Siegen. Am Vorabend des zweiten Lockdown debattiert der Rat Siegen ausführlich über Themen, für die er eigentlich nicht zuständig ist. Böllerverbot etwa.

Am Vorabend des zweiten Lockdown beschäftigt sich der Siegener Rat intensiv mit dem Alltag in der Corona-Pandemie. Nur zu verständlich einerseits – vieles ist unklar bis vage, auch die Politik treibt die Sorge um, ob das Herunterfahren des öffentlichen Lebens das Infektionsgeschehen wieder beherrschbar macht, wie Gesellschaft in den kommenden Wochen anders organisiert werden kann. Oder darf.

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Und meist eher überflüssig andererseits – denn Stadt und Rat sind schlicht nicht zuständig für manche Themen. Mehrfach in der auf halbe Größe verkleinerten Stadtverordnetenrunde verweist Bürgermeister Steffen Mues auf geltendes Recht. An dem die Stadt Siegen per Beschluss auch nichts ändern kann.

Verwerfungen zwischen neuer Siegener Ratsmehrheit und Opposition treten zutage

Dabei treten mitunter auch Verwerfungen zwischen den Fraktionen zutage: Mit großer Einigkeit zeigen sich CDU und SPD, den frisch unterzeichneten Kooperationsvertrag in der Tasche, in den Diskussionen – umso mehr unter Debatten-Feuer genommen von den teils Ex-Partnern Grüne, FDP und Volt. Nicht selten wirkt es, als seien in den Sondierungen nach der Kommunalwahl Zerwürfnisse auch auf persönlicher Ebene entstanden, die (noch) nicht wieder gekittet sind.

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So geht es etwa darum, Rats- und Ausschusssitzungen digital stattfinden zu lassen, ein Antrag der UWG. Es nützt wenig, dass der Bürgermeister betont, dass es rechtlich einfach nicht zulässig sei – laut Gemeindeordnung NRW seien digitale Sitzungen rechtlich einfach nicht bindend. Auf Samuel Wittenburgs (Volt) Einwand zum Gegenbeispiel Solingen, sagt Mues: Solingen gerate öfter mal mit dem Gesetz in Konflikt. Es sei auch aus seiner Sicht unsinnig – aber so ist eben das Gesetz. Man einigt sich schließlich darauf, dass der Bürgermeister im Namen des Rats ans Land appelliert, die Gesetzeslage entsprechend zu ändern – so wie andere Bundesländer auch.

Siegener Politik sieht noch zu viele offene Fragen beim Livestreaming

Oder, ähnliches Thema: Liveübertragungen von Gremiensitzungen. Volt und Grüne wollten das prüfen lassen, formulieren den Prüfauftrag aber eher zwischen den Zeilen. Die CDU möchte eher nicht, Fraktionschef Frank Weber verweist auf Stadtverordnete, die das scheuten, Kooperationspartner SPD möchte das zumindest gründlich geprüft wissen – zu viele offene Fragen sieht Fraktionsvorsitzender Detlef Rujanski derzeit.

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Oder: Böllerverbot. Drängende Frage durchaus – Volt möchte Krankenhäuser entlasten, Umwelt und Tiere schützen mit einem flächendeckenden Feuerwerksverbot für Siegen. Dass Siegen das nicht beschließen, durchsetzen und kontrollieren kann, hindert den Rat nicht, sich ausgiebig die Meinungen um die Ohren zu hauen – im übertragenen Sinne, versteht sich. Wenn die Stadt Siegen Alternativen zu Feuerwerk anbiete, handle es sich dabei um Veranstaltungen, die derzeit strengstens untersagt sind.

Dringender Appell des Rats: Silvester in Siegen ohne Feuerwerk

Siegen hat ganz andere Sorgen, als der Stadt einen Prüfauftrag für eine Lasershow zu erteilen“, erregt sich zu schon fortgeschrittener Sitzungsstunde irgendwann Benjamin Grimm (CDU). Auch hier einigt man sich nach längerem Gezerre auf einen Appell: Die Bevölkerung wird dringend dazu aufgerufen, an Silvester nicht zu böllern.

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„Ich frage mich, was das soll, hier solche Anträge zu des Kaisers Bart zu diskutieren“, fährt irgendwann auch der Bürgermeister kurz aus der Haut. Pflichtschuldig folgt die ebenso kurze Empörung darüber aus den Reihen der Opposition – die nächsten 30 Tagesordnungspunkte werden dann überwiegend einstimmig beschlossen.

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