Burbach/Siegen. Zwei weitere Urteile im Prozess um Misshandlungen in der Flüchtlingsunterkunft. Noch fünf Angeklagte im Verfahren.

Am Mittwochmittag hat die 1. Große Strafkammer zwei weitere Urteile im „Burbach“-Verfahren gesprochen. Der ehemalige Wachmann N. (55) muss für fünf Fälle der Freiheitsberaubung 1275 Euro Geldstrafe bezahlen. Der 28-jährige M. der als Sozialbetreuer in der Erstaufnahmeeinrichtung gearbeitet hat, kommt mit 900 Euro etwas günstiger weg. Ihm wurden nur zwei Freiheitsberaubungen nachgewiesen. Das Gericht ist damit weitgehend den Anträgen von Oberstaatsanwalt Christian Kuhli gefolgt.. Die Verteidigerinnen der beiden Männer hatten sich geringere Strafen gewünscht.

In allen Schlussvorträgen sowie im Urteil wurden die Schwierigkeiten des Verfahrens deutlich. Die Angeklagten hätten einer Masse von Menschen aus unterschiedlichen Ländern und Ethnien gegenübergestanden, mit vielen Problemen, die durch eine völlige Überbelegung der Einrichtung, Alkohol und Drogen noch verstärkt worden seien. Das Personal sei überwiegend schlecht vorbereitet und ausgebildet, weitgehend überfordert gewesen. Dennoch dürfe der Anspruch der Flüchtlinge i auf Schutz und Hilfe nicht vergessen werden, betonten Anklagevertreter und Gericht, der im „System Burbach“ nicht immer gewährt worden sei, in dem Willkürlichkeit durch ein Zusammenspiel von Leitung, Sozialbetreuern und Wachleuten möglich wurde.

Vertrauen zu öffentlichem Arbeitgeber

Beide Angeklagte hatten vor Ostern die ihnen gemachten Vorwürfe weitgehend gestanden. Zusätzlich sprach der Oberstaatsanwalt die Belastung durch das lange Verfahren und teils „Hetzkampagnen in den Medien“ an. Anwältin Simone Dahlmann-Ludwig betonte für den früheren Sozialbetreuer noch einmal dessen eigenes Schicksal. Der junge Mann sei selbst als Flüchtling nach Deutschland gekommen, habe die Schule abgebrochen, um die Anstellung samt Zimmer auf dem Gelände in Burbach anzunehmen. Ihr Mandant habe lange Zeit gar kein Unrechtsbewusstsein gehabt, sei es doch eine öffentliche Einrichtung gewesen, wo er Anweisungen befolgte und wahrnahm, dass die Polizei über viele Dinge informiert war.

Ihre Kollegin Katharina Batz ging beim früheren Wachmann N. auf dessen Aussage ein, dass es durchaus auch sehr positive Begegnungen zwischen Bewohnern und Wachleuten gegeben habe. Eine ihrem Mandanten neben den Freiheitsberaubungen vorgeworfene Körperverletzung hatte Christian Kuhli schon vorher als unbewiesen verworfen. N. habe allgemein nicht als Schläger gegolten.

Ein weiteres Geständnis

Damit verbleiben fünf Männer auf der Angeklagtenseite, von denen einer am Morgen ebenfalls ein Geständnis ablegte. Ex-Wachmann P. gab mehrere Freiheitsberaubungen zu, bestritt dagegen jede Verwicklung in Körperverletzungsdelikte: „Ich habe niemanden geschlagen oder getreten.“ Er habe allerdings jenes Foto eines gefesselten Bewohners aufgenommen, dessen Veröffentlichung den Blick auf die Burbacher Einrichtung lenkte. Er könne sich diese Dummheit im Nachhinein nicht erklären, „es tut mir sehr leid!“ Für den nächsten Verhandlungstag am 28. April ist eine weitere Einlassung angekündigt.

Die Verteidiger eines anderen Angeklagten überlegen noch und wollen unter anderem eben diese Aussage abwarten. Die Kammer kündigte an, eine Verlegung des Prozesses ins Gerichtsgebäude zu prüfen.

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