Siegen. Mit dem Herrengarten-Projekt wird das „Toiletten-Problem“ in Siegen wieder Thema. Den Grünen gefällt das zentrale Beton-Elemente nicht mehr.
Die Grünen sind einmal mehr dagegen: Diesmal gegen die Betonumrandung des künftigen Bürgerparks Herrengarten. Unter anderem. Der Entwurf war seinerzeit mit großer Mehrheit befürwortet worden, wie berichtet plädiert die Partei aber nun dafür, auf andere Gestaltungslösungen zu setzen als das die Grünfläche umschließende Sitzelement, das aus Beton hergestellt werden soll.
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Der Bezirksausschuss Siegen-Mitte empfiehlt mehrheitlich die Planung in seiner derzeitigen Form (wir berichteten) – ohne die Grünen, die sich enthielten. „Kann es denn nicht einmal ohne Beton gehen?“, hatte Fraktionschef Michael Groß nach der Sitzung in einer Pressemitteilung gefragt (wir berichteten ebenfalls).
Verwaltung: Betonelement wesentlicher Grund für diesen Herrengarten-Entwurf
Beton sei zwar am besten formbar, sagte der Grüne Ausschussvorsitzende Martin Heilmann – aber nachdem man heute viele hässliche Betonbauten abreiße, sehe er die Gefahr, dass man hier etwas baue, was heute schick sei, man aber in einigen Jahren wieder abreißen wolle. „Das ist keine filigrane Mauer, sondern ein breites Gebilde.“ Es gebe schon reichlich Beton am Siegufer, fand auch Kenny Schulz (Volt). Zudem heize der sich auf. Dominik Korczak regte den deutlich teureren Naturstein als Baumaterial an.
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Es handle sich um ein Element mit unterschiedlichen Höhen und Neigungen, was mit Beton gut umsetzbar sei, sagte Thomas Griese. Genau diese Betonstruktur sei von Beginn an das zentrale Element der Planung gewesen, „die Planer können sich nicht vorstellen, darauf zu verzichten. Das war der Grund, warum wir uns für diesen Entwurf entschieden haben.“ Wenn er sich anschaue, was in Siegen alles kaputtgemacht werde, sei Beton wohl das „vandalismusfähigste“, pflichtete Jürgen Rompf (CDU) bei.
Siegener Seniorenbeirat regt geeignetere Sitzgelegenheiten an
Wenn man sich anschaue, wo man herkomme – Siegplatte – und die Situation in naher Zukunft – freigelegter Fluss und Grünfläche mit ein wenig Beton drumherum – könne sie diese Diskussion nicht nachvollziehen, merkte Tanja Wagener (SPD) an. Ob etwas in einigen Jahren womöglich als hässlich empfunden werde, sei dem Blick in die Glaskugel vergleichbar. „Wir wollen mehr Grün in der Unterstadt – jetzt kommt mehr Grün in die Unterstadt.“
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Dr. Bernd Knapp machte zudem darauf aufmerksam, dass die Sitzhöhe des Betonelements (45 Zentimeter) für manche Senioren zu niedrig sei – ein ähnliches Problem gebe es an Bushaltestellen. 55 oder 60 Zentimeter seien da deutlich geeigneter. Mit der Ausführungsplanung sollten seniorengerechte Sitzgelegenheiten mit Aufstehhilfe umgesetzt werden, so Thomas Griese. Es sei auch über 75 Zentimeter hohe Lehnhilfen nachzudenken, ergänzte sein Verwaltungskollege Benjamin Hinkel
Grüne wollen Tanzfläche mit weicherem Belag – nicht beständig genug?
Weitere Grünen-Kritik: Der Belag der „Tanzfläche“. Teil des Entwurfs ist ein Bereich, der für öffentliche Tanzvorführungen und vereinzelt wohl auch Übungsstunden genutzt werden kann, dieser soll als Oberfläche einen bestimmten Asphalt erhalten, der griffig genug fürs Tanzen und rutschfest genug für den öffentlichen Raum ist. Nach Rücksprache mit mehreren Tanzgruppen habe er gehört, dass der vorgesehene Asphalt für die Gelenke schädlich sei, monierte Dominik Korczak (Grüne) – ein weicherer Belag sei besser.
