Burbach/Siegen. Wegen fünf Fällen der gemeinschaftlichen Freiheitsberaubung muss Ex-Wachmann 1700 Euro zahlen. Vier Angeklagte übrig
Fünf Fälle der gemeinschaftlichen Freiheitsberaubung sind noch übrig, 17 weitere Anklagepunkte wurden eingestellt. Ex-Wachmann P. (39) wird am Mittwochmittag zu einer Geldstrafe von 1700 Euro verurteilt. Oberstaatsanwalt Christian Kuhli hatte 2100, Verteidiger Marcel Tomczak 700 gefordert. Damit bleiben nun noch vier Angeklagte im Burbach-Prozess übrig. Am 12. Mai kann möglicherweise auch das erste Plädoyer für das Gesamtverfahren gehört werden.
Foto würde für Symbol der Misshandlungen in Burbach
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Der Oberstaatsanwalt geht zum wiederholten Male auf das „System Burbach“ ein, auf systematische Rechtsbrüche nach Anweisung der Heimleitung. P. habe seine Fehler inzwischen eingesehen, zeige ehrliche Reue. Am Abend des 15. August 2014 hatte P. jenes berüchtigte Foto gefertigt, auf dem unter anderem sein Kollege H. zu sehen ist, wie er einem am Boden liegenden Bewohner den Fuß in den Nacken setzt und eine Siegerpose einnimmt. Dieses sei zum Symbol der Vorgänge in Burbach geworden, sagt Kuhli, hält aber den gelegentlich in den Medien gezogenen Vergleich zum US-Lager Abu Ghraib für völlig überzogen. Dort sei von offiziellen Mitarbeitern des Staates gefoltert und getötet worden. „Ich habe das Foto gemacht, klar“, bestätigt P. Wer auf die Idee gekommen sei, wisse er nicht mehr. Auch nicht, ob der Bewohner bewusstlos war.
Im März 2014 hatte P. als Wachmann mit im „Problemzimmer“ gesessen und die Bewohner am Verlassen gehindert. Später war er mit einem gesondert verfolgten Kollegen an der Fesselung eines Mannes an eine Laterne beteiligt. „Eine besondere Erniedrigung“ sei das gewesen, findet das Gericht. P. hatte bereits im Herbst 2019 eine erste Einlassung abgegeben, „sehr früh“, betont der Oberstaatsanwalt. Auch der Verteidiger erinnert daran. Sein Mandant habe unter dem langen Verfahren gelitten und dadurch seine Beschäftigung verloren. Wenn von Schutzsuchenden die Rede sei, dürfe nicht vergessen werden, dass auch die Wachmänner oft genug nach Übergriffen Strafanzeige gestellt hätten, die aber immer im Sande verlaufen wären.
Ex-Wachmann klagt über Überforderung und Überstunden
Dem 36-jährigen H. werden insgesamt 23 Handlungen vorgeworfen. Überwiegend geht es um Freiheitsberaubung, dazu um Nötigung und Körperverletzung. Bei den meisten Fällen beruft sich der Siegener darauf, keine Erinnerung mehr zu haben, oder entgegen der Einträge in den Wachbüchern nicht vor Ort gewesen zu sein. Da sei viel getauscht und falsch verzeichnet worden. Er habe zum Teil 72 Stunden am Stück gearbeitet und vor Ort geschlafen. Für diese Zwecke sei im Büro ein Feldbett aufgestellt gewesen. H. will Bewohner überwiegend aus dem „PZ“ herausgelassen und sie nur dann eingesperrt haben, wenn er wusste, die Polizei ist verständigt. Dies habe er auch in der auf dem Foto abgebildeten Situation gedacht. „Es tut mir unendlich leid“, lässt er von Anwalt Tim Timmer verlesen und, dass er sich gleich am nächsten Tag bei dem Mann entschuldigt habe.
Als sein gesondert verfolgter Kollege K. auf den Bewohner einschlug, habe er diesem den Stock entrissen und gefragt, ob der andere noch „alle Latten am Zaun“ hätte. H. lässt die Überforderung betonen, sein auch damals schon vorhandenes schlechtes Gefühl bei einer Arbeit, in der es den Betreibern erkennbar nur um Gewinn gegangen sei. Die Wachleute hätten Anweisung gehabt, nach außen immer nur von 650 Bewohnern zu sprechen. Er habe ansehen müssen, wie Christen verfolgt wurden, wie sich große feindliche Gruppen gegenüberstanden, „mit vier Wachleuten dazwischen“. Er sei überzeugt, dass die Polizei, die Heimleitung und die Bezirksregierung von allen Einzelheiten gewusst habe. „Wenn er könnte, würde er sich bei allen Bewohnern entschuldigen“, betont der Verteidiger und zitiert seinen Mandanten: „Ich bin kein schlechter Mensch. Auch wenn es hier so aussieht!“
Burbach-Prozess wird in zwei Wochen fortgesetzt
Nachfragen lassen die Anwälte nicht zu. Schriftlich könnten Kammer und Anklagevertreter dies tun. „Ich werde garantiert keinen Fragenkatalog aufstellen“, reagiert Christian Kuhli missmutig und verweist darauf, dass viele Sachverhalte durch Beweise längst ein anderes Bild hätten, als die Einlassung zeige. Außerdem fehle da ein Tatvorwurf. Der soll in zwei Wochen nachgereicht werden.
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