Siegen. .

Bei diesem Tagesordnungspunkt ist alles anders: Die Grünen haben beantragt, dass die Verwaltung prüfen möge, mit welchem Kostenaufwand eine öffentliche Übertragung der Ratssitzungen im Internet zu realisieren ist. Dadurch ist die Verwaltung so hellhörig geworden, dass sie schon vorab Ergebnisse präsentierte – zur Überraschung aller Beteiligten.

Der neue Leiter des Bürgermeisterbüros, Dirk Helmes, hatte sich bei anderen Städten umgehört, wo dies schon Thema war und hat dazu auch Urteile gewälzt. Der Tenor: Grundsätzlich möglich, aber hoch umstritten, teuer, hoher Aufwand bei geringer Resonanz. Denn nur eine Webcam aufzustellen reiche nicht: Mindestens zwei Kameras würden benötigt, um einen „Livestream“, also eine Direktübertragung ins Internet, stellen zu können.

An eigenen Worten messen lassen

Vor allem CDU und FDP hatten Bedenken, weil sie die Persönlichkeitsrechte der Kommunalpolitikerinnen und -politiker gefährdet sahen. „Sorge vor einer Verunglimpfung im Internet“ äußerte Walter Schneider (FDP). Dadurch könnten schließlich Zusammenschnitte gemacht werden. Zudem könne sich eine Stadt im Nothaushalt dies nicht leisten. Daher habe jedes Mitglied das Recht, die Übertragung seiner Beiträge zu untersagen. Diese Sorge hätte sich auch in Urteilen gefunden, machte Helmes deutlich: Dies könne zur Zurückhaltung bei den Redebeiträgen führen.

Ein Argument, welches Michael Groß (Grüne) für mehr als fragwürdig hielt: „Wer sich in den politischen Raum begibt, sollte nicht Angst haben, dass der Bürger hört, was man hier sagt.“ Hier biete die Möglichkeit, sich ein konkretes Bild zu machen, nicht aus Wahlbroschüren. „Wir müssen uns an unseren Worten messen lassen“, so Groß.

Barrierefreiheit durch Übertragung

Auch die Behindertenvertretung der Stadt Siegen spricht sich für die Übertragung der Ratssitzung im Internet aus. Sie würde Behinderten – in Siegen sind das immerhin 19 000 Menschen – die Teilhabe am politischen Geschehen erleichtern. Sie wünschen sich, dass die Übertragungen zudem von einem Gebärdendolmetscher begleitet werden.

Doch dies setze ein Mindestmaß an technischer Professionalität voraus, machte der Vize-Bürgermeister und neue Landtagsabgeordnete Jens Kamieth (CDU) deutlich. Vielleicht sollte dafür ein festes Rednerpult installiert werden.

Kameras würden
disziplinieren

„Vielleicht führt das ja auch dazu, dass sich die Leute konzentrieren und nur einmal reden“, so Kamieth. Zudem Rednerpulte nicht nur im Bundes- und Landtag üblich seien. „Auch in unserer Partnerstadt Plauen gibt es zwei Rednerpulte“, ergänzte Bürgermeister Steffen Mues. Detelf Rujanski (SPD) ging diese Diskussion schon viel zu weit: „Wir sollten uns hier nicht in Detailverliebtheit über Rednerpulte verlieren.“ Er forderte, jetzt erst den Prüfauftrag zu beschließen, dann könne man fundierter diskutieren. Der Antrag wurde gegen die Stimmen zahlreicher CDU- und FDP-Vertreter beschlossen.