Siegen. Großteil des Siegener Stadtwalds ist nur noch Kahlfläche. Fachabteilung plant Neuanpflanzung mit detaillierten Forstkarten und eigenem Saatgut.
Gut 1,1 Millionen Euro dürfte die Wiederbepflanzung von Kahlflächen im Siegener Stadtwald kosten, mindestens. Von 142 Hektar Fichten hätten bereits 120 aufgrund von Trockenheit und/oder Borkenkäferbefall gefällt werden müssen, berichtete Stadtförster Jan-Marc Heitze jetzt im Siegener Umweltausschuss.
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Die Rechnung dahinter ist simpel: Jede Pflanze kostet 1,30 Euro, die Pflanzung an sich 60 Cent. Je Hektar Kahlfläche werden rund 5000 neue Setzlinge in den Boden gebracht, macht bei 120 Hektar 600.000 Pflanzen insgesamt. Und das ist nur der Stadtwald. Um die Kosten nicht ausufern zu lassen, zieht die Abteilung auch eigenes Saatgut, das dann für die städtischen Waldflächen ausgebracht werden kann.
Die Stadt Siegen braucht für ihren Wald 600.000 Setzlinge
Das Land Nordrhein-Westfalen habe überdies die sogenannte „Waldprämie“ bewilligt, auch mit einer Aufforstungspauschale wird gerechnet. Das, so Heitze, sei mit maximal 200.000 Euro verteilt über drei Jahre allerdings kaum ausreichend.
Zumal der Forstschutz noch dazukommt. Jeden einzelnen von 600.000 Setzlingen einzuzäunen wäre in höchstem Maße unwirtschaftlich und mit enormem Aufwand verbunden. Damit das Rehwild die jungen Pflanzen nicht verbeißt, „müssen wir die Bejagung anpassen“, kündigt Heitze an: Die städtischen Jagdflächen werden daher ab sofort nicht mehr wie bisher verpachtet, sondern in kurzfristigeren Abständen vergeben. Auf Basis einer Verbissaufnahme als detailliertes Lagebild will die Stadtforstverwaltung zudem die Bejagung gezielt steuern – „nicht möglichst intensiv, sondern dort, wo notwenig“, betont der Arbeitsgruppenleiter.
Siegener Bäume in Stadtnähe oft splittergefährdet
„30.000 Festmeter Fichte sind bereits vermarktet“, sagte Heitze, beim qualitativ minderwertigeren Restholz werde es schwieriger. Die Restbestände werden in diesem Jahr aufbereitet. Erschwerend komme für den Siegener Stadtwald hinzu, dass siedlungsnahe Bestände „splittergefährdet“ sind – Relikte des Zweiten Weltkriegs. Bomben- und Geschossfragmente steckten nach wie vor in den Bäumen, die entsprechend Eisenoxid enthalten – Rost im Holz. „Das ist schwer zu vermarkten“, sagt Jan-Marc Heitze.
Der Markt an sich sei stark belastet (wir berichteten). Zwar erholten sich die Holzpreise inzwischen, in erster Linie durch den Mengenabfluss nach China und auch die USA, vor Ort blieben aber eben nur noch geringere Qualität. Schon jetzt wüssten die Sägewerke, dass der derzeitigen Holzflut in ein paar Jahren eine Unterversorgung folge.
Detaillierte Forstkarten helfen der Siegener Fachabteilung bei der Anpflanzung
Fünf Jahre, schätzt der Stadtförster, werde allein die Neuanpflanzung dauern, nach zehn Jahren dürften die Kulturen einigermaßen gesichert sein, erste Erträge sind nach 50 Jahren zu erwarten. An klimastabilen Baumsorten sollen vorwiegend unter anderem Douglasie, Rotbuche und Traubeneiche gepflanzt werden – die vertragen bis zu zehn Prozent weniger Regen und drei Grad niedrigere Temperaturen als die Fichte, wobei die Eiche noch widerstandsfähiger als die Buch sei, erklärt Heitze.
Für alle Flächen wird die Abteilung zentimetergenau auf Basis von Forstkarten ermitteln und auswählen, wo welche Baumart gepflanzt werden soll. Diese Verzeichnisse enthalten Angaben zu Bodenbeschaffenheit, Wasseradern und Sonneneinstrahlung, so dass die kahlgeschlagenen ehemaligen Fichtenbestände gezielt zugeschnitten auf den jeweiligen Standort wieder aufgeforstet werden können.
Entlang jeder Fläche soll dabei ein zehn Meter breiter Streifen frei bleiben; „für Wildobst, Sträucher, Kräuter und fremde Arten als Entwicklungsfläche“, erläutert der Förster. Auch als Lagerfläche und um die Waldwege trockenzuhalten seien diese Freistreifen geeignet.
Waldwege in Siegen sollen schnell wieder aufbereitet werden
Zudem ist die Borkenkäferproblematik ja keineswegs vorüber, sondern habe durch Frost und viel Niederschläge lediglich einen zwar deutlichen Dämpfer erhalten, weil viele Larven aufgrund der niedrigen Temperaturen gestorben sind. In den vergangenen Jahren konnten sich die Insekten aber sehr stark vermehren, die erwachsenen Tiere „starten“ also auf einem hohen Niveau. „Es sind weiter hohe Schäden zu erwarten“, fürchtet Heitze.
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Nicht nur die Bäume haben gelitten, sondern auch die Waldwege in Folge der Aufarbeitung mit den Holzerntemaschinen. „Wir beginnen mit der Instandsetzung“, kündigt Jan-Marc Heitze an; 31 Kilometer Haupt- und 13 Kilometer Nebenwege müssen „zum größten Teil“ saniert werden. Wege, die vorrangig der Naherholung dienen, sollen dabei eine feinere Veschleißschicht als Oberfläche erhalten.
Wie berichtet steigt durch den Kahlschlag die Brandgefahr, weil abgestorbenes organisches Material auf den Flächen liegt – Rinde und Äste. „Wir können nicht den Reisig von den Flächen ziehen“, sagt Jan-Marc Heitze, zumal sich dazwischen gut neue pflanzen in den Boden bringen ließen. Die Feuerwehren haben entsprechende Konzepte erarbeitet, um möglichen Flächenbränden auf den Forstflächen besser begegnen zu können.