Siegen. Vor dem Gericht in Siegen kommt dem Angeklagten der Wunsch, Zeit mit der Tochter zu verbringen, zugute. Staatsanwältin forderte höhere Strafe
Einmal zwei Jahre und drei Monate unter Einbeziehung eines früheren Urteils sowie ein Jahr Gefängnis für eine spätere Tat, das ist die Entscheidung der 1. Großen Strafkammer in Siegen gegen einen Siegerländer, der wegen zahlreicher Taten angeklagt war, darunter Körperverletzungen, Sachbeschädigungen und versuchter Betrug. In einer Sache wird er sogar freigesprochen, weil eine Tat doppelt angeklagt gewesen sei, so Richterin Elfriede Dreisbach. Die Kammer bleibt damit unterhalb der Anträge von Staatsanwältin Katharina Burchert.
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Gewalt gegen völlig fremde Menschen
Die hatte am Mittwochmorgen drei Jahre sowie ein Jahr und zwei Monate als Gesamtstrafe für die diversen Anklagepunkte gefordert. Für sie waren alle Vorwürfe erwiesen. Sie verwies auf die trotz jungen Alters enorme Hafterfahrung des Angeklagten, die offensichtlich bei ihm keine Zurückhaltung bewirkt hätte, dazu das hohe Gewaltpotential, das sich immer wieder gerade gegen völlig fremde Menschen gewendet habe. Einmal stand er zudem unter Bewährung. Verteidiger Markus Pahlitzsch relativiert in seinem Schlussvortrag alle Anklagen, sieht sie deutlich weniger intensiv als die Staatsanwältin und erinnert daran, dass es sich hier eigentlich „um eine typische Sache für das Schöffengericht“ handele. Einzig die zeitweilige Überlegung, dass möglicherweise eine Unterbringung in Betracht kommen könne, habe zur Anklage vor dem Schwurgericht geführt.
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Wo die Anklagevertreterin einen räuberischen Diebstahl sieht, geht Markus Pahlitzsch nur von einem einfachen aus. Einzig das Schubsen eines Mannes, der seinem Mandanten im Bus unangenehm aufgefallen war, mit der Folge eines Schulterbruches, müsse als schwerere Körperverletzung gewertet werden. Selbst da aber ist der Verteidiger sicher, dass der Angeklagte eine solche nicht beabsichtigt habe. Die Bedrohung des angeheirateten Cousins, ihn zu schlagen, wenn er nichts zu essen für ihn kaufe, sei in einer Ausnahmesituation erfolgt, als der Mandant am Monatsende in Not war und selbst keine Mittel mehr gehabt hätte. Pahlitzsch bittet „um eine angemessene Strafe“, die sicher nicht mehr bewährungsfähig sei, aber dennoch deutlich unter dem Antrag der Staatsanwältin liegen sollte. Auch die Untersuchungshaft müsse berücksichtigt werden, sagt der Anwalt und fordert die Aufhebung des Haftbefehls.
Siegerländer möchte Zeit mit seiner Tochter verbringen
Der Angeklagte nutzt sein letztes Wort zu einer Art Mischung aus Geständnis, Entschuldigung und Rechtfertigung. Der letzte Vorfall liege schon länger zurück, die angeklagten Taten bedauere er. Allerdings sei er damals angespannt gewesen, durch die Probleme mit seiner Ex-Freundin und deren neuen Freund. Der habe sich in der Haftzeit wieder an die Mutter seiner Tochter herangemacht, mit der dieser auch eine Tochter habe, ihn ausstechen und wegdrängen wollen. Der Kampf um das Besuchsrecht sei damals für ihn sehr wichtig gewesen, habe das eine oder andere Mal zu Situationen geführt, die er eigentlich gar nicht gewollt habe. Einige Zeugen bezichtigt er der Lüge. Einem habe er das Mobiltelefon einfach nur aus Rache weggenommen und zerstört, weil dieser möglicherweise seine Wäsche gestohlen hätte.
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Der 33-Jährige hofft auf eine Aufhebung des Haftbefehls und möglichst schnell offenen Vollzug, um Zeit für seine Tochter zu haben. Deren Mutter schwer krank sei. Diese Einlassung hat bei der Kammer durchaus Gewicht gehabt, wird von der Vorsitzenden später ausdrücklich erwähnt. Dem Wunsch auf Aufhebung des Haftbefehls wird allerdings nicht entsprochen. „Wir wussten nicht, dass Sie jetzt eine festen Wohnsitz haben“, sagt die Richterin. Er könne das aber in ein paar Tagen dann noch einmal vorbringen.
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