen. Ratsmitglieder, Verwaltungsangehörige und sonstige Teilnehmerinnen und Teilnehmer müssen aber ausdrücklich zustimmen, in Bild und Ton sicht- und hörbar zu sein: Stichwort „Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung“. Der Bildschirm bliebe sonst bei ihren Wortbeiträgen schwarz, der Ton stumm. „Wenn dann 30 Mal hier alles schwarz ist, würde ich die Notbremse ziehen und sagen: Das machen wir nicht“, kündigte Bürgermeister Steffen Mues nach der Abstimmung an.
Livestreams aus dem Rat Siegen: Angst vor manipulierten Mitschnitten
Kritikerinnen und Kritiker der Übertragungen und Aufzeichnungen befürchten, dass mit den Szenen Missbrauch getrieben werden könne. „Ich mache mir wirklich Gedanken zum Thema ,Mitschnitt’“, sagte beispielsweise Wolfgang Max Könen (FDP). Mit der Angst vor sinnentstellenden Manipulationen, die in den Sozialen Medien kursieren könnten, war er nicht allein.
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Samuel Wittenburg (Volt) regte zudem an, die Übertragungen im Hinblick auf das Publikumsinteresse zu evaluieren, da für etwa zehn Ratssitzungen laut Vorlage pro Jahr insgesamt immerhin von rund 25.000 Euro Kosten auszugehen ist. Der Gegenwind in der Diskussion ließ ihn zudem an der Praxistauglichkeit zweifeln. „Ich bin da skeptisch“, betonte er angesichts der Gefahr häufiger Bild- und Tonpausen. Das „könnte im Desaster enden“. Darüber hinaus könnten einige Ratsmitglieder auch Hemmungen haben, vor der Kamera zu sprechen – und sich deshalb nicht trauen, sich an den Diskussionen zu beteiligen. Im Jahr 2011 war ein erster Anlauf der Grünen, ein Rats-TV im Internet anzubieten, übrigens noch gescheitert: Die Argumente damals waren höchst ähnlich.
Livestreams aus dem Rat Siegen: Hoffnung auf kürzere Sitzungen
„Wir verbinden damit insbesondere die Hoffnung, dass Sitzungen kürzer werden“, sagte UWG-Fraktionsvorsitzender Hans-Günter Bertelmann und kündigte die Zustimmung der UWG an. Liefe eine Kamera mit und gebe es ein potenziell größeres Publikum als das im Saal, käme es nämlich im Idealfall seltener zu Wortbeiträgen, die lediglich bereits Gesagtes noch einmal wiederholen; ein Phänomen, dass in den Siegener Ausschüssen und im Rat häufiger zu beobachten ist und die Sitzungen oft in die Länge zieht.
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Michael Groß, Fraktionschef der Grünen, ermutigte die Kolleginnen und Kollegen im Rat, die ganze Sache „gelassener zu betrachten“. Er habe im Internet recherchiert, welche Erfahrungen andere Städte und Gemeinden mit solchen Livestreams gemacht hätten. Probleme mit unseriösen Mit- und Umschnitten „sind aus anderen Kommunen nicht bekannt“, unterstrich er.
Stadt Siegen: Livestreams aus dem Rat mit professionellem Dienstleister
Da die Stadt nicht über die erforderliche Technik – insbesondere die Profi-Kameras – verfügt und nach Einschätzung der Verwaltung „eine Hard- und Softwarebeschaffung unter Berücksichtigung der zu erwartenden Anzahl an zu unterstützenden Sitzungen wirtschaftlich nicht sinnvoll erscheint“, soll ein externer Dienstleister beauftragt werden. Erforderlich wäre auch ein professioneller Regieplatz mit Bildmischer. Wann die erste Sitzung live gestreamt wird, steht noch nicht fest.
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