Siegen-Wittgenstein. Der DGB befasst sich mit der Transformation der Arbeitswelt, Homeoffice und Gewerkschaftsarbeit. Corona beschleunigt die Veränderungen

Stark im Wandel, stark aus der Krise“ – so lautete der Titel einer hybriden Dialogveranstaltung der Kreisverbände Olpe, Siegen-Wittgenstein und Hochsauerlandkreis des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Dr. Johanna Wenckebach, wissenschaftliche Direktorin des Hugo Sinzheimer Instituts für Arbeitsrecht in der Hans-Böckler-Stiftung, befasste sich mit der fortschreitenden Transformation der Arbeitswelt und ihren Auswirkungen. Der Vortrag wurde via Videoschaltung live auf die heimischen Rechner der Gewerkschaftsmitglieder übertragen, sodass diese sich auf digitalem Wege mit Fragen und Anregungen an die Referentin wenden konnten.

Corona verstärkt soziale Ungerechtigkeit

„Beschäftigung sichern und Transformation gestalten“ war das erste von zwei Oberthemen, zu denen Wenckebach sprach. Die Transformation der Arbeitswelt habe drei wesentliche Treiber: Digitalisierung, Globalisierung und Dekarbonisierung. „Alle waren schon vor Corona da, haben sich aber durch die Pandemie beschleunigt“, so die Referentin. Mit Gig Work, Agiler und Mobiler Arbeit nehme New Work weiter zu. Auch schreite die Digitalisierung mit Algorithmischem Management, Mensch-Roboter-Kooperationen und Künstlicher Intelligenz (KI) im HR-Bereich voran. „In den Industriebereichen verändert sich perspektivisch sehr viel. Machen Roboter irgendwann unsere Arbeit? Nein, das werden sie nicht, aber sie werden Teile der Arbeit übernehmen und diese insgesamt verändern.“

Dies wiederum werde Einfluss auch auf die soziale Gerechtigkeit in Deutschland haben. Umfragen der Hans-Böckler-Stiftung hätten gezeigt, dass die Pandemie die soziale Ungleichheit weiter verstärkt. Überall da, wo es einen Betriebsrat gibt, fühlen sich die Menschen besser – und die Transformation gelingt besser. „Es ist zudem überall da besser, wo es einen Tarifvertrag gibt – insbesondere aber nicht nur in der Krise“, erklärte Wenckebach. Umso besorgniserregender sei der Umstand, dass es mit der Tarifbindung in Westdeutschland „rapide bergab“ gehe. Insgesamt machte sich Dr. Johanna Wenckebach für eine Neuregelung der Arbeitszeitmodelle stark. „Arbeitszeit ist eine Machtfrage. Es geht nur solidarisch. Damit das gelingen kann, müssen wir Gewerkschaften und Betriebsräte stärken. Wandel gestalten geht nur mitbestimmt“, hob sie hervor.

Gesetzliches Rech auf Homeoffice?

„Homeoffice: schöne neue Arbeitswelt?“ lautete der Titel des zweiten Themenblocks. „In der Corona-Krise ist plötzlich etwas möglich geworden, von dem es früher immer hieß, es sei nicht möglich“, so Wenckebach. Hier brauche es einen Rechtsanspruch, der die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, fest verbriefe, dabei aber auch die Wahl lasse, dies zu tun – oder eben nicht. Auch müssten Arbeits- und Pausenzeiten klar definiert werden. „Hier darf es keine Entgrenzung geben. Die Leute wollen auch zu Hause Feierabend haben“, hob sie hervor.

„Auch Gewerkschaftsarbeit funktioniert nicht ausschließlich digital. Wir brauchen den persönlichen und kollegialen Kontakt“, erklärte Ingo Degenhardt, Regionsgeschäftsführer des DGB Südwestfalen. „Das Thema Homeoffice wird bleiben – auch nach Corona“, prognostizierte Marco Schmidt, Ressortleiter Angestellte, IT, Engineering beim Vorstand der IG Metall in Frankfurt am Main. Generell gelte hier allerdings das Motto: „Die Mischung macht’s! Viele Menschen wollen gar nicht ausschließlich im Homeoffice sein, sondern die Anbindung an den Betrieb nicht verlieren. Nehmt eure Kolleginnen und Kollegen im Betrieb bei diesem Thema mit – das ist das Beste, was wir tun können!“, appellierte Schmidt.

Wie sollen Warnstreiks im Homeoffice funktionieren?

Auch die Arbeit der Betriebsräte hat sich in Zeiten der Pandemie verändert. „Wie soll man zum Beispiel einen Warnstreik organisieren, wenn die Leute aus dem öffentlichen Dienst im Homeoffice sitzen“, gab Jürgen Weiskirch, Bezirksgeschäftsführer der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di in Südwestfalen, zu bedenken.

Moderiert wurde das neue Format vom Olper DGB-Vorsitzenden André Arenz.

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