Siegen. Mit einer Menschenkette demonstriert die Gewerkschaft vor dem Start der neuen Tarifverhandlungen Geschlossenheit. Warnstreikaktion soll folgen
Rund 100 Mitglieder der IG Metall Siegen versammelten sich am Montagvormittag entlang der Spandauer Straße in Siegen und bildeten eine Menschenkette – coronakonform mit einem Abstand von zwei Metern zueinander, verbunden durch ein rotes Band. In den Händen hielten sie rote Luftballons, die sie auf Kommando des ersten Bevollmächtigten Andree Jorgella in den Himmel steigen ließen. Diese symbolisierten die Arbeitsplätze, die möglichst gesichert werden sollen – ähnlich wie bei Luftballons sehe die Gewerkschaft jedoch die Gefahr, dass einmal verlorene Arbeitsplätze nicht wiederkämen, erklärte Jorgella, „es geht uns um jeden Arbeitsplatz in Siegen-Wittgenstein.“
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IG Metall Siegen fordert Mitspracherecht der Betriebsräte bei Senkung der Arbeitszeit
In der laufenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie wolle die IG Metall noch vor Ende der Friedenspflicht auf ihre Forderungen aufmerksam machen, erläuterte Jorgella den Hintergrund der Aktion. Es sei Zeit für konkrete Maßnahmen zur Beschäftigungssicherung. Die Gewerkschaft fordert ein Entgeltvolumen von vier Prozent. Damit soll in Betrieben, die stark unter der Coronakrise leiden, ein Teillohnausgleich bei einer vorübergehenden Senkung der Arbeitszeit finanziert werden. Von Unternehmen, bei denen es trotz Pandemie gut läuft, fordert die IG Metall weiterhin höhere Löhne. Außerdem fordert die IG Metall Modelle für eine temporäre Absenkung der Arbeitszeit, bei denen der Betriebsrat ein Initiativrecht habe. Jorgella könne sich in manchen Bereichen beispielsweise eine Vier-Tage-Woche vorstellen. Der Arbeitgeber dürfe nicht allein die Kontrolle über Kurzarbeit haben.
Zähe Verhandlungen
Die Tarifrunde 2021 ist die Fortsetzung der Runde des vergangenen Jahres. Die IG Metall und die Arbeitgeber hatten einen Abbruch der Verhandlungen beschlossen und einen Solidartarifvertrag für 2020 geschlossen.
Die Friedenspflicht, die während des geltenden Tarifvertrags Streiks untersagt, läuft am 1. März um 24 Uhr aus. An der Menschenkette nahmen die Teilnehmer in ihrer Freizeit teil, wofür ihnen Andree Jorgella ausdrücklich dankte.
Für 2021 gebe es von Arbeitgeberseite noch kein konkretes Angebot, so Jorgella. Lediglich eine Einmalzahlung ohne Höhe stünde im Raum, für 2022 eine Erhöhung des Lohns, ebenfalls ohne genaue Zahl. Ein weiterer Streitpunkt betrifft die Themen Digitalisierung und Industrie 4.0. Die Gewerkschaft fordert einen tariflichen Rahmen für Zukunftsvereinbarungen – auch hier steht die langfristige Sicherung von Arbeitsplätzen im Vordergrund. Den Arbeitgebern wirft die IG Metall vor, die Beteiligung der Beschäftigen abzublocken.
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Arbeitsplätze in Siegen-Wittgenstein in Gefahr
60 Unternehmen vertritt die IG Metall Siegen, 16.000 Berufstätige Mitglieder sind Mitglied der Gewerkschaft. Bis zu 9000 Arbeitnehmer gehören dabei der Metall- und Elektroindustrie an, schätzt Jorgella. Die Situation der Unternehmen in der Corona-Pandemie sei dabei unterschiedlich. Hersteller von Großanlagen, wie beispielsweise die SMS Group in Hilchenbach, hätten mit einer stark reduzierten Auftragslage zu kämpfen, bei anderen Firmen hingegen seien die Auftragsbücher voll, als Beispiel nannte Jorgella Bombardier in Netphen.
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Einige Betriebe hätten schon vor Ausbruch der Pandemie Kurzarbeit angemeldet und nutzen dieses Instrument bereits länger als zwölf Monate. Die Sonderregelungen der Bundesregierung zur Kurzarbeit in der Coronakrise laufen nach 24 Monaten, spätestens am Ende dieses Jahres aus. Sollte bis dahin kein neues Instrument gefunden sein, seien viele Arbeitsplätze direkt in Gefahr, fürchtet Jorgella.
Warnstreik mit Auto-Kino in Weidenau
Die Menschenkette verlief vor dem Haus der Siegerländer Wirtschaft, in dem der Verband der Siegerländer Metallindustriellen (VdSM) seinen Sitz hat. Dieser ließ es sich nicht nehmen, ebenfalls ein Statement zur aktuellen Situation abzugeben. „Der beste Weg der Beschäftigungssicherung in der aktuellen Corona-Krise ist den Unternehmen keine zusätzlichen Steine in den Weg zu legen“, sagte Dr. Thorsten Doublet, Geschäftsführer des VdSM. Die Unternehmen hätten in dieser schwierigen Phase bereits viel für die Sicherung von Arbeitsplätzen getan. Tarifverträge sollten einen Rahmen setzen, „nicht alles bis ins kleinste Detail regeln und den Unternehmen vorschreiben“, so Doublet.
Arbeitszeitverkürzung sei in Krisenzeiten über einen kurzen Zeitraum ein geeignetes Mittel, führe aber langfristig mitnichten zu einer Sicherung von Arbeitsplätzen, da sie die Arbeitskosten in die Höhe treiben und der Wirtschaftlichkeit der Unternehmen schaden würde. Doublet forderte die Gewerkschaft auf, auf Warnstreikaktionen zu verzichten und stattdessen an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Für Dienstag, 2. März, hat die IG Metall ein Auto-Kino auf dem Bismarckplatz in Weidenau angekündigt. Bis zu 200 Fahrzeuge werden dort erwartet, als Redner wird Knut Giesler zu Gast sein, Bezirksleiter der IG Metall NRW und Verhandlungsführer in der Tarifrunde. Das Auto-Kino soll den Auftakt zu weiteren Warnstreikaktivitäten bilden.
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