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„Wir haben auch Tänzer gefragt: Der vorgesehen Belag ginge“, sagte Thomas Griese. Man sei im öffentlichen Raum, da gehe es immer auch um Beständigkeit und Rutschfestigkeit. „Wir sind hier nicht im Gläsersaal oder in der Tanzschule.“ Wer regelmäßig tanzt, „wird das nicht im Herrengarten tun“, verwies Jürgen Rompf (CDU) auf den „Eventcharakter“ der Tanzfläche. „Es gibt auch noch andere Nutzergruppen“, bestätigte Tanja Wagener (SPD), „die müssen wir auch berücksichtigen.“
Bäume und Pflanzen: Grüne Oase nicht der einzige Herrengarten-Nutzungszweck
Die Grünen möchten bei der Bepflanzung auf heimische Bäume und Sträucher setzen, die dem Klima gewachsen seien – Obstbäume beispielsweise. Die Partei störte sich insbesondere an den „klein-kronigen staunässeverträglichen Bäumen mit roter Herbstfärbung“, die laut Vorlage vorgesehen sind und nach Angaben der Planer diesem Wunsch der Grünen auch nicht entgegenstehen.
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Die Verwaltung habe von vornherein darauf geachtet, sagte Thomas Griese und verwies auf den Bemusterungstermin, bei dem solche Fragen konkret geklärt werden sollen. „Es wird noch andere Nutzungen geben als nur die Grüne Oase. Wir sind nicht im Tiergarten und nicht auf der Koblenzer Straße. Wir müssen einen Kompromiss für alle Nutzer finden.“
„Wenn man in Siegen aus dem Zug steigt, ist der erste Eindruck das Pissoir“
Dr. Bernd Knapp nutzte für den Seniorenbeirat die Diskussion, um auf das grundsätzliche und gravierende „Toilettenproblem“ in der Siegener Unterstadt hinzuweisen. Es sei bedrückend, dass im Zuge der Planungen keine eigene Anlage vorgesehen sei, „das spielt gerade für Ältere eine gewisse Rolle.“ Vorgesehen ist am Herrengarten eine Anschlussmöglichkeit für Toilettenwagen, etwa für Veranstaltungen. Läden, die sich an der „netten Toilette“ beteiligt hatten, hätten dies zum Teil gestrichen, Hesse und die Post etwa nähmen zwar an dem Programm teil, schilderten das aber nicht aus. Im näheren Umfeld des Herrengartens gebe es kaum noch solche Angebote.
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Es sei zudem unverständlich, dass im Zuge der umfassenden Sanierung des Siegener Bahnhofs nicht auch die Versorgung mit öffentlichen Toiletten angegangen worden sei, so Knapp weiter – auch aus touristischer Sicht. „Wenn man in Köln aus dem Zug steigt, sieht man den Dom. In Siegen ist der erste Eindruck das Pissoir.“ Wenn Toilettenwagen für Veranstaltungen aufgestellt werden sollten – „warum nur für Veranstaltungen?“, fragte Kenny Schulz (Volt). Jede „Nette Toilette“ im Umkreis sei in der Tat ab 18 Uhr geschlossen, die Anlage am Bahnhof koste Geld.
Keine Toilettenanlage zu bauen war seinerzeit eine Grundsatzentscheidung, weil kein so großes Gebäude die Freifläche dominieren soll, erläuterte Herrengarten-Projektleiter Thomas Griese. „Toiletten würden den Platz verschandeln“, fand auch Jürgen Rompf – aber das Thema sei dennoch wichtig. In der Tat gebe es zu wenige nutzbare Toiletten in der Unterstadt. Vielleicht könne das Parkhaus Reichwalds Ecke in dieser Hinsicht genutzt werden.
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