Siegen. Stadt reduziert Gymnasial-Kapazität: Bei Bedarf macht Siegen künftig dicht und weist auswärtige Kinder ab.

Der Vorschlag der Verwaltung für die Neuordnung der Gymnasiallandschaft liegt auf dem Tisch – „nicht ganz so überraschend“, wie Schuldezernent André Schmidt einräumt: Das Gymnasium Am Rosterberg wird mit Ablauf des nächsten Schuljahres geschlossen und als Teilstandort des Gymnasiums am Löhrtor weitergeführt. Zugleich wird die Zahl der Gymnasialzüge von 12 auf 10 reduziert, was im Zweifelsfall zur Abweisung von Anmeldungen aus Umlandgemeinden führen wird. Der Schulausschuss berät darüber am Dienstag, 29. Juni, der Rat entscheidet im September.

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Warum gibt Siegen ein Gymnasium auf?

Die zwölf Eingangsklassen werden schon längst nicht mehr gebildet. Im nächsten Schuljahr werden 304 Fünftklässler auf elf Klassen verteilt, die vom Land festgelegte Bandbreite würde bis zu 290 Kinder in zehn Klassen erlauben. Hinzu kommen die gymnasialen Oberstufen der Gesamtschulen: Der Schießberg wird nächstes Jahr ebenfalls eine Oberstufe eröffnen.. „Wir haben zu viel Kapazitäten im gymnasialen Bereich“, sagt André Schmidt.

Was bedeutet das für die Schüler am Rosterberg?

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Die, die da sind, machen dort ihr Abi. Vom Schuljahr 2022/23 an entscheidet die Löhrtor-Schulleitung, wie sie ihre dann zwei Standorte nutzt: alle Jahrgänge an jedem Standort oder eine Aufteilung nach jüngeren und älteren Jahrgängen. Noch offen ist, was aus dem Ganztag wird. Entscheidend wird der Unterschied zwischen „gebundenem Ganztag", wie es ihn nur am Peter-Paul-Rubens-Gymnasium gibt, und dem sonst üblichen Nachmittagsunterricht nicht sein, schätzt der Schuldezernent: „Sonst hätten wir dort andere Anmeldezahlen.“ Denn auch das war ein Problem: Während das Löhrtor Kinder in Klassenstärke abweist, füllen sich am Rosterberg auch zwei Eingangsklassen der eigentlich dreizügigen Schule nur zögerlich.

Was bedeutet das für die anderen städtischen Gymnasien?

Mit dem Teilstandort am Rosterberg wird das Löhrtor-Gymnasium vierzügig, ebenfalls einen vierten Zug dazu bekommt wieder das Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium. Dagegen wird die Morgenröthe, die in den letzten Jahren nur ausnahmsweise drei Eingangsklassen bilden konnte, auf zwei Züge begrenzt. „Ein Wermutstropfen“, gibt André Schmidt zu, „im Moment kriegen wir das nicht anders hin.“ Eigentlich sollen Gymnasien dreizügig sein. Solange auf der Morgenröthe auch eine Realschule untergebracht ist, geht das nicht ohne Erweiterungsbau. „Wir reden über eine Übergangszeit.“

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Wen treffen die Ablehnungen?

Sollten die neuen, geringeren Kapazitäten nicht ausreichen, wird Kindern die Aufnahme verweigert, die ein Gymnasium am eigenen Wohnort besuchen könnten. Kinder aus Freudenberg, die seit Jahren regelmäßig eine Klasse am Löhrtor füllen, sind davon also nicht betroffen. Wohl aber die Kinder aus Altenkirchen, die gern über die Landesgrenze zur Morgenröthe fahren. Und Kinder aus Kreuztal und Netphen, falls am FJM die Plätze knapp werden. Für die aus Siegen stammenden Kinder – im nächsten Schuljahr: 245 – reichen die zehn Klassen allemal. Zumal, auch diese Rechnung gibt es, im neuen Schuljahr 30 Kinder gegen die Empfehlung der Grundschulen an städtischen Gymnasien aufgenommen werden. André Schmidt ist mit Prognosen zurückhaltend: „Es ist die Frage, welche Dynamik jetzt eintritt. Das lässt sich nicht vorhersagen.“

Gibt es Alternativen?

Die FDP hat vorgeschlagen, die beiden Realschulen Oberes Schloss und Morgenröthe auf dem Rosterberg zusammenzulegen und das Peter-Paul-Rubens-Gymnasium mit dem Gymnasium Auf der Morgenröthe in Niederschelden zu fusionieren. „Wenn das beschlossen wird, werden wir das prüfen“, sagt André Schmidt. Das würde allerdings den Umzug von drei Schulen zur Folge haben, womöglich erneut nur für eine Übergangszeit. „Der Schullandschaft der Stadt Siegen ist das überhaupt nicht zuzumuten.“

Warum gilt der jetzt angestrebte Beschluss nur für eine Übergangszeit?

„Wir haben ja einen Prüfauftrag“, spielt Schuldezernent André Schmidt auf die Diskussion über eine vierte Gesamtschule an. Die Prüfung der Verwaltung könne noch bis 2023 dauern, und danach sei es an den politischen Gremien, ob sie in zwei oder erst in fünf Jahren entscheide. Eine vierte Gesamtschule brauche zwei Gebäude, von denen eines der Rosterberg sein kann. Und Schüler mit Haupt-, Realschul- und Gymnasialempfehlung. Ein Errichtungsbeschluss werde dazu führen, erneut Gymnasialkapazitäten („Es entsteht erneut eine Oberstufe“) abzubauen. Konsequenzen könnten aber auch für den Fortbestand beider Realschulen und der letzten Hauptschule in Achenbach entstehen. An der Gesamtschülerzahl ändert das nichts, weshalb André Schmidt sich zumindest indirekt skeptisch zu einem Verzicht auf den Schulstandort Oberes Schloss nach der FDP-Variante äußert: „Wir brauchen Schulraum, wir brauchen alle Schulgebäude.“

